Reform ist in Kraft: Beim Wohngeld wird es “knirschen”
Stand: 02.01.2023 06:22 Uhr
Mit “Anträgen light” schnell zum neuen Wohngeld: Weil die Verwaltungen die erwartete Antragsflut zu Jahresbeginn kaum bewältigen können, soll es vereinfachte Verfahren geben. Das birgt auch Risiken.
“Wohngeld Plus” – so nennt die Bundesregierung das erweiterte Wohngeld, das seit dem 1. Januar gilt. Die Umsetzung dürfte in den ersten Wochen holprig verlaufen. Doch es lohnt sich zu prüfen, ob man durch die Reform neu wohngeldberechtigt ist.
Noch vor wenigen Jahren wurde erbittert darüber gestritten, was denn das beste Mittel sei, um ärmere Haushalte vor hohen Wohnungskosten zu schützen. Der soziale Wohnungsbau? Mietpreisbremsen? Oder das Wohngeld?
Inzwischen bestehen die verschiedenen Maßnahmen parallel, wobei das Wohngeld nun einen deutlichen Schub bekommen soll: Aus bisher 600.000 Beziehern könnten durch gelockerte Anspruchsvoraussetzungen rund zwei Millionen werden. Die durchschnittliche Zahlung von bisher 192 Euro im Monat soll aufgrund neuer Fördersätze auf rund 370 Euro steigen. Nach Ausgaben von 1,4 Milliarden Euro im Jahr 2021 wird nun mit mehr als fünf Milliarden Euro im kommenden Jahr gerechnet – hälftig aufgeteilt auf Bund und Länder.
“Historisch größte Reform”
Von “Wohngeld Plus” spricht Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) – und der “historisch größten Reform des Wohngeldes”, was allerdings sehr große Anstrengungen voraussetze: Vor allem in den Kommunen, in denen die Wohngeldstellen angesiedelt sind.
Die Vertreter der Kommunen hatten bis zuletzt vor einer kurzfristigen Umsetzung der Wohngeldreform gewarnt. Denn der Aufwand ist enorm, beginnend mit der Umstellung der IT bis hin zur Suche nach neuem Personal.
“Knirschen und knarzen”
Es werde “knirschen und knarzen”, gibt auch Bauministerin Geywitz zu. Ihr Argument für die schnelle Einführung: Angesichts der deutlich gestiegenen Energiepreise habe man sofort handeln müssen. Hätte man die Reform erst 2024 umgesetzt, hätten zwar die Kommunen mehr Zeit, den Menschen fehle aber die dringend notwendige finanzielle Unterstützung.
Die Kommunen können erst einmal vereinfachte Bescheide herausgeben, entschied das Bauministerium kurz vor Weihnachten, um die Umsetzungsproblematik zu lindern. Der Deutsche Städtetag begrüßt das. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy weist allerdings darauf hin, dass jeder Antrag dann zweimal bearbeitet werden müsse – einmal vorläufig, und dann endgültig. Das kann auch bedeuten, dass im Fall später abgelehnter Anträge oder korrigierter Bescheide Geld zurückgezahlt werden muss.
Ein gehöriges Frustpotenzial sieht daher Axel Gedaschko vom Wohnungswirtschaftsverband GDW. Man dürfe den Menschen jetzt nicht vermitteln, dass sie kurz nach Antragstellung schon an die staatlichen Zuschüsse kämen: “Das ist ein theoretisch guter Plan, er wird aber erst im Laufe des Jahres funktionieren.”
Vier Größen sind entscheidend
Grundsätzlich aber lohnt sich für alle, die ein geringes Einkommen oder eine geringe Rente haben, der Blick auf den Wohngeldrechner, den das Bauministerium auf seiner Internetseite bereitgestellt hat. Ob und wie viel Wohngeld man bekommt, hängt von vier Größen ab: vom Einkommen, der Haushaltsgröße, der Miete und der Region, in der man lebt. Unter bestimmten Bedingungen erhalten auch Eigentümer einen staatlichen Zuschuss.
Und bei allen Problemen, die in der Umsetzung in den ersten Wochen und Monaten zu erwarten sind: Auch, wenn ein Wohngeldantrag erst mit Verzögerung bearbeitet werden kann: Das Geld gibt’s gegebenenfalls rückwirkend, und zwar ab dem Monat, in dem der Antrag gestellt wird.
Source: tagesschau.de