Nach Silvestervideo : “Nicht mehr tragbar”, “Scholz sollte Problem-Ministerin ablösen” – öffentlicher Druck auf Lambrecht nimmt zu
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht veröffentlicht in der Silvesternacht ein Video – das Echo in den Kommentarspalten deutscher Medien ist vernichtend. Die fast einhellige Meinung: Bundeskanzler Olaf Scholz muss handeln.
Bundesverteidigungsminister Christine Lambrecht sprach in einem Neujahrsvideo über Russlands Krieg gegen die Ukraine – während hinter ihr in der Berliner Nacht Böller und Raketen explodierten. Dazu sagt sie Sätze wie: “Mitten in Europa tobt ein Krieg. Und damit verbunden waren für mich ganz viele besondere Eindrücke, die ich gewinnen konnte, viele, viele Begegnungen mit interessanten und mit tollen Menschen. Dafür sage ich ein herzliches Dankeschön.” Die Opposition ist nach dem Auftritt entrüstet. “Die Rede über den Krieg mit Silvesterböllern im Hintergrund setzt ihrer Serie von Peinlichkeiten nur noch die Krone auf. Deshalb: Jede weitere Minute, in der der Bundeskanzler an dieser Ministerin noch festhält und damit das Ansehen unseres Landes weiter beschädigt, geht auf sein Konto”, erklärte zum Beispiel die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler (der stern berichtete). Rückendeckung aus der eigenen Koalition für die SPD-Politikerin? Fehlanzeige.
Das neue Jahr beginnt mit einer Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt, die um ihren Job fürchten muss. Und mit einem Kanzler, der in den Kommentarspalten deutscher Zeitungen zum Handeln aufgefordert wird. Die Presseschau zum Thema:
Vernichtende Urteile über Christine Lambrechts Amtsführung
“Frankfurter Rundschau”: “Man muss nicht jeden Fehler von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wie die oppositionelle CDU dazu nutzen, ihren Rücktritt zu fordern. Man muss auch nicht ständig die Liste ihrer Pleiten, Pech und Pannen herunterbeten, um dem Stammtisch zu gefallen. Schließlich hat sie die meisten Probleme von CDU-Ministerinnen und -Ministern geerbt. Der Pannenpanzer Puma ist da nur ein Beispiel. Selbstverständlich hätte Lambrecht die verschiedenen Herausforderungen besser managen können und müssen oder zumindest besser kommunizieren sollen, wie sie die einzelnen Probleme zu lösen gedenkt. Es können einem auch Zweifel kommen, ob Christine Lambrecht für die anstehende Mammutaufgabe die Richtige ist. Doch darf dann nicht unerwähnt bleiben, dass in der Verteidigungs- und Außenpolitik die Orientierung fehlt, die eine Nationale Sicherheitsstrategie geben soll. Doch darüber streiten Kanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock und Finanzminister Christian Lindner.”
“Leipziger Volkszeitung”: “Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht fällt durch Seltsamkeiten auf. So nimmt sie ihren Sohn bei einem Dienstflug mit, erscheint beim Truppenbesuch in Afrika mit hohen Absätzen, erklärt ihre Ministerkollegin Nancy Faeser zur nächsten Ministerpräsidentin von Hessen und dreht in der Silvesternacht ein Video, das privat wirken soll, aber als Statement zu dienstlichen Themen nicht privat ist und deshalb an einem professionellen Maßstab gemessen wird. Eine Verteidigungsministerin kann nicht bei deutschem Silvesterfeuerwerk über den Krieg in der Ukraine sprechen. Das sagt einem schon das Gefühl.”
“Kölner Stadt-Anzeiger”: “In der Summe verdichten sich Lambrechts Seltsamkeiten zu einem Urteil: dass da eine Frau ein zentrales Ressort innehat, die nicht immer weiß, was sie tut. Noch hat Kanzler Scholz von seiner Ministerin einen machtpolitischen Nutzen: Alles, was in der Bundeswehr schlecht läuft, wird Lambrecht zugeschrieben. Dazu zählt auch manches, was sie gar nicht ändern kann. Doch eine Ministerin als Blitzableiterin kann weder in ihrem Interesse noch in dem des Landes sein.”
“Pforzheimer Zeitung”: “In der Zeitenwende braucht die Bundesrepublik an der Spitze des Wehrressorts jemanden, der beziehungsweise die die Dimension dessen, was in der Ukraine geschieht, ermessen kann und in der Lage ist, die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Eine entschlossene, zupackende Person mit Gespür für den richtigen Zeitpunkt und den passenden Ton, keine Dampfplauderin im Böller-Dauerfeuer auf einer Berliner Straßenkreuzung. Mit seiner Fehlentscheidung bei der Besetzung des Wehrressorts hat Bundeskanzler Olaf Scholz an den fragwürdigen Umgang seiner Vorgängerin Angela Merkel mit der Bundeswehr angeknüpft. Wenn er es ernst meint mit dem Respekt und der Dankbarkeit den Soldaten gegenüber, von denen er in seiner Neujahrsansprache geredet hat, müsste er den Fehler schleunigst korrigieren.”
Jahreswechsel
Zumindest für ein paar Wunderkerzen war Zeit – so wurde in der Ukraine Silvester gefeiert
“Mitteldeutsche Zeitung” (Halle): “Das Video ist an sich so wenig ein Rücktrittsgrund wie die anderen Seltsamkeiten. In der Summe türmen sie sich aber zu einem Eindruck auf: dass da eine Frau ein zentrales Ressort innehat, die nicht immer weiß, was sie tut. Dies und die substanziellen militärischen Probleme schwächen Deutschland auch international. Zwar hat Scholz von der Verteidigungsministerin einen machtpolitischen Nutzen. Alles, was in der Bundeswehr schlecht läuft, wird Lambrecht zugeschrieben. Dazu zählt manches, das sie gar nicht ändern kann. Eine Ministerin nur noch als Blitzableiter zu beschäftigen, ist jedoch weder in ihrem Interesse noch in dem des Landes.”
“Märkische Oderzeitung” (Frankfurt/Oder): “Erst das lange Zeit geradezu trotzige Beharren auf hohe Absätze auch beim Truppenbesuch, dann die von ihr selbst fotografierte Mitnahme des Sohns im Bundeswehr-Hubschrauber und jetzt die Böller-Botschaft: All das sind keine einzelnen Ausrutscher mehr, sondern verdichten den Eindruck, dass es Lambrecht ganz grundsätzlich an Sensibilität für und Interesse an ihrer Aufgabe an der Spitze der Truppe fehlt. Längst geht es um mehr als um Stilfragen.”
“Die Glocke” (Oelde): “Vernichtende Kritik im Netz und von der Opposition folgt prompt und völlig zurecht. Politik hat immer auch etwas mit Instinkt zu tun, damit, den richtigen Moment zu finden. Dass Christine Lambrecht dieses Feingefühl völlig abgeht, hat sie mit diesem fast schon bizarr anmutenden Auftritt einmal mehr bewiesen. Fehlende Sachkenntnis, Stöckelschuh-Besuche in Mali, öffentlich gewordene Erinnerungsfotos vom Sohn im Bundeswehrhubschrauber – die Liste der Peinlichkeiten ist lang.”
“Badische Neueste Nachrichten” (Karlsruhe): “Diese ‘Neujahrsrede’ war ein Rohrkrepierer: Ein kurzes Video lässt erneut an der Kompetenz von Christine Lambrecht zweifeln. (…) Das Video zeigt erneut, dass Lambrecht kommunikativ kaum Gespür hat. Aber hat sie keine Berater? Das auf Instagram veröffentlichte Lambrecht-Video ist leider nicht die erste vermeintlich private Veröffentlichung der Ministerin, die für Wirbel sorgt. In Erinnerung sind noch die von ihr gemachten Fotos von ihrem Sohn in einem Bundeswehrhubschrauber auf dem Weg Richtung Sylt. Bei beiden Vorfällen kann man den Eindruck gewinnen, dass die Ministerin in Kriegszeiten fatalerweise nicht mit der notwendigen Leidenschaft an der Spitze ihres Schlüsselressorts steht. Es geht nämlich nicht nur um ‘symbolische’ Verfehlungen, wie man auch die jüngste Peinlichkeit bei der SPD abtun will. Es gibt auch genügend fachliche Anhaltspunkte. (…) Scholz sollte nun ein Zeichen setzen und die Problem-Ministerin ablösen.”
“Südkurier” (Konstanz): “Wenn es nur das Video der Verteidigungsministerin wäre. Ein Fehler natürlich, eine unsensible Blamage, die sich Christine Lambrecht mit ihrer Neujahrsrede in Böller-Kulisse geleistet hat. Wäre es aber nur dieses eine Video gewesen, dann hätte die SPD-Politikerin den Schaden für sich vielleicht noch abwenden können. Es ist anders. Der Sylt-Urlaub, der Sohn im Regierungsflieger: Lambrecht stolperte 2022 durch die Negativ-Schlagzeilen. Und auch fachlich patzte die Verteidigungsministerin beharrlich. Die Modernisierung der Bundeswehr stockt, die Streitkräfte klagen über defekte Panzer. Die Zeitenwende lässt auf sich warten, darüber kann auch kein Flecktarnparka hinwegtäuschen. In diese Chronik reiht sich nun die privat gedrehte Neujahrsbotschaft, die die Kritik an Lambrecht zu Recht befeuert. Für sie mag das nur peinlich sein, für ihr Amt aber ist es verheerend. Wer wird diese Ministerin auf der internationalen Bühne noch ernst nehmen können? Der Bundeskanzler wird handeln müssen.”
“Rhein-Zeitung” (Koblenz): “Hört man sich im Ministerium um, so ist die Kritik an der Ministerin auch nach einem Jahr im Amt ziemlich unverhohlen. Sie habe zu wenige Kontakte im Haus, verlasse sich auf die falschen Leute und wirke noch immer, als fremdele sie mit dem Themengebiet. Dass die Opposition Kanzler Olaf Scholz (SPD) nun nahelegt, Lambrecht zu entlassen, ist wohlfeil und wird diesen kaum beeindrucken. Aber der Kanzler muss sich schon fragen lassen, ob die Bilanz des ersten Jahres so ist, dass er Lambrecht für die beste Besetzung an der Spitze eines Ministeriums hält, welches eine Schlüsselposition für die Sicherheit des Landes in einer der größten militärischen Krisen hat. Wenn das nicht der Fall ist, muss er Konsequenzen ziehen. Bald und nachhaltig.”
“OM Medien” (Vechta/Cloppenburg): “Die Ministerin hat im letzten Jahr nicht nur keine gute Figur gemacht, sie hat auch keine gute Arbeit geleistet. Wer auch immer auf die wirklich dämliche Idee dieses Videos gekommen ist: Es unterstreicht noch einmal, dass Lambrecht nicht mehr tragbar ist.”
“Dithmarscher Landeszeitung” (Heide): “Lambrecht zeigt sich regelmäßig fachlich komplett überfordert und in der Amtsführung sowie öffentlichem Auftreten unglücklich, um es zurückhaltend zu formulieren. Wäre es anders, dürfte das Silvestervideo am ersten Wochenende des neuen Jahres schon wieder vergessen sein, ob eine CDU-Verteidigungspolitikerin nun ihren Rücktritt fordert oder nicht. So aber reiht sich das Video ein in eine Reihe von Fehlleistungen und Peinlichkeiten. Scholz wird reagieren müssen, schon um eine Dauerbelastung der Koalition abzustellen.”

“Allgemeine Zeitung” (Mainz): “Lambrechts Silvestervideo ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Mit ihrem publizistischen Blackout hat die Sozialdemokratin ihr Amt und das Land, das sie vertritt, der Lächerlichkeit preisgegeben. Wird sie das politisch überleben? Christine Lambrecht steht wohl, so ist zu vermuten, kurz vor einer unehrenhaften Entlassung. Ihr komplettes Versagen im Umgang mit sozialen Medien steht am Ende einer Kette von Versäumnissen. Kaputte Panzer, fehlende Munition, mangelnde Sachkenntnis, Zögern bei Waffenlieferungen an die Ukraine – vieles wird Lambrecht vorgeworfen, für einiges kann sie nichts. Doch bleibt der Eindruck, dass sie nach gut einem Jahr nicht im Amt angekommen ist. Eine solche Verteidigungsministerin kann Deutschland sich nicht leisten, schon gar nicht in Zeiten, da in Europa ein Krieg tobt.”
Source: stern.de