US-Repräsentantenhaus: Kevin McCarthy scheitert auch im dritten Wahlgang
Der Republikaner Kevin McCarthy ist bei der Wahl zum Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses auch im dritten Anlauf gescheitert. Im Vergleich zu den ersten beiden Runden verlor er sogar eine Stimme. Mit den jetzt 202 Stimmen ist er weit von der nötigen Mehrheit von 218 Stimmen für das drittmächtigste Amt in den USA entfernt. Normalerweise ist die Abstimmung eine Formalie.
Im dritten Wahlgang verweigerten erneut mehrere Parteikollegen McCarthy ihre Unterstützung und stimmten stattdessen für den republikanischen Abgeordneten Jim Jordan. Eine vierte Abstimmung soll nun am Mittwoch um 12 Uhr mittags erfolgen. Den entsprechenden Antrag des Republikanischen Abgeordneten Tom Cole unterstützten auch viele US-Demokraten.
In allen drei Wahlgängen hatte der Demokrat Hakeem Jeffries mit 212 Stimmen das beste Ergebnis erreicht. Er kam damit aber nicht auf die benötigte absolute Mehrheit von 218 Stimmen. McCarthy landete mit seinen 203 beziehungsweise 202 Stimmen auf dem zweiten Platz. Für Jordan, der seinerseits ausdrücklich McCarthy unterstützte, stimmten im zweiten Wahlgang 19 und im dritten 20 der republikanischen Abgeordneten.
Für den Fraktionsvorsitzenden der Republikanischen Partei ist seine Niederlage in den beiden Wahlgängen eine öffentliche Bloßstellung, die auch die Zerrissenheit der Partei zeigt. Gespalten ist die Partei insbesondere in das Lager der Anhänger des ehemaligen Präsidenten Donald Trump und moderatere Parteivertreter.
Namentliche Abstimmung zieht Wahlgänge in die Länge
Es ist hundert Jahre her, dass ein Kandidat bei der Abstimmung zum Vorsitz im Repräsentantenhaus nicht im ersten Wahlgang die nötige Mehrheit erreichte: 1923 waren neun Wahlgänge nötig, um einen Vorsitzenden zu bestimmen. Damals dauerte das Ganze mehrere Tage.
Zunächst blieb offen, wie viele Abstimmungen noch notwendig sein werden, um einen neuen Vorsitzenden für die Parlamentskammer zu wählen. Jeder Wahlgang ist langwierig, weil alle Abgeordneten einzeln aufgerufen werden, um ihren Wunschkandidaten zu benennen.
Nachfolger für Demokratin Nancy Pelosi
Vor dem zweiten Wahlgang hatte Jordan seinen Parteikollegen ins Gewissen geredet, die Reihen zu schließen. Einer der härtesten Gegner McCarthys, der Parlamentarier Matt Gaetz, nominierte daraufhin Jordan und betonte, vielleicht sei es besser, jemanden zu wählen, der den Posten nicht so verzweifelt wolle. Jordan habe schon in der kurzen Nominierungsansprache für McCarthy mehr Zukunftsvisionen aufgezeigt als von diesem je zu hören gewesen sei.
Die Republikaner hatten erst bei den Midterm-Wahlen im vergangenen Herbst die Mehrheit der Sitze im Repräsentantenhaus für sich gewonnen und verfügen seitdem über eine knappe Mehrheit in der Kammer. Zuvor hatte die Demokratin Nancy Pelosi das Amt inne. Ihre Partei verfügt weiterhin über den Großteil der Sitze im Senat.
Auswirkungen auf parlamentarischen Betrieb
Das Wahlergebnis verzögert die institutionellen Vorgänge innerhalb der USA empfindlich. Denn bis der Vorsitz über das Repräsentantenhaus geklärt ist, steht der parlamentarische Betrieb weitgehend still: Die Kongresskammer kann nicht ihre Arbeit aufnehmen, auch die neuen Abgeordneten können nicht vereidigt werden.
Kurz vor der Wahl hatte sich McCarthy kämpferisch gezeigt. “Ich halte den Rekord für die längste Rede im Plenum”, sagte der Politiker. Er habe auch kein Problem damit, einen Rekord aufzustellen für die meisten Wahlgänge bei einer Abstimmung zum Vorsitz des Repräsentantenhauses. Einige der republikanischen Abgeordneten hatten zuvor öffentlich angekündigt, McCarthy nicht zu wählen und Zugeständnisse von ihm verlangt.
Parteikollegen forderten Ämter und Etats
McCarthy berichtete vor der Wahl, ihm sei gesagt worden, er werde nur die nötigen Stimmen bekommen, wenn er bestimmte Fraktionsmitglieder mit Ämtern und Etats versorge. Gaetz habe sogar unverblümt gesagt, ihm sei es egal, wenn im Zweifel der Kandidat der Demokraten die Wahl gewinne.
Seinen Gegnern gehe es allein um das persönliche Weiterkommen, nicht um das Land, kritisierte McCarthy. “Ich werde immer dafür kämpfen, dass das amerikanische Volk an erster Stelle steht, nicht ein paar Einzelne, die etwas für sich selbst durchsetzen wollen”, sagte er. Es werde deshalb vielleicht eine “Schlacht” im Plenum der Kammer geben, aber dabei gehe es um die gesamte Fraktion und das Land, “und das ist okay für mich”.
Die Fraktion der Republikaner im Repräsentantenhaus ist wie die gesamte Partei gespalten in rechtsgerichtete Anhänger des Ex-Präsidenten Trump und moderatere Parteimitglieder. McCarthy muss die verschiedenen Flügel hinter sich vereinen und selbst Mitglieder vom äußersten Rand seiner Fraktion für sich gewinnen, um Vorsitzender zu werden.