Extremisten im Fokus – Kabinett beschließt schnellere Disziplinarverfahren
Extremisten im öffentlichen Dienst sollen künftig schneller von ihren Posten entfernt werden können. Das Bundeskabinett beschloss dazu am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Reform des Disziplinarrechts, der vor allem das Verfahren beschleunigen soll. „Wer den Staat ablehnt, kann ihm nicht dienen“, sagte dazu Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
„Wir lassen nicht zu, dass unser demokratischer Rechtsstaat von innen heraus durch Extremisten sabotiert wird“, sagte Faeser weiter zu dem Kabinettsbeschluss. „Mit unserer Reform können Verfassungsfeinde schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden“, fügte sie hinzu. Zudem kündigte die Ministerin eine „konsequente Verfolgung von Volksverhetzungsdeliken“ an.
Im Zentrum des Reformvorhabens steht das Bundesdisziplinargesetz. Es verfüge bereits „über Mechanismen, um extremistische und verfassungsfeindliche Vorfälle wirksam zu ahnden“, erklärte das Innenministerium.
Solche Vergehen führten in der Regel zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. „Jedoch dauern diese Verfahren oft mehrere Jahre.“ Gravierende Maßnahmen gegen die Beamtinnen oder Beamten muss der Dienstherr bislang nämlich vor Gericht durchsetzen.
Künftig sollen solche Maßnahmen stattdessen in einer sogenannten Disziplinarverfügung direkt angeordnet werden können. Dies betrifft den Angaben zufolge neben der Entfernung aus dem Dienst auch Zurückstufungen und die Aberkennung des Ruhegehalts. Gleichzeitig sollen die Hürden für eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach einer strafrechtlichen Verurteilung gesenkt werden. Die geplanten Änderungen betreffen ausschließlich Bundesbeamte und -beamtinnen.
Beamte verlieren alle Bezüge bis zum Urteil
„Bisher dauern die Verfahren viel zu lang“, sagte dazu Faeser. Sie betonte aber, dass durch die Reform der Rechtsschutz für die Betroffenen nicht eingeschränkt werde. Diese könnten weiterhin vor Verwaltungsgerichten gegen angeordnete Maßnahmen klagen.
Allerdings verlieren solche Beamte den bisherigen Anspruch auf alle Bezüge bis zur abschließenden gerichtlichen Entscheidung. Vielmehr müssten sie künftig sogar damit rechnen, erhaltene Bezüge zurückzahlen zu müssen, sagte Faeser.
Die Ministerin hob hervor, es gehe nicht um einen Generalverdacht gegen Beamte, sondern lediglich um eine Verfahrensbeschleunigung. Die Reform diene auch dem Schutz „der weit überwiegenden Zahl der Beamtinnen und Beamten, die sich korrekt verhalten“.
Auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in Berlin, er wolle betonen, dass „die überwältigende Mehrheit der Beamtinnen und Beamten“ fest auf dem Boden des Grundgesetzes stünden. Verstöße gegen die beamtenrechtliche Verfassungstreuepflicht oder andere schwere Dienstvergehen träten „im Verhältnis zur Gesamtzahl der Bundesbeschäftigten nur sehr, sehr selten auf“.
Doch auch wenn es sich nur um Einzelfälle handele, „beschädigen sie das Vertrauen in die Integrität des öffentlichen Dienstes nachhaltig“, unterstrich Hebestreit.
Kritik von der Gewerkschaft der Polizei
Das erklärte Ziel des Entwurfs unterstützt nach eigenem Bekunden auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Sie betonte am Mittwoch, sie toleriere nicht, dass Extremisten dem Ruf der Polizistinnen und Polizisten schadeten.
Der GdP-Bundesvorsitzende, Jochen Kopelke, übte dennoch scharfe Kritik an dem Vorhaben. Er sagte, der Entwurf umfasse nicht nur Extremismus-Fälle, sondern greife auch bei „gewöhnlichen Dienstvergehen, die zu Zurückstufungen, beziehungsweise Degradierungen führen sollen“.
Aus Sicht der Gewerkschaft fehlen in dem Entwurf außerdem Vorgaben dazu, wie fälschlich beschuldigte Beamte nach einem Abschluss der Untersuchung rehabilitiert werden sollen. Es dürfe nicht vergessen werden, alles dafür zu tun, deren Ansehen in der jeweiligen Dienststelle wiederherzustellen. Wichtig wäre es laut GdP zudem, Fristen für die Einleitung und Durchführung von Untersuchungen und Widerspruchsverfahren zu etablieren.
Zuvor hatte bereits der Beamtenbund Bedenken angemeldet. In einer Stellungnahme des dbb hieß es, die Verfahren würden durch die Reform womöglich sogar länger dauern, „denn neben dem bewährten behördlichen Disziplinarverfahren und einem bis zu dreistufigen gerichtlichen Instanzenzug kommt noch ein behördliches Widerspruchsverfahren hinzu“.
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Source: welt.de