So will Berlins CDU Vonovia jetzt zum Neubau zwingen

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Es war eine Nachricht, die es in sich hatte. Als Vonovia Ende Januar verkündete, alle für das Jahr 2023 geplanten Neubauprojekte zu stoppen, rüttelte das nicht nur die Immobilienbranche auf. Auch die Politik wurde von der Nachricht kalt erwischt.

Im Berliner Abgeordnetenhaus regt sich nun Widerstand gegen die Entscheidung des größten Wohnungskonzerns Europas. So will Berlins CDU-Generalsekretär Stefan Evers Mittel gegen den Baustopp Vonovias ergreifen.

„Berlin kann es sich nicht leisten, auf neue Wohnungen zu verzichten“, sagte Evers gegenüber WELT. Er will Vonovia nötigenfalls mit rechtlichen Mitteln zum Bau neuer Projekte zwingen. „Wir werden uns den rechtlichen Rahmen um den von Vonovia verkündeten Baustopp sehr genau ansehen. Wenn beispielsweise Baugebote infrage kommen, müssen sie auch durchgesetzt werden“, so Evers.

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Zudem fordert Evers den Berliner Senat dazu auf, mit Vonovia über einen Verkauf der Grundstücke zu verhandeln. Laut Evers solle der Berliner Senat „Verhandlungen mit Vonovia darüber führen, die fraglichen Grundstücke zu übernehmen, damit dort gegebenenfalls landeseigene Wohnungsunternehmen bauen können“.

Der Politiker zeigte sich auch verwundert, „dass ausgerechnet Vonovia sich angeblich wirtschaftlich nicht in der Lage sieht, seine Bautätigkeit fortzusetzen“.

Vonovia fordert „Versachlichung der Diskussion“

Vonovia teilte dazu mit, dass der Konzern „keine Veranlassung“ sehe, sich von Baugrundstücken zu trennen. Diese würden laut dem Konzern nicht brach liegen. „Unsere Planungsabteilung bringt die Projekte weiter und stellt möglichst weitgehend Baureife her“, hieß es von Vonovia.

Vonovia fordert zudem eine „Versachlichung der Diskussion“. „Wir können vor wirtschaftlichen Tatsachen nicht die Augen verschließen. So wenig wie es aktuell viele verantwortungsvolle Bauträger tun, die den Neubau ebenfalls auf Eis gelegt haben“, teilte Vonovia mit. Der Konzern fordert „alle Akteure“ dazu auf, sich mit dem Konzern an einen Tisch zu setzen, „um über verlässliche politische Rahmenbedingungen und Förderinstrumente zu sprechen, die den Neubau von Wohnungen wieder bezahlbar machen“.

Ob die von CDU-Politiker Evers geforderten Baugebote gegenüber Vonovia überhaupt durchgesetzt werden können, ist indes fraglich. Rechtsanwalt Olaf Dziallas, Baurechtexperte in der Kanzlei FPS, sieht rechtlich und de facto nur wenige Möglichkeiten, solche Anliegen durchzusetzen.

Berlins CDU Generalsekretär Stefan Evers will Vonovia nötigenfalls mit rechtlichen Mitteln zum Weiterbau zwingen
Berlins CDU Generalsekretär Stefan Evers will Vonovia nötigenfalls mit rechtlichen Mitteln zum Weiterbau zwingen
Quelle: pa/dpa/Sven Hoppe

„Baugebote sind prinzipiell extrem schwer durchzusetzen. Anwendbar sind sie eigentlich nur in konkreten Einzelfallsituationen unter bestimmten Voraussetzungen. Dass Vonovia rechtlich zum Bauen gezwungen werden kann, halte ich für extrem unwahrscheinlich, zumal die Projekte ja nur vorübergehend ruhen“, so Dziallas.

Verhandlungen mit Vonovia über einen Verkauf der Grundstücke an den Senat sieht Dziallas hingegen positiv. „Das könnte sowohl für Vonovia als auch für den Berliner Senat eine Win-win-Situation bedeuten. Fraglich ist nur, ob der Senat die von Vonovia geforderten Beträge zahlen kann und wieweit die landeseigenen Wohnungsunternehmen eine Bautätigkeit finanziell überhaupt realisieren möchten“, sagte Dziallas.

Baustopp von Vonovia „bloß das Symptom“

Eine „nur punktuelle Lösung“ in der Forderung nach einem Verkauf der Grundstücke von Vonovia an den Berliner Senat sieht hingegen Elias Halbig, Portfoliomanager bei Union Investment. „Der Baustopp von Vonovia ist nicht die Ursache für die missliche Lage, sondern bloß das Symptom. Dass durch die gestiegenen Baukosten keine bezahlbaren Mietwohnungen mehr entstehen können, gilt nicht nur für Vonovia, sondern für sämtliche privaten und öffentlichen Vermieter und Bauträger“, so Halbig.

Kritisch beurteilt Halbig einen möglichen Verkauf der Grundstücke auch aus der Sicht von Vonovia. Zwar wäre eine Veräußerung der Grundstücke an den Berliner Senat „kurzfristig hilfreich“ für den Konzern, da er das Geld zum Schuldenabbau nutzen könnte.

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„Andererseits ist es aber natürlich bedenklich, wenn Vonovia quasi das eigene Geschäftsmodell verkauft. Das hätte eine deutlichere Signalwirkung für die Branche“, so Halbig.

Die Entscheidung Vonovias, den Neubau im laufenden Jahr einzustellen, bezeichnet Halbig als „wirtschaftlich sinnvoll“. „Angesichts des schwierigen Umfelds bleiben Vonovia nur wenige Möglichkeiten, um seine hohen Schulden zu reduzieren. Entweder der Konzern verkauft Wohnungen, was angesichts der einbrechenden Nachfrage schwierig ist, oder er senkt die Dividende. Die dritte Möglichkeit für Vonovia ist, den Neubau einzustellen, da dieser angesichts der hohen Materialkosten und wegen des Zinsumfeldes derzeit nicht kostendeckend betrieben werden kann.“

Scharfe Kritik an Vonovia

Scharfe Kritik an der Entscheidung Vonovias äußerte die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Der stellvertretende Bundesvorsitzende der IG Bau, Harald Schaum, forderte einen staatlichen Einstieg bei Vonovia.

„Es wird höchste Zeit, dass der Bund bei Vonovia einsteigt. Er muss einen Anteil von 25 Prozent plus eine Aktie erwerben – also die geringste und damit günstigste Sperrminorität in der Hauptversammlung und einen entsprechend effektiven Einfluss in den Aufsichtsräten“, sagte Schaum.

Auch aus dem Bundesbauministerium kam scharfe Kritik an Vonovia. So forderte die Parlamentarische Staatssekretärin Cansel Kiziltepe (SPD), dass Vonovia die Dividendenzahlungen einstellen und das Geld zur Absicherung des Neubaus verwenden solle.

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„Auch wenn wir turbulente Zeiten in der Bauwirtschaft aufgrund der Zinswende haben: Vonovia kann sich als größtes Wohnungsunternehmen nicht aus der Verantwortung stehlen“, sagte Kiziltepe dem „Handelsblatt“.

Forderungen zur Reduzierung der Dividende kommen indessen auch von Investorenseite. „Wenn man Investitionen in die Zukunft des Geschäftsmodells in derartiger Form einstellen muss, sollte man auch hinterfragen, ob man es sich noch leisten kann, eine Dividende in dieser Höhe zu zahlen. Hier sollten die Prioritäten geklärt werden“, sagte Portfoliomangager Halbig von Union Investment gegenüber dieser Zeitung. Halbig rechnet mit „heftigen Diskussionen“ zu dem Thema Dividende bei Vonovia.

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Source: welt.de