News des Tages: Olaf Scholz’ Personalproblem, Mangelwirtschaft, Eigenheim

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die drei Fragezeichen heute:

  1. Lambrecht und Faeser – wie löst der Kanzler sein doppeltes Personalproblem?

  2. Schlange stehen wie im Sozialismus – sieht so unsere Zukunft aus?

  3. Traumhaus – wann und wo sinken die Immobilienpreise?

1. Olaf Scholz und sein doppeltes Personalproblem

Nachdem Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ihre Serie peinlicher Auftritte  auch in der Silvesternacht fortgesetzt hat, wächst der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz, sein Kabinett in Teilen umzubilden. »In der SPD herrscht auch drei Tage danach Entsetzen und Ratlosigkeit über Lambrechts Auftritt«, schreiben meine Kollegen Veit Medick und Christian Teevs aus dem Hauptstadtbüro .

Vor allem hat Scholz noch ein zweites Personalproblem. Bundesinnenministerin Nancy Faeser will bald bekannt geben, ob sie im Herbst die hessische SPD in den Landtagswahlkampf führt. »Bei den Sozialdemokraten zweifelt kaum noch jemand daran, dass sie das vorhat«, schreiben meine Kollegen. »Aber tritt sie an, wird Scholz mit ihr klären müssen, wie sie es mit ihrem Berliner Ministeramt hält. Behalten? Abgeben? In der SPD sorgt die Entscheidung für Unruhe.«

Faeser soll intern angedeutet haben, dass sie bis zur Landtagswahl im Oktober gern Innenministerin bleiben möchte. Womöglich, um im Fall einer Wahlniederlage einfach weiterzumachen. Eine Art Versicherung gegen den Karriereknick.

Ob sie das jedoch durchhält, erscheint nicht nur unseren Experten im Hauptstadtbüro fraglich. Sich ein Hintertürchen aufzuhalten, werde bei den Wählerinnen und Wählern nicht gut ankommen. Siehe Norbert Röttgen, der 2012 als Spitzenkandidat für die CDU in Nordrhein-Westfalen kandidierte, sein Amt als Bundesumweltminister als Rückfalloption aber nicht aufgeben wurde. Am Ende verlor er beides, die Wahl und den Ministerposten.

Faeser könnte also doch schon bald ihren Abgang aus dem Bundeskabinett ankündigen. In diesem Fall, so sagen es Veit und Christian voraus, könnte ein Sog entstehen, in der Ministerriege groß auszuwechseln.

Aber warum wirft Scholz seine glücklose Verteidigungsministerin nicht schon vorher raus? Meine Kollegen nennen drei Gründe.  Der Erste: Scholz falle es schwer, über seinen Schatten zu springen. Lambrecht zu entlassen, hieße einen Fehler einzugestehen. Der zweite: Mancher in der SPD vermute, dem Kanzler komme die schwache Ministerin ganz recht. So könne er die Hilfe für die Ukraine aus dem Kanzleramt steuern. Und der dritte, am häufigsten genannte Grund: Scholz habe noch nie jemand in einer Regierung fallen lassen, auch als Erster Bürgermeister von Hamburg nicht. Er sei in gewisser Weise trotzig, angesichts des öffentlichen Drucks halte er erst recht an Lambrecht fest, sagen Parteifreunde.

Im Klartext: Die Verteidigungsministerin geht erst, wenn die Innenministerin geht. Und so entscheidet ein Doppelplumps über den Doppelwumms und eine Landtagswahl in Hessen über die Zukunft für die Bundeswehr.

2. Ganz Deutschland eine Warteschlange

Am Tag nach Weihnachten fiel unsere Heizung aus. Es wurde ziemlich kalt im Haus. Nach fast einer Woche kam dann heute ein Handwerker. Er sagte, ich sei ein Glückspilz. Andere würden viel länger warten.

Unsere neue Kolumnistin Ursula Weidenfeld  hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Bei ihr gab es plötzlich kein warmes Wasser mehr. Der Monteur stellte einen Termin für Ende Januar in Aussicht, also in vier Wochen. Dann ließ er sich doch noch erweichen. Als Gegenleistung vermittelte Ursula den Kontakt zu einem Orthopäden. Gut, wenn man die richtigen Leute kennt.

»Es ist, als wären die Gesetze der Marktwirtschaft suspendiert und heimlich durch Regeln der sozialistischen Mangelwirtschaft ersetzt worden«, schreibt Ursula . In Restaurants wartet man auf die Bestellung, weil es weder genug Köche noch genug Kellner gibt. Wer ein neues Auto kaufen will, wird monatelang vertröstet. Mal gab es im Supermarkt kein Klopapier zu kaufen, mal kein Pflanzenöl. Ganz Deutschland eine Warteschlange.

Die Gründe für den Mangel sind vielfältig und nicht leicht zu beheben: Russlands Krieg gegen die Ukraine, Energiekrise, Fachkräftemangel, demografischer Wandel. Ursula fühlt sich an die ausgehende DDR erinnert: »Für einen Trabant mussten DDR-Bürger zum Schluss länger als zehn Jahre ansitzen. Wenn es zufällig mal Ersatzteile für die Autos aus Zwickau gab, kaufte jeder, was er kriegen konnte. Selbst wer keinen Wagen hatte, legte sich Auspufftöpfe, Kurbelwellenlager oder Kühlluftgehäuse in den Keller, in der Hoffnung, sich nach und nach ein Auto zusammenzupuzzeln.«

Sieht so unsere Zukunft aus? Wenn’s nach mir geht: Bitte nicht.

3. Klappt es doch noch mit dem Eigenheim?

Sinken dieses Jahr die Immobilienpreise? Viele Menschen in Deutschland hoffen jedenfalls darauf, sich doch noch den Traum vom Eigenheim erfüllen zu können. Wer zuletzt die Medien verfolgte, musste ja den Eindruck haben, die Preise für Häuser und Wohnungen stürzten gerade ins Bodenlose.

Doch das ist weit übertrieben. Mein Kollege Henning Jauernig aus dem Wirtschaftsressort schreibt : »Wer genauer hinsieht, stellt schnell fest, dass der Immobilienmarkt trotz Zinsschock weit stabiler ist als gedacht. Viele Käufer halten sich zwar zurück, weil seit Jahresanfang die Bauzinsen stark gestiegen sind. Die Nachfrage sinkt. Aber laut Preisdatenbanken, die auf tatsächlichen Transaktionen beruhen, hat das nur äußerst minimale Preisrückgänge zur Folge.«

Nach Angaben der Pfandbriefbanken sind die Preise für Wohnimmobilien im dritten Quartal 2022 gegenüber dem zweiten Quartal um gerade einmal ein Prozent gesunken. Im Vergleich zum gesamten Vorjahr sind sie damit immer noch sehr teuer. So legten die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser gegenüber 2021 deutschlandweit um 8,4 Prozent zu, Eigentumswohnungen verteuerten sich im gleichen Zeitraum um 7,8 Prozent.

Die steigenden Zinsen machen es zudem schwieriger, eine Immobilie zu finanzieren. Henning zitiert eine Berechnung von »Finanztest«, wonach sich Normalverdiener in den Großstädten auch dieses Jahr keine Immobilie werden leisten können.

Etwas besser sieht es offenbar abseits der Metropolen aus. In 173 der 401 Landkreise und kreisfreien Städte gibt es Eigentumswohnungen in guten Lagen für weniger als 2500 Euro pro Quadratmeter. Darunter Magdeburg, Salzgitter und Gelsenkirchen, die ja bekanntlich auch ihren schönen Ecken haben.

Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine:

  • Selenskyj warnt vor »Abnutzungskrieg«, Russen melden Drohnen über Sewastopol: Kiew befürchtet ein Andauern russischer Drohnenattacken. Die ukrainische Polizei entdeckte bisher 25 Folterlager in Charkiw. Und: In Druschkiwka wurde offenbar eine Eishalle zerstört. Die wichtigsten Entwicklungen.

  • Das ist über den tödlichen Angriff von Makijiwka bekannt: Die Ukraine will bei einem Raketenangriff 400 russische Soldaten in der Region Donezk getötet haben. Moskau bestätigt 63 Tote. Doch selbst kremltreue Beobachter vermuten eine höhere Opferzahl – und kritisieren schwere Versäumnisse .

  • Hier finden Sie alle aktuellen Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine: Das News-Update



Was heute sonst noch wichtig ist

  • Trump wollte sich Markenrechte an der Formulierung »Gefälschte Wahl« sichern: Donald Trump hält an der Lüge fest, er sei 2020 um den Sieg bei der Präsidentschaftswahl betrogen worden. Aus dieser Botschaft wollte er laut nun veröffentlichten Dokumenten Profit schlagen.

  • Zahl der Arbeitslosen 2022 deutlich gesunken: Der Arbeitsmarkt in Deutschland bleibt stabil, trotz Inflation und Energiekrise. Im Jahr 2022 waren im Durchschnitt weniger Menschen ohne Job.

  • Silvesterkrawalle – mehr als hundert Festgenommene wieder auf freiem Fuß: 103 zum Jahreswechsel in Berlin festgenommene Personen sind nicht mehr in Gewahrsam. Niedersachsens Innenminister fordert rasche Strafen, die Gewerkschaft der Polizei einen runden Tisch mit Politikern und Praktikern.

  • Inflation in Deutschland sinkt auf 8,6 Prozent: Die Preise steigen weiter, aber etwas langsamer als zuvor: Im Dezember ist die Inflationsrate laut einer ersten Schätzung auf 8,6 Prozent gefallen. Bis zu einer Normalisierung könnte es laut Experten aber noch lange dauern.

Meine Lieblingsgeschichte heute: Fotos sortieren

Jedes Jahr mache ich ein Fotoalbum mit den schönsten Bildern der vergangenen zwölf Monate. Und jedes Jahr verzweifle ich, weil ich die allerschönsten Fotos nicht finde, obwohl ich doch ganz genau weiß, sie vor Kurzem noch irgendwo gesehen zu haben. Aber wo? Auf dem Handy? Auf dem Computer? In irgendeiner Cloud?

Mein Kollege Markus Linden hat nun einen womöglich noch sehr nützlichen Text darüber geschrieben , wie sich mit ein paar Tricks und ein wenig Disziplin Ordnung im Bilderchaos schaffen lässt. Die »Favoriten«-Funktion auf meinem Handy kannte ich schon. Neu hingegen war mir, dass sich unscharfe Fotos in der Google-App automatisch erkennen und löschen lassen und dass Apple Duplikate mit unterschiedlichen Auflösungen zusammenführen kann. Markus stellt auch mehrere mir bislang unbekannte Apps und Hilfsprogramme vor, die das Sortieren und Bearbeiten erleichtern.

Vielleicht gelingt es mir ja in diesem Jahr, den Überblick zu behalten.

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen

  • Verschwörer und Versöhner – wer im US-Kongress jetzt das Sagen hat: Die Republikaner übernehmen die Macht im Repräsentantenhaus, doch Ultrarechte könnten den Aufstand wagen. Welche Dramen im neuen US-Kongress bevorstehen – und wer die Hauptfiguren sind .

  • Die Strompreise explodieren? Nicht für alle: Einige Windparkbetreiber verkaufen ihren Strom zu sehr niedrigen Preisen an Haushalte in der Umgebung. Das soll die Akzeptanz der Anlagen sichern. Die Kunden sparen teils mehrere Hundert Euro im Jahr – und sollten dennoch genau hinschauen .

  • Warum es immer mehr monströse E-Bikes gibt: E-Bikes werden immer bulliger und teurer, manche sprechen bereits von einer »SUV-isierung«. Stimmt die Klimabilanz der Gefährte noch? 

  • Sie mussten ihre Brüste zeigen, um Lehrerinnen werden zu können: Halb nackt sollten sie sich vor dem Amtsarzt präsentieren, obwohl es dafür keinerlei medizinische Gründe gab: So schildern Lehrerinnen ihre Einstellungsuntersuchung in Köln. Der Arzt ist weiter im Amt .


Was heute nicht ganz so wichtig war

Prinz Nein: Harry, 38, Duke of Sussex, kann sich nicht vorstellen, in den engeren Kreis der britischen Königsfamilie zurückzukehren. Eine entsprechende Frage beantwortete der Prinz mit einem entschiedenen »Nein«. Zu sehen ist die Absage in einem vorab veröffentlichen Interview-Ausschnitt des Senders CBS. In einem weiteren Ausschnitt sagt der Prinz, Journalisten seien aus dem Palast mit Negativ-Informationen über ihn und seine Frau Meghan gefüttert worden. Bitten des Paares um Gegendarstellungen zu Presseartikeln seien von der Königsfamilie stets abgelehnt worden. Das sei der Grund gewesen, warum er beschlossen habe, selbst an die Öffentlichkeit zu gehen, so Harry. »Es kommt ein Punkt, an dem Schweigen zu Verrat wird.« Das ganze Interview soll am kommenden Sonntag ausgestrahlt werden, zwei Tage vor der geplanten Veröffentlichung der Memoiren Harrys mit dem Titel »Spare« (zu Deutsch: »Reserve«).

Mini-Hohlspiegel


Aus dem »Flensburger Tageblatt«

Aus dem »Flensburger Tageblatt«


Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons.

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Illustration: Thomas Plaßmann


Und heute Abend?

In der neuen Folge unseres Verbrechen-Podcasts »Im Verhör: Inside Hells Angels« erklären meine Kollegen Thomas Heise und Claas Meyer-Heuer, wie es zum Rockerkrieg zwischen zwei verfeindeten Motorradklubs kam. Nachdem 2007 zwei Bandidos einen Hells Angel in Ibbenbüren mit Schüssen in Bauch und Rücken durchsiebt hatten, begann in Münster ein spektakulärer Prozess. Beide Klubs fuhren zu Hunderten auf ihren Zweirädern vor. Die Bandidos präsentierten stolz ihre »Expect No Mercy«-Patches auf den Kutten. Diese Auszeichnung soll nur erhalten, wer einen Gegner verletzt hat. Das Pendant bei den Hells Angels heißt »Filthy Few«.

Trotz vieler Gemeinsamkeiten hassten Hells Angels und Bandidos seither bis aufs Blut. Manchmal ging es um ein seltsames Verständnis von Ehre. Öfter ging es um Geld, etwa beim Kampf um neue Rotlichtviertel in Ostdeutschland.

Warum Bandidos-Präsident Janez Ekart als besonders brutal galt – und wie dieser auch meinem Kollegen Claas immer wieder Schläge androhte, können Sie hier nachhören.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.
Herzlich Alexander Neubacher