Angriffe auf Journalisten erreichen neuen Höchststand

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In Deutschland werden fast jeden Tag Straftaten gegen Journalisten und Medienschaffende begangen. Die Fallzahlen haben im vergangenen Jahr einen Höchststand erreicht. Im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes wurden 2022 im Bereich politisch motivierter Kriminalität 320 Straftaten mit dem Angriffsziel Medien erfasst. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor. Die Antwort liegt WELT vor.

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Politisch motivierte Straftaten

Demnach beinhalten die 320 Straftaten 46 Gewaltdelikte, 41 Nötigungs- und Bedrohungsdelikte, 31 Sachbeschädigungen sowie 27 Volksverhetzungen. Die Linksfraktion ließ sich die Zahlen auch nach Straftaten in Zusammenhang mit Demonstrationen aufschlüsseln, die die Corona-Pandemie zum Inhalt hatten. Im Jahr 2022 gab es hier 64 Straftaten gegen Journalisten und Medienschaffende, davon 15 Gewaltdelikte.

Aus der Antwort der Bundesregierung geht zudem hervor, dass im Jahr 2022 vier politisch motivierte Straftaten gegen Medien in den „Themenfeldern Palästina und/oder Israel“ registriert wurden. Alle Fälle sind demnach dem Phänomenbereich „ausländische Ideologie“ zuzuordnen. Dabei handelt es sich um „nichtreligiöse ausländische Ideologien“, beispielsweise um türkischen Links- oder Rechtsextremismus oder um nationalistische Ideologien.

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Im Jahr 2021 hatte es 276 Straftaten und davon 30 Gewaltdelikte gegen Journalisten und Medienschaffende gegeben; im Jahr 2020 260 Straftaten und davon 32 Gewaltdelikte. Im Jahr 2019 kam es zu 104 und 2018 zu 93 Straftaten. Dies geht aus Antworten der Bundesregierung auf vorherige Anfragen der Linksfraktion hervor. Damit hat sich die Anzahl der gegen die Presse gerichteten Straftaten innerhalb von vier Jahren mehr als verdreifacht. Statistisch erfasst werden Straftaten gegen die Presse seit 2016 – damals lag die Anzahl bei 193. 2017 sank sie zunächst stark auf 85 Straftaten.

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„Die erfassten Straftaten gegen Medienschaffende haben 2022 einen neuen traurigen Höchstwert erreicht. Das gilt auch für die Gewaltdelikte, von denen wie schon im Vorjahr ein Drittel im Zusammenhang mit Protesten mit Corona-Bezug erfolgte“, sagte die medienpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Petra Sitte, WELT. „Selbst wenn die Anlässe für solche Proteste wegfallen, wird die Radikalisierung und pressefeindliche Haltung bestimmter Gruppen ein anhaltendes Problem sein. Um Medienschaffende zu schützen und freie Berichterstattung zu gewährleisten, brauchen wir endlich eine übergreifende Bund-Länder-Strategie zum Schutz der Pressefreiheit.“

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Sitte fordert die Bundesregierung dazu auf, kontinuierliche Lagebilder zu erstellen und im Melderecht einen „besseren gesetzlichen Schutz für Medienschaffende“ zu schaffen. Die Abgeordnete regt eine Änderung im Bundesmeldegesetz an, nach der ein Antrag auf Auskunftssperre für antragstellende Journalisten in der Regel bewilligt werden soll und die Dauer der Auskunftssperre von zwei auf fünf Jahre verlängert wird.

Nicht alle Taten werden zur Anzeige gebracht

Die genannte Fallzahlen für das Jahr 2022 haben laut Bundesregierung vorläufigen Charakter und sind durch Nach- und Änderungsmeldungen noch Veränderungen unterworfen. Die Regierung verweist darauf, dass die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), im Oktober 2021 erstmalig ein „Förderprogramm zum Schutz und zur strukturellen Stärkung journalistischer Arbeit“ ausgeschrieben habe. Angesichts einer zunehmenden Anzahl von Übergriffen gegenüber Journalisten ziele das Programm darauf ab, „Modellprojekte zu fördern, die die strukturellen Bedingungen journalistischer Arbeit stärken und zum Schutz des eigenständigen und unabhängigen Journalismus beitragen“.

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Durch das Programm wird unter anderem ein Projekt des Trägervereins des Deutschen Presserates gefördert, das den Austausch zwischen Medien und Polizei und die Schulung von Sicherheitskräften zu den besonderen Rechten der Presse bezwecken soll.

Laut dem Deutschen Journalisten-Verband gibt es bei Angriffen auf Journalisten ein „enormes Dunkelfeld“, da nicht alle Taten zur Anzeige gebracht würden. Aus einer Studie des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld und des Mediendiensts Integration aus dem Jahr 2020 geht hervor, dass rund 16 Prozent der befragten Journalisten im Laufe ihres Berufslebens schon einmal eine Morddrohung erhalten haben. Aus Sicht der Befragten zieht das Thema Migration besonders häufig Hass nach sich.

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Source: welt.de