„Die Fed ist für Banken zum Weihnachtsmann geworden“

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Sir John R. Hicks, Nobelpreisträger und Hohepriester der Wirtschaftstheorie, sagte einst: „Es gibt nichts Wichtigeres als eine Bilanz.“ Nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) klingen die Worte wieder sehr wahr.

Weder das SVB-Management noch die Regulatoren der Regierungen behielten die Bilanz der Bank im Auge, und wenn sie es taten, dann verstanden sie nicht.

Was ist die Lösung der US-Regierung für den Kollaps von SVB? Das Finanzministerium, die Zentralbank und die Einlagensicherungsbehörde FDIC werden die Einlagen bei der SVB vollumfänglich beschützen und offenbar auch jeden Hund und jede Katze mit einem Bankkonto. Und wenn es um das Wort „Bail-out“ geht, versichert Finanzministerin Janet Yellen: „Wir werden das nicht tun.“

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Auch wenn Yellen die Definition von „Bailout“ damit sehr dehnt, hat sie am Ende womöglich einen Punkt. Dieser „Bailout“ der Regierung ist kein Bailout. Er ist ein Geschenk.

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Die Federal Reserve hat gerade ein „Bank Term Funding Program“ veröffentlicht, in dem sie darlegt, wie sie amerikanischen Banken Liquidität bereitstellen will in dem aktuellen Tumult. Die Fed bietet einjährige Vorschüsse für berechtigte Schuldner an und nimmt dafür Sicherheiten wie US-Staatsanleihen und hypothekenbesicherte Wertpapiere.

Der große Kniff dagegen: die Fed wird die Sicherheiten zum Nennwert bewerten. Ein Beispiel: Wenn eine Bank 100 Millionen Dollar an einschlägigen Wertpapieren hält, die zehn Prozent unter Nennwert gehandelt werden, dann sind die Wertpapiere am Markt 90 Millionen Dollar werden. Unter dem neuen Programm der Fed, kann die Bank dann für Wertpapiere im Wert von 90 Millionen einen Vorschuss von 100 Millionen bekommen.

Biden will Regeln für US-Banken verschärfen

Die Silicon Valley Bank wurde wegen drohender Zahlungsschwierigkeiten geschlossen. Aus Sorge vor Verlusten zogen viele Kunden ihr Geld von den Konten ab. US-Präsident Joe Biden äußerte sich nun dazu in einem Statement.

Quelle: WELT

Im Grunde hat damit die Fed entschieden, dass die Absicherung gegen Zinsrisiken nicht mehr der Job von Geschäftsbanken ist. Warum noch Zinsrisiken hedgen, wenn die Fed deine Verluste abdeckt? Die Fed ist für Banken zum Weihnachtsmann geworden, und unter Nennwert gehandelte Wertpapiere sind dabei die Milch und die Kekse.

Mit dem Segen von Janet Yellen, FDIC-Chef Martin Gruenberg und dem Fed-Vorsitzenden Jerome Powell ist Banking nun ein staatlich abgesichertes Geschäft. Andrew Ross Sorkin von der „New York Times“ hat recht, wenn er schreibt: „Wenn die Regierung erst einmal alle Einlagen garantiert, dann ist das Geschäft von Banken kaum mehr ein Geschäft.“

Denn in der Tat: Wenn die FDIC wirklich alle Einlagen versichert – sogar die jenseits eines Werts von 250.000 Dollar – und die Fed die Bilanzverluste der Banken trägt, welche Arbeit bleibt Bankern dann noch? Sehr wenig.

Banken bekommen gefährliche Anreize

Aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte. Unter einem solchen regierungsgestützten Regime wird dem Geschäftsbankensystem eine massive Menge an Moral Hazard injiziert. Denn Banken bekommen einen Anreiz, mehr Risiken einzugehen, weil dann jemand anderes, in diesem Fall der amerikanische Steuerzahler, die Rechnung begleicht, wenn irgendwas schiefgeht.

Und das ist immer noch nicht alles. So wie die Nacht auf den Tag folgt, geht exzessiver Interventionismus immer einher mit mehr Regulierung. Und härtere Regeln für Geschäftsbanken werden das Schattenbankensystem erblühen lassen.

Das ist genau das, was passiert ist nach der Finanzkrise von 2007/08, als nach der Verabschiedung der Dodd-Frank-Gesetzgebung die Größe des Schattenbankensystems in den nur sieben Jahren zwischen 2010 und 2017 um 75 Prozent wuchs. Das ist eine Bedrohung für die Stabilität des Finanzsystems. Und auch wenn Stabilität nicht alles ist, so ist alles nichts ohne Stabilität.

Nachdem Finanzministerium, Fed und FDIC es nicht geschafft haben, den SVB-Kollaps zu antizipieren, kleben sie ein Pflaster auf die Wunde. Und reißen neue Wunden erst auf.

Steve Hanke ist Ökonomieprofessor an der Johns Hopkins University in Baltimore. Caleb Hofmann ist Stabschef am Institute for Applied Economics an der Johns Hopkins University.

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Source: welt.de