Rüstungskontrolle: Putin will New-Start-Abkommen aussetzen: Wofür es steht und welche Folgen der Schritt haben könnte
Rüstungskontrolle Putin will New-Start-Abkommen aussetzen: Wofür es steht und welche Folgen der Schritt haben könnte
Es bedeutet die nächste Eskalationsstufe im Konflikt mit dem Westen: Wladimir Putin hat angekündigt, dass Russland das New-Start-Abkommen aussetzt. Für Russland bedeutet das ein sehr viel höhere Risiko als für die USA.
Ein Jahr nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs hat Russland das letzte verbliebene Atomwaffen-Abrüstungsabkommen mit den USA ausgesetzt. Kremlchef Wladimir Putin verkündete am Dienstag in Moskau: “Russland suspendiert seine Beteiligung am New-Start-Vertrag.” Um das 2010 geschlossene Abkommen war in den vergangenen Monaten bereits erneut gerungen worden, nachdem es in letzter Minute im Februar 2021 vor seinem Auslaufen verlängert worden war.
Was das New-Start-Abkommen bisher regelte
Mit ihrer Unterzeichnung des Abrüstungsabkommens verpflichteten sich Washington und Moskau dazu, ihre atomaren Sprengköpfe jeweils auf maximal 1550 zu verringern sowie ihre Trägerraketen und schweren Bomber auf maximal 800 zu begrenzen. Der Vertrag erlaubte darüber hinaus beiden Vertragsparteien Kontrollbesuche vor Ort.
Enttäuschte Hoffnungen auf den “Neustart”
Die Unterzeichnung des New-Start-Abkommens in Prag 2010 galt als zentraler Baustein im Bemühen des damaligen US-Präsidenten Barack Obama um einen “Neustart” im Verhältnis zu Moskau. Mehr als zehn Jahre nachdem Obama und sein damaliger Amtskollege Dmitri Medwedew ihre Unterschrift unter das Vertragswerk gesetzt haben, ist das Verhältnis zwischen Moskau und Washington heute aber von einer Konfrontation geprägt wie es sie seit dem Kalten Krieg nicht mehr gegeben hat.
Schon in den Jahren davor hatten sich die Spannungen zwischen den beiden Atommächten zunehmend verschärft – vom US-Vorwurf der russischen Einmischung in den US-Präsidentschaftswahlkampf über großangelegte Cyberangriffe auf US-Einrichtungen bis hin zur Kritik am zunehmend brutalen Umgang der russischen Behörden mit Regierungskritikern und dem Ukraine-Konflikt.
Stillstand bei New-Start-Verhandlungen unter Trump
Unter Ex-Präsident Donald Trump verringerten die USA ihre Abrüstungsvereinbarungen mit Russland insgesamt und stiegen sowohl aus dem INF-Vertrag über die atomare Abrüstung im Mittelstreckenbereich als auch aus dem Vertrag “Open Skies” über Rüstungskontrolle aus der Luft aus. In den Verhandlungen über eine Verlängerung des New-Start-Abkommens trat Trump erfolglos für eine Einbeziehung Chinas ein.
Verlängerung des New-Start-Abkommens unter Biden bis 2026
Nach dem Regierungswechsel in Washington forderte der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow den Kreml und die US-Regierung auf, das New-Start-Abkommen zu verlängern und eine weitere Reduzierung ihrer Atomwaffenarsenale zu beschließen. Der neue US-Präsident Joe Biden sprach sich dafür aus. Die russische Duma stimmte schließlich einem von Putin vorgelegten Gesetz zu, das grünes Licht für die Verlängerung des New-Start-Abkommens um fünf Jahre gab – nur wenige Tage bevor das Abkommen im Februar 2021 ausgelaufen wäre.
Eskalation und Suspendierung des New-Start-Abkommens durch Moskau
Schon vor dem Einmarsch in der Ukraine am 24. Februar 2022 waren sich Washington und Moskau zunehmend feindselig begegnet. Dennoch bemühten sich die USA auch nach dem Beginn des Krieges durch Russland, die Abrüstungsvereinbarung aufrecht zu erhalten. Doch Moskau sagte seine Teilnahme an Rüstungskontrollgesprächen ab, die USA erhofften sich eine Wiederaufnahme von Inspektionen im Rahmen von New Start.
Moskau hatte im August angekündigt, es werde die US-Inspektionen seiner Militärstandorte im Rahmen von New Start aussetzen. Moskau reagierte damit auf die angebliche Behinderung von russischen Inspektionen seitens der USA.
Zuletzt hatte Moskau den USA die “Zerstörung” des Start-Abrüstungsabkommens vorgeworfen. Anfang Februar beschuldigte der Kreml die USA, gegen den Vertrag zu verstoßen und “den rechtlichen Rahmen im Bereich der Abrüstung und Sicherheit” zu zerstören.
Moskau versicherte, es habe sich “tadellos” an das Abkommen gehalten und werde dies auch weiterhin tun. Drei Tage vor dem Jahrestag des Beginns des Ukraine-Kriegs setzte Putin das Abkommen am Dienstag nun aus – und drohte mit neuen Atomwaffen-Tests, sollte Washington dies zuerst tun.
Mögliche Folgen
Ein Aussetzen des Abkommens erhöht die Gefahr eines unkontrollierten Wettrüstens massiv. Für Russland wäre das ein hohes Risiko, weil ein Rüstungswettlauf viel Geld kostet. Die Sowjetunion hat das einst schmerzlich erfahren. Das damalige Wettrüsten hat zum Ende des UdSSR beigetragen.
Source: stern.de