Vor Irans Nationalfeiertag: Chamenei begnadigt Zehntausende Gefangene
In Iran hat das geistliche und staatliche Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei Staatsmedien zufolge Zehntausende Gefangene begnadigt, darunter auch wegen der regierungskritischen Proteste Inhaftierte. Die Begnadigung ist an Bedingungen geknüpft. So gilt sie Berichten der Nachrichtenagentur Irna vom Sonntag zufolge nicht für Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft oder diejenigen, denen „Korruption auf Erden“ vorgeworfen wird – wie einigen inhaftierten Demonstranten.
Begnadigt würden nur Gefangene, denen keine Spionage für ausländische Behörden, kein direkter Kontakt mit ausländischen Agenten sowie keine vorsätzliche Tötung und Verletzung vorgeworfen würden. Die Begnadigungen wurden anlässlich des Jahrestages der Islamischen Revolution 1979 verkündet.
Eine Begnadigung ist den Medien zufolge nur möglich, wenn den Gefangenen keine Zerstörung und Inbrandsetzung von Staatseigentum vorgeworfen wird und es keine Privatklage gegen sie gibt. Voraussetzung ist laut Justiz zudem, dass die Inhaftierten ihre Taten bereuen und schriftlich versichern, dass sie diese nicht wiederholen.
Zahlreiche Todesurteile
Im Iran wurden bereits zahlreiche Menschen in Zusammenhang mit den im Herbst ausgebrochenen Massenprotesten verurteilt, zum Teil zum Tode. Nach offiziellen Angaben wurden vier von ihnen hingerichtet, die ersten im Dezember. Den Verurteilten wurde vorgeworfen, während der Proteste gegen die Führung Angehörige der Sicherheitskräfte verletzt oder getötet zu haben. Der in Norwegen ansässigen Menschenrechtsgruppe Iran Human Rights zufolge droht mindestens hundert Gefangenen die Todesstrafe.
Dem von der Menschenrechtsgruppe HRANA getragenen Informationsdienst zufolge wurden rund 20.000 Menschen wegen der Proteste festgenommen. Menschenrechtsgruppen schätzen, dass mehr als 500 Menschen bei der Niederschlagung der Proteste getötet wurden, darunter 70 Minderjährige. Die iranische Führung macht für die Massenkundgebungen ausländische Feinde verantwortlich.
Entzündet hatten sich die Proteste am Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Die Kurdin war am 16. September in Polizeigewahrsam unter umstrittenen Umständen gestorben. Die sogenannte Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie unangemessen gekleidet gewesen sein soll.
Die Proteste wuchsen sich zur größten Herausforderung für die Führung seit 1979 aus. Damals wurde im Zuge der Islamischen Revolution der Schah gestürzt, und die Islamische Republik wurde ausgerufen. Am 11. Februar gedenken die Menschen im Iran des Aufstandes gegen den vom Westen unterstützten Schah und des an diesem Tag verkündeten Endes der Monarchie.
Source: faz.net