Reiserücktritt bei Corona: Poolverbot heißt Geld zurück

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In der Kolumne “Geld für alle” sammeln wir Finanz- und Spartipps. Dieser Artikel ist Teil von ZEIT am Wochenende, Ausgabe 03/2023.

Die Deutschen haben wieder Lust aufs Reisen. Ein Tourismusjahr wie damals, als noch niemand von einem gewissen Coronavirus gehört hatte, das verspricht die Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen. Nur zwölf Prozent der Deutschen wollen demnach 2023 nicht in die Ferien fahren. In diesem Jahr wird dabei die Sorge vor einer Covid-19-Infektion dem Trip in die Bretagne oder auf die griechischen Inseln voraussichtlich nicht im Weg stehen. Aktuell gibt es keine Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes wegen Corona. Das sah zuletzt noch anders aus: Durch das Virus mussten schon gebuchte Urlaube ausfallen, nicht immer gab es dafür eine Entschädigung. Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs ändert das nun – und könnte sogar die Urlaubskasse für dieses Jahr auffüllen.

Die Richter in Luxemburg entschieden gerade in einem Fall, in dem es um eine Pauschalreise nach Gran Canaria im März 2020 ging. Zwei Tage nach der Ankunft der Klagenden sperrten die Behörden wegen Corona-Gefahr die Strände und verhängten eine Ausgangssperre. Hotelgäste durften nicht in oder an den Pool, auch das Animationsprogramm wurde eingestellt. Der Urlaub endete schon nach einer statt nach zwei Wochen. Die verhinderten Urlauber wollten ihr Geld zurück, der Reiseveranstalter verweigerte das. Die Pandemie sei ein allgemeines Lebensrisiko. Dem widerspricht nun der Gerichtsbeschluss.

Erhebliche Mängel durch Corona

Grundsätzlich dürfen Urlauber von ihrer Pauschalreise kostenfrei zurücktreten, wenn diese mit erheblichen Mängeln behaftet ist. Ob Corona-Maßnahmen dazu zählen, war bislang umstritten. Nach dem Urteil dürfen Reisende nun den Preis mindern, wenn die Reise durch die Pandemie am Zielort beeinträchtigt wurde. Dazu zählen etwa ein gesperrter Strandabschnitt oder geschlossene Geschäfte im Urlaubsort. Grundlage dafür ist die EU-Richtlinie zu Pauschalreisen, nach der Reiseveranstalter für solche Mängel haften, egal ob sie etwas dafür können oder nicht. Wie hoch die Entschädigung ausfällt, hängt vom Einzelfall ab. 

Für Bernd Scheske, Rechtsanwalt für Reiserecht, ist es noch fraglich, ob und wie die Reiseveranstalter das Urteil aufnehmen werden. Er rät Reisenden, ihre Ansprüche auf Rückerstattung so schnell wie möglich geltend zu machen. Grundsätzlich haben Reisende bei einem Pauschalurlaub zwei Jahre nach der Reise Zeit, das zu tun. Bei einer Reise, die zum Beispiel am 1. Februar 2021 endete, aber durch die Pandemie stark beeinträchtigt war, kann ein Teil der Reisekosten noch bis zum 1. Februar 2023 zurückverlangt werden.

Wer selbst bucht, hat weniger Rechte

Soweit die Vergangenheit. Wie das Virus in Zukunft das Reisen beeinflussen wird, ist noch unklar. Auch wenn es bislang nicht danach aussieht, könnten eine neue Variante oder wachsende Fallzahlen auch wieder regionale Einschränkungen zur Folge haben. Einige Reiseveranstalter bieten bei Pauschalreisen unter bestimmten Bedingungen eine kostenlose Umbuchung oder Stornierung wegen Corona an – manchmal auch nur teilweise, in Verbindung mit einem Versicherungspaket oder gegen eine Bearbeitungsgebühr.

Reisende, die Flug und Unterkunft selbst buchen, sind schlechter geschützt. Sie könnten über die Buchung einer Reiserücktrittsversicherung nachdenken, die zusätzlich Geld kostet, aber die Kosten übernimmt, wenn die Reisenden selbst erkranken oder eine Reisewarnung wegen Corona für ein Land ausgerufen wird. Normalerweise kann ein versicherter Reisender bei Krankheit nach Vorlage eines ärztlichen Attests kostenfrei von einer Reise zurücktreten. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Einige Versicherungen enthalten Klauseln, die Krankheiten, die von der WHO als Pandemie eingestuft werden, vom Schutz der Versicherung ausschließen – also auch Covid-19. Reisende müssten dann Stornogebühren übernehmen.

Reisewarnungen sind kein Verbot

Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes sind für Urlauber die höchste Alarmstufe. Vor der Pandemie waren Pauschalreisen durch Reisewarnungen in der Regel kostenlos stornierbar. Ob sie auch nach mehreren Jahren noch als außergewöhnlicher Umstand gelten, ist bisher umstritten. Die Corona-Pandemie komme zwar laut dem Bundesgerichtshof grundsätzlich als solch ein Umstand in Betracht. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, hängt aber vom konkreten Einzelfall ab. Manche Reiserücktrittsversicherungen legen etwa fest, dass sie nicht leisten, wenn es für das Zielland eine Reisewarnung gibt. In einigen Fällen gibt es ohnehin nur eine Teilreisewarnung, bei der die Reiserücktrittsversicherung nicht greift. Und auch bei einem Einreiseverbot für bestimmte Nationalitäten übernimmt die Versicherung oft nicht die Kosten. “Eine Reisewarnung ist schließlich kein Verbot – deshalb kann die Leistung trotzdem in Anspruch genommen werden”, sagt Reiserechtler Bernd Scheske.