Caravaggio-Villa in Rom soll geräumt werden

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Italien ist reich an Dramen um das Schicksal von altehrwürdigen Villen und Palästen, vor allem wenn ihre Erben von adeliger Herkunft sind. Die doppelten und drei­fachen Nachnamen sind zwar eindrucksvoll und dekorativ, halten aber meistens schon lange nicht mehr das Versprechen, das sie einmal gaben. Da fehlt es an Geld, um die alten Ge­mäuer instand zu halten, da wird die feine Erziehung vergessen und bis aufs Blut um das Erbe gestritten. Italiens Aristokratie ist in dieser Hinsicht mit allen Wassern gewaschen, und deshalb hatten nicht wenige in Rom darauf gewettet, Prinzessin Rita Carter Boncompagni Ludovisi, geboren in San Antonio, Texas, die in ihrem früheren Leben Politikdozentin, Unterhaltungsreporterin bei Fox News, Frau eines demokratischen Ab­geordneten und Playboy-Covergirl war, würde früher oder später klein beigeben und ihrer aristokratischen rö­mischen Verwandtschaft den Zank­apfel einfach überlassen: die Villa Lu­dovisi, auch bekannt als Casino Au­rora, 463 Jahre alt, dezent abgenutzt und ein nach gerichtlichem Beschluss zu versteigerndes Anwesen, in dem sich das weltweit einzig bekannte De­ckengemälde Caravaggios befindet.

An seinem Wert bemisst sich der an­visierte Verkaufspreis. Im Januar 2022, beim ersten Versuch, die Villa unter den Hammer zu bringen, wurde er auf 471 Millionen Euro festgesetzt. Selbst für Superreiche war diese Herausforderung zu groß, ganz zu schweigen vom Staat, der sein Vorkaufsrecht nur hätte geltend machen können, wenn zuvor ein privates An­gebot eingegangen wäre. Auch bei den folgenden vier Terminen fand sich kein Käufer, obwohl der Preis je­des Mal um 20 Prozent gesenkt wurde.

Das Wertvollste ist die Deckendekoration: Prinzessin Ludovisi unter Caravaggios Gemälde „Jupiter, Neptun und Pluto“

Das Wertvollste ist die Deckendekoration: Prinzessin Ludovisi unter Caravaggios Gemälde „Jupiter, Neptun und Pluto“ : Bild: AFP / Vincenzo Pinto

Bei der nächsten Auktion am 6. April ist er auf nur mehr 140 Millionen Euro angesetzt. Bis zum eventuellen Verkauf hat die Prinzessin eigentlich das Recht, in der Villa zu wohnen. Doch nun hat ein Gericht in Rom die Räumung angeordnet. Die Prinzessin hat mindestens 15 und höchstens 60 Tage Zeit, aus dem Ge­bäude auszuziehen, in dem sie seit 2009 lebt. Der Grund: Sie halte das Anwesen nicht angemessen instand. Der Beweis dafür soll ein Marmorstück sein, das aus einer der Außenmauern brach und auf die Straße stürzte. Die Prinzessin glaubt an eine Intrige, mit der ihre drei Stiefsöhne sie aus der Villa vergraulen wollten. Sie hat den Kulturminister um Hilfe angerufen, zudem wollen ihre An­wälte Widerspruch gegen den Räumungsbeschluss einlegen. Sollte diesem nicht stattgegeben werden, sind die Carabinieri vom 10. März an be­fugt, die Prinzessin an die Luft zu setzen. Man kann nur hoffen, dass ihnen ein solcher Einsatz erspart bleibt. Die 73 Jahre alte Prinzessin hat einmal ge­sagt, sie sei auch nach dem Umzug nach Rom eine sture Texanerin ge­blieben. Dass sie sich notfalls an der Villa festketten würde, um ihr Recht durchzusetzen, traut man ihr sofort zu. Womöglich wird die italienische Aristokratie noch einiges von ihr lernen.

Source: faz.net