Klimaaktivismus: Wie moralisch ist die höhere Moral?
Dass Klimaaktivisten, wenn sie von den Politikern nichts bekommen, Hauswände beschmieren und sogar ein Kunstwerk wie Gustav Klimts Gemälde “Tod und Leben” in Wien, wird angeprangert. Das ist doch kein Benimm! Aber wie fällt die moralphilosophische Beurteilung aus? Bild: Reuters
Aktivisten, die sich bewusst über das Recht hinwegsetzen, nehmen für sich in Anspruch, dies im Namen einer höheren Moral zu tun. Dabei kann auch der zivile Ungehorsam ethische Probleme aufwerfen. Ein Gastbeitrag.
Es ist das alte Problem im Umgang mit dieser Protestform, den guten vom bösen zivilen Ungehorsam zu unterscheiden. Meist wird die Unterscheidung an den Zielen festgemacht, die jeweils verfolgt werden. Die Bösen sind dann etwa, in aufsteigender Reihenfolge: die Abtreibungsgegner, die sich weigern Steuern zu zahlen, die Rassisten, die den Zugang zu einem Asylbewerberheim blockieren; am äußersten Ende der Skala ist es der Reichsbürger, der sich sein eigenes Staatsgebiet erfindet und sogar seine Pässe selbst druckt.
Die Guten, das sind die Friedensbewegten, die sich vor ein Munitionsdepot setzen, die Pfarrerin, die dem von Abschiebung bedrohten Flüchtling in ihrer Kirche Asyl gewährt, heute eben die Klimaschützer, die sich auf den Straßen festkleben und so mittlerweile in einer planetaren Umweltbewegung zusammenfinden. Ihre bis in unsere Zeit hinein leuchtende Ikone ist Rosa Parks, die sich einst weigerte, ihren für Weiße reservierten Sitzplatz in einem öffentlichen Bus zu räumen, und damit ihren Teil dazu beitrug, die Welt, in der sie lebte, für immer zum Besseren zu verändern.
Source: faz.net