Fu-Go-Ballons: Zweiter Weltkrieg: Wie Japan die USA mit Zehntausend Ballons angriff

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Fu-Go-Ballons Zweiter Weltkrieg: Wie Japan die USA mit Zehntausend Ballons angriff

Ein Beobachtungsballon am Himmel über den USA

Der mutmaßliche chinesische Spionageballon über den USA hat für Spannungen zwischen den beiden Ländern gesorgt

© Larry Mayer/The Billings Gazette/AP/dpa

China soll mutmaßlich Spionageballons über den USA und weiteren Ländern einsetzen. Japan erkannte das militärische Potenzial von Ballons schon im Zweiten Weltkrieg. Damals schickte das Land Tausende Ballon-Bomben über den Pazifik in die USA.

Kai Stoppel

Dieser Beitrag erschien zuerst bei ntv.de 

Ein Ballon versetzt die USA in Aufruhr: Tatenlos muss die Supermacht Anfang 2023 mit ansehen, wie ein riesiger Ballon in 18 Kilometern Höhe in ihren Luftraum eindringt und quer über das ganze Land fliegt. Erst ein paar Tage später wird der Abschuss gewagt, als der mutmaßliche Spionageballon aus China wieder über dem offenen Meer schwebt. Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass ein Staat aus Asien auf Ballons setzt, um sich mit den USA anzulegen.

Im Jahr 1944 geriet das Japanische Kaiserreich im Zweiten Weltkrieg immer mehr ins Hintertreffen. US-Bomber griffen das Kernland an. Und da japanische Bomber aufgrund mangelnder Basen die USA nicht erreichen konnten, setzte man auf: Ballons. In der richtigen Luftströmung können diese große Distanzen überbrücken, ohne auftanken zu müssen. Ab November 1944 ließ Japan Ballons aufsteigen und mittels Jetstream in 9000 Metern Höhe quer über den Pazifik fliegen. An ihnen befestigt waren Brandbomben und eine Antipersonenbombe.

Ballons sollten Panik verbreiten

Fast 10.000 der “Fu Go” genannten Ballons stiegen in Japan auf. Sie sollten in Nordamerika Waldbrände auslösen und Menschen töten. Aufgrund der Unberechenbarkeit des Jetstreams erreichten aber nur etwa 300 meist den Nordwesten der USA – und verursachten nur geringe Schäden. Die einzigen Todesopfer waren eine schwangere Frau und fünf Sonntagsschulkinder im Alter von 11 bis 14 Jahren. Sie hatten am 5. Mai 1945 im Süden des US-Bundesstaats Oregon eine Ballon-Bombe im Wald entdeckt. Als die Kinder sie herausschleppten, explodierte sie. Es waren zugleich die einzigen Opfer des Krieges auf dem US-Festland.

Der ursprüngliche Plan der Japaner: Die Ballons sollten Ressourcen der USA binden und Verwirrung stiften. Tatsächlich setzten die USA und Kanada fast 500 Flieger auf die Ballons an – allerdings konnten nur zwei der fliegenden Bomben abgeschossen werden. Um Panik in der Bevölkerung zu vermeiden, untersagte die US-Regierung die Berichterstattung über das Phänomen. So erfuhr auch Japan nichts über die Wirkung ihrer Ballon-Bomben – das Programm wurde nach fünf Monaten schließlich wieder eingestellt.

Erster Ballon 1794 im Kriegseinsatz

Doch die Japaner waren nicht die Ersten, die Ballons für kriegerische Zwecke nutzten. Einer der frühesten militärischen Einsätze war im Jahr 1794, als die französische Armee einen Ballon über einer belagerten Stadt in Belgien aufsteigen ließ, um feindliche Positionen aus der Luft zu erkunden. Im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861 bis 1865) wurde die Luftaufklärung durch Ballons erheblich weiterentwickelt. Aufseiten der Unionstruppen gab es sogar ein eigenes Ballon-Korps, das Bewegungen der feindlichen Truppen beobachtete.

Ihren Höhepunkt erlebten Militärballons im Ersten Weltkrieg. Von ihnen aus konnten Beobachter etwa das Artilleriefeuer der eigenen Truppen korrigieren. Im Zweiten Weltkrieg setzte etwa Großbritannien auf Sperrballons zum Schutz britischer Städte gegen deutsche Luftangriffe. Auch bei der Landung in der Normandie wurden diese eingesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es weitere militärische Ballonprojekte: Die USA ließen Ballons in großer Höhe zur Aufklärung über Osteuropa, der Sowjetunion und China fliegen.

USA kopieren japanischen Ansatz

Die japanischen Ballon-Bomben inspirierten die USA sogar zu einer eigenen Waffe ähnlicher Bauweise: Zu Beginn des Kalten Krieges wurde ein Ballon mit dem Codenamen E77 entwickelt, der heimlich biologische Kampfstoffe über China oder der Sowjetunion ausbringen sollte. Beim Überfliegen von feindlichem Territorium sollte sich ein Behälter öffnen, der mit Pilzsporen behandelte Federn fallen ließ: Der Getreideschwarzrost genannte Pilz sollte weiträumig Getreidekulturen befallen und vernichten. Keiner dieser Ballons startet je, Anfang der 1960er wurde das Projekt eingestampft.

Auch heute noch spielen Ballons eine Rolle in der Verteidigungsstrategie verschiedener Staaten. Die USA etwa setzten in Afghanistan Fesselballons zur räumlichen Überwachung ein. Über Kabul schwebte zeitweise ein mit mehreren Kameras ausgerüsteter Ballon. Und womöglich hat mittlerweile auch China die Vorzüge von Ballons zur Aufklärung entdeckt – auch wenn Peking bislang bestreitet, dass der über den USA entdeckte Ballon andere als friedliche Zwecke verfolgte.

ntv.de / ckön

Source: stern.de