Wo werden Kriege entschieden? – SPD-Papier sorgt für Widerspruch in Kiew

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Die SPD im Bundestag setzt auf diplomatische Initiativen, um zu einem Friedensschluss zwischen Russland und der Ukraine zu kommen. „Denn wir wissen: Kriege werden in der Regel nicht auf dem Schlachtfeld beendet“, heißt es in einem Entwurf für ein Positionspapier der größten Regierungsfraktion, das auf der an diesem Donnerstag beginnenden Jahresauftakt-Klausur beschlossen werden soll.

„Auch wenn es aus nachvollziehbaren Gründen keinerlei Vertrauen mehr zur gegenwärtigen russischen Führung gibt, müssen diplomatische Gespräche möglich bleiben.“ Deswegen seien auch die Telefonate von Kanzler Olaf Scholz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin richtig und notwendig.

Wo immer es möglich sei, sollten diplomatische Initiativen ergriffen werden, heißt es in dem Papier in der Fassung von Mittwochabend (18 Uhr). „Wir müssen weiterhin jeden Versuch unternehmen, Russland zum Rückzug zu bewegen und gegenüber Russland eine ehrliche Bereitschaft zu einem gerechten Friedensschluss einfordern.“

Das Papier mit dem Titel „Sozialdemokratische Internationale Politik in der Zeitenwende“ liegt der Deutschen Presse-Agentur vor, auch andere Medien berichteten darüber. In dem neunseitigen Entwurf wird darauf verwiesen, dass in „kleinen Teilbereichen“ Verhandlungserfolge mit Russland erzielt werden konnten, zum Beispiel beim Gefangenenaustausch oder beim Getreideexport über das Schwarze Meer. Es gelte, auf diesen Ansätzen aufzubauen, etwa im Bereich der Rüstungskontrolle.

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This handout picture taken and released on January 11, 2023 by the Ukranian Presidential Press Service Ukrainian President Volodymyr Zelensky (R) welcomes his Polish counterpart Andrzej Duda prior to the second summit of the Lublin Triangle held in the western Ukrainian city of Lviv, amid the Russian invasion of Ukraine. (Photo by HANDOUT / UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / HANDOUT / UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE " - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
Leopard-Lieferungen

Ukrainische Regierung sieht keinen Sinn in Verhandlungen

Die ukrainische Regierung steht diplomatischen Initiativen skeptisch gegenüber. Sie sieht keinen Sinn in Verhandlungen mit Russland, solange nicht alle Truppen von ihrem Staatsgebiet abgezogen sind – einschließlich der bereits 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Die westlichen Verbündeten fordert die Ukraine eindringlich zur Lieferung von Waffen neuer Qualität auf.

Dabei richtet sich der Fokus derzeit auf Kampfpanzer westlicher Bauart wie den deutschen Leopard 2. Auf diese Debatte geht das Papier nicht ein. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass Deutschland der Ukraine bereits „im großen Umfang“ Ausrüstung und Waffen geliefert habe.

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Panzerlieferungen

Langfristig können sich die Autoren des Papiers bei einer Kehrtwende Russlands im Krieg auch wieder vertrauensbildende Maßnahmen mit dem Land vorstellen. Zuvor müsse es aber „zu einer fundamentalen Abkehr vom verbrecherischen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der dahinterstehenden expansionistischen Ideologie“ kommen, heißt es in dem Entwurf.

„Wenn eine ernsthafte Bereitschaft hierzu erkennbar sein sollte, könnte eine Politik der kleinen Schritte, die in überschaubaren Bereichen Initiativen zur Vertrauensbildung startet und regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft wird, ein diplomatischer Ansatz sein.“

Die Russland-Politik der SPD vor dem Ukraine-Krieg war in den vergangenen Monaten scharf kritisiert worden. Im Wahlprogramm der SPD von 2021 steht noch der Satz: „Frieden in Europa kann es nicht gegen, sondern nur mit Russland geben.“ Nun will die Partei ihre Haltung neu definieren. Beim Parteitag Ende 2023 soll ein neues außen- und sicherheitspolitisches Konzept beschlossen werden, für das die Kommission Internationale Politik derzeit Vorschläge erarbeitet. Ende des Monats sollen sie vorliegen.

Melnyk: „Kriege werden fast immer auf dem Schlachtfeld entschieden“

SPD-Chef Lars Klingbeil hatte im Oktober mehrere Fehleinschätzungen seiner Partei in der Russland-Politik der letzten Jahrzehnte eingestanden. In einer Grundsatzrede sprach er sich für ein grundsätzliches Umdenken aus. „Heute geht es darum, Sicherheit vor Russland zu organisieren“, sagte der Parteivorsitzende. „Russland hat sich aus dem System der gemeinsamen Sicherheit und der gemeinsamen Werteordnung verabschiedet. Unsere Sicherheit muss ohne Russland funktionieren.“

In dem Entwurf für das Positionspapier der Fraktion ist der Zungenschlag ein anderer. Zwar heißt es dort, dass Russland als Aggressor auftrete, dem mit konsequenter Abschreckung begegnet werden müsse. Allerdings werde Russland auch in Zukunft ein Land mit erheblicher Fläche, Bevölkerung und militärischer Stärke auf dem europäischen Kontinent sein. „Dies wird auf lange Sicht für die Gestaltung der europäischen Sicherheitsarchitektur relevant sein.“

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Aus der Fraktion heißt es, der Entwurf für das Positionspapier sei mit der Parteiführung abgestimmt. Aus Kiew kam am Mittwochabend bereits eine erste Reaktion. Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk widersprach der Einschätzung, dass Kriege in der Regel nicht auf dem Schlachtfeld entschieden würden.

„Kriege werden fast immer auf dem Schlachtfeld entschieden. Deutschland sollte das besser wissen“, schrieb der frühere Botschafter in Berlin auf Twitter. Die SPD-Fraktion will das Positionspapier am Freitag beschließen.

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Source: welt.de