Schwedens NATO-Beitritt: Warum Kurden mehr Abschiebungen fürchten

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Nach seiner Abschiebung wurde Mahmut Tat am Flughafen in Istanbul festgenommen. Videos zeigen, wie er in Handschellen zu einem weißen Fahrzeug gebracht wird. Von außen klopfen Leute an die verdunkelten Scheiben, rufen etwas. Doch das Auto fährt ab. „Terrorist ins Gefängnis geschickt“, titelte dazu ein türkischer Fernsehsender. Tat hatte in Schweden Asyl beantragt, nachdem in der Türkei nach Terrorvorwürfen ein Verfahren ge­gen ihn eröffnet worden war. Zu sechs Jahren und drei Monaten Haft wurde er verurteilt. Seiner Darstellung nach hatte er nur an Protesten teilgenommen. Schweden lehnte seinen Asylantrag ab. Zuletzt lebte der Kurde illegal im Land, erkrankte an Krebs. Trotzdem wurde er Anfang De­zember abgeschoben.

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Norddeutschland und Skandinavien mit Sitz in Hamburg.

„Gäbe es die NATO-Bewerbung nicht, wäre Tat nicht abgeschoben worden“, sagt Kurdo Baksi. Die schwedischen Be­hörden hätten wohl gegenüber der Türkei Härte demonstrieren wollen. Baksi lebt seit 42 Jahren in Schweden, ist schwe­discher Staatsbürger, arbeitet als Autor und fungiert als eine Art Sprecher der kurdischen Gemeinde. Bis zu 150.000 Kurden leben in Schweden. Das Land galt lange als Zu­fluchtsort für die Minderheit. Hier pflegte sie ihre Kultur und Tradition, teils sogar gefördert vom Staat. Doch seitdem Schweden die NATO-Mitgliedschaft beantragt hat, leben viele Kurden in Angst. „2022 war das bisher härteste Jahr für Kurden in Schweden“, sagt Baksi.

Source: faz.net