Radio-Bremen-Chefin Gerner: Sparen als Modell für die ARD
Eine mögliche Fusion mit einer anderen ARD-Anstalt ist nach Ansicht von Yvette Gerner, der Intendantin von Radio Bremen, „weder wirtschaftlich noch programmlich sinnvoll“. Einiges würde sogar teurer werden, weil Radio Bremen günstig produziere, sagt sie. Im Zusammenhang mit der Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist in der ARD und auch in der Medienpolitik ein mögliches Zusammengehen von Radio Bremen und dem Saarländischen Rundfunk mit anderen Sendern in die Diskussion gebracht worden. Yvette Gerner sieht das ganz anders: Ihr Sender sei mit seiner schlanken Struktur und sparsamen Produktionsweise „ein Zukunftsmodell“ für die ARD.
Sparmaßnahmen im Rundfunk
Radio Bremen produziere beispielsweise die günstigste Hörfunkminute in der ARD. Zudem kooperiere man mit dem NDR und setze auf Shared-Services. Man verfüge über keine eigene Einkaufsabteilung, keine eigene Revision oder Beitragsabteilung. Auch Teile der Ausbildung und der Sendetechnik kämen vom Nachbarsender. Sparen sei bei Radio Bremen Alltagsgeschäft, man wäge ständig ab, was man sich leisten könnet. Einsparungen könnten auch das Programm treffen, wie ein nichtproduzierter „Tatort“ zeige. Es wäre, so die Intendantin, mit einem Zusammenschluss „keine echte Fusionsrendite drin“. Die Frage nach konkreten Einsparungen durch eine Fusion will oder kann Yvette Gerner indes nicht beantworten. Solche Zahlen liegen weder der Gebührenkommission KEF noch dem Landesrechnungshof vor, wie die Nachfrage der F.A.Z. dort ergibt.
Gerner verweist darauf, dass die kleinste ARD-Anstalt Anfang des Jahrtausends einen radikalen Sparprozess durchlief. 1999 hatte die Ministerpräsidentenkonferenz die Halbierung des ARD-internen Finanzausgleichs beschlossen. Der Sender musste mit einem Drittel weniger Geld auskommen, massiv Personal abbauen, Geschäftsbereiche von Produktion, Technik bis hin zu Verwaltungsaufgaben outsourcen und Programm reduzieren. Die Zahl der festen Mitarbeiter sank von 600 im Jahr 1999 auf 228 im Jahr 2021. Inzwischen wurde der Finanzausgleich wieder leicht erhöht. Die Radio-Bremen-Chefin bestreitet, dass der Finanzausgleich ein Almosen sei. Der Rundfunkbeitrag diene der Finanzierung der „Gesamtveranstaltung“ öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Er verhindere eine Unter- und Überfinanzierung innerhalb der ARD und sichere so die verfassungsmäßig garantierte Finanzierung aller Anstalten.
Regionales als Erfolgskonzept
Mit Einnahmen und Ausgaben von etwa 120 Millionen Euro für 2023 verfügt Radio Bremen über einen ausgeglichenen Haushalt, was in der ARD eher die Ausnahme ist. Der Sender konzentrierte sich, nachdem die ARD-Zuschüsse spärlicher flossen, vor allem auf sein regionales Informationsangebot. „buten un binnen“ sei seit drei Jahren das erfolgreichste Regionalmagazin der ARD, sagt Gerner, und es gebe „buten un binnen“-Nachrichten auch online und im Hörfunk. Zudem werde „3nach9“ für das Dritte Programm produziert. Hinzu kommen erfolgreiche Radioangebote wie Bremen Next als jüngste Radiowelle Deutschlands und Zulieferungen für das Erste, funk, Arte, die Mediathek und Audiothek, für tagesschau24, sportschau.de und den Kinderkanal KiKa.
Der Frage, ob man für dieses überschaubare Angebot einen eigenen Sender benötige, weicht die Intendantin aus und verweist auf die regionale und journalistische Kompetenz, über die Radio Bremen verfüge. Mit der intensiven Lokalberichterstattung geht der Sender freilich auf Konfrontationskurs zu den Zeitungen in Bremen, die um ihre Existenz fürchten.
Mit vielfältigen regionalen Angeboten habe die ARD ein Alleinstellungsmerkmal, sagt Gerner. Die Landessender seien für die Menschen und die Demokratie ein regionaler Anker. Wenn sich die Mediennutzung zunehmend ins Netz verlagere, bedeute das für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dieses Alleinstellungsmerkmal auch in die Plattformwelt einzubringen. Er müsse noch stärker die Themen vor Ort aufgreifen und zugleich die globalen Themen regional einordnen und das linear und non-linear, um eine Plattform für demokratischen Meinungsaustausch zu bieten.
Yvette Gerner belegt an Beispielen, dass Sparzwang auch zu Innovationen führe. Dazu zählten der erste „Tatort“-Ableger für die ARD-Mediathek, die „Rabiat“-Dokus oder das funk-Format „Wumms“ mit 950.000 Abonnenten auf Youtube und 582.000 Followern auf Tiktok. Zudem existiere mit der „Digitalen Garage“ eine eigene Abteilung, die diesen Prozess unterstütze und mit eigenen Projekten vorantreibe.
Source: faz.net