Israel: Palästinenser zünden Rakete nach Ben-Gvirs Besuch auf Tempelberg
Nach dem umstrittenen Tempelberg-Besuch des neuen israelischen Polizeiministers haben militante Palästinenser im Gazastreifen versucht, eine Rakete in Richtung Israel abzufeuern. Der Start der Rakete am Dienstagabend sei aber fehlgeschlagen, teilte Israels Armee mit. Sie sei noch über dem Gazastreifen niedergegangen. Berichte über Verletzte oder gar Tote gab es zunächst nicht.
Trotz Warnungen hatte Israels Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, am Morgen erstmals seit seinem Amtsantritt den Tempelberg in Jerusalem besucht.
Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße.
Ben-Gvir hatte diese Vereinbarung als “rassistisch” und als Diskriminierung gegen Juden kritisiert. Palästinenser werfen Israel vor, es wolle seine Kontrolle über die heilige Stätte ausweiten.
USA besorgt, Jordanien bestellt Botschafter ein
Die USA zeigten sich besorgt angesichts des Besuches, zahlreiche arabische Staaten sowie der Iran verurteilten ihn. Jegliche Änderung am Status Quo der heiligen Stätten in Jerusalem sei “unannehmbar”, erklärte das Weiße Haus.
Jordanien bestellte den israelischen Botschafter in Amman ein, um “eine Protestnote über die Rücksichtslosigkeit” des Ministers zu übermitteln. Ägypten, das als wichtiger Vermittler im Gazastreifen fungiert, warnte vor den “negativen Folgen solcher Aktionen für die Sicherheit und Stabilität” in den palästinensischen Gebieten und in der gesamten Region.
Auch Saudi-Arabien verurteilte die “provokativen Praktiken” von Ben Gvir. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Marokko, die 2020 diplomatische Beziehungen zu Israel aufgenommen hatten, sprachen sich gegen den Besuch aus. Kritik kam zudem von der Arabischen Liga und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit.
Der Iran warnte Israel vor einer Reaktion der “muslimischen Nationen”. Der Chef der vom Iran unterstützten schiitischen radikalislamischen Hisbollah-Miliz im Libanon, Hassan Nasrallah, sagte am Dienstagabend, Israels “Angriff” auf die heiligen Stätten in Jerusalem werde “nicht nur die Situation innerhalb Palästinas explodieren lassen, sondern könnte die gesamte Region in die Luft sprengen”.
Das Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu teilte derweil mit, er sei “entschlossen, den Status Quo an der heiligen Stätte strikt und unverändert beizubehalten”.
Der Status Quo habe “lange dazu beigetragen, den fragilen Frieden und die Sicherheit rund um die heiligen Stätten zu erhalten”, schrieb der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, auf Twitter. Deutschland fordere “alle auf, Handlungen zu vermeiden, die die Spannungen erhöhen könnten”.
Ben-Gvir von der rechtsextremen Ozma Jehudit ist Teil der neuen rechts-religiösen Regierung Netanjahus und gilt als Provokateur.