Hessen: Verfassungsschutz stellt nach Veröffentlichung von NSU-Akten Anzeige
Nach der Veröffentlichung von geheimen NSU-Berichten hat das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Es gehe um den Vorwurf der unrechtmäßigen Weitergabe von als Verschlusssachen eingestuften Dokumenten, teilte die Behörde in Wiesbaden mit. Gegen die Veröffentlichung an sich richtet sich die Anzeige demnach nicht. Mit den Ermittlungen befasse sich nun das hessische Landeskriminalamt.
Die Plattform Frag den Staat und das ZDF Magazin Royale von Satiriker Jan Böhmermann hatten die Dokumente veröffentlicht und ins Internet gestellt. Eine Version, die aus Gründen des Quellenschutzes vom Original abgetippt und teilweise geschwärzt wurde, ist seit Freitag auf einer eigenes eingerichteten Website als Download verfügbar.
Die Akten waren eigentlich für 120 Jahre als geheim eingestuft. Die hessische Landesregierung hatte die Sperrfrist der Berichte nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zwar auf 30 Jahre herabgesetzt, aber Forderungen stets zurückgewiesen, ihn vor Ablauf des Jahres 2044 zugänglich zu machen.
Akten lagen zwei Untersuchungsausschüssen vor
Nach Angaben des Landesamts für Verfassungsschutz hatten die Dokumente zwei Untersuchungsausschüssen des hessischen Landtags vollständig vorgelegen. Auch die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission Verfassungsschutz (PKV) hätten jederzeit die Möglichkeit, die Aktenprüfungsberichte einzusehen, hieß es. Zudem seien die Dokumente dem Bundeskriminalamt, der Generalbundesanwaltschaft sowie dem hessischen Landeskriminalamt zur Verfügung gestellt worden.
Der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund (NSU) hatte über einen Zeitraum von zehn Jahren rechtsterroristische Verbrechen in Deutschland verübt. Bei Anschlägen der Gruppe wurden insgesamt neun Menschen türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin getötet.