Neues Windkraftgesetz in Polen: Freigabe von EU-Milliarden wird realistischer

Polens Staatspräsident Andrzej Duda hat ein neues „Windrad-Gesetz“ unterzeichnet und damit die Freigabe der Milliardenbeträge aus dem Corona-Wiederaufbaufonds für sein Land wahrscheinlicher gemacht. Die EU-Kommission hatte ein neues Gesetz über Windkraftanlagen zu einem der „Meilensteine“ erklärt, die vor der Auszahlung der etwa 36 Milliarden Euro erfüllt werden müssten.
Nach der bisherigen Norm von 2016 war der Bau von Windrädern restriktiver geregelt; nach dem neuen Gesetz muss der Mindestabstand zwischen Windkraftanlagen und Wohngebäuden nur noch 700 Meter betragen. Vertreter von Windkraftfirmen und die Opposition wollten eine weitergehende Liberalisierung, waren jedoch im Parlament damit gescheitert. Weiterhin dürfen Windräder nicht in Nationalparks und Schutzgebieten gebaut werden.
Der nationalkonservative Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nannte das neue Gesetz eine „Kompromisslösung“. Unter der bis 2015 amtierenden liberalen Vorgängerregierung sei die Windkraft allzu sehr gefördert worden, deswegen habe die Bevölkerung „rebelliert“, und seine Partei habe dann eine Verlangsamung des Windradbaus durchgesetzt. Die jetzige Neuregelung gebe „riesige Möglichkeiten“ für neue Windfarmen an Land. In der Ostsee wolle man zudem neue Windparks bauen, die „bis 2030, 2031 mindestens sechs bis sieben Gigawatt“ erreichen sollten.
Verfassungsgericht blockiert sich selbst
Ein weiterer Meilenstein wäre ein Gesetz, in dem die Kompetenzen des Obersten Gerichtshofs neu geregelt werden. Im Januar hatte das Parlament einen Entwurf verabschiedet, der unter anderem vorsah, die Disziplinarverfahren am Gerichtshof, mit denen möglicherweise „oppositionelle“ Richter gemaßregelt werden könnten, an das Oberste Verwaltungsgericht zu verlagern. Mit diesem „Kompromiss“ sollte eine Befürchtung Brüssels hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit ausgeräumt werden. Allerdings stellte Präsident Duda sich quer, nannte die geplante Regelung verfassungswidrig und verwies den Entwurf zur Prüfung an das Verfassungsgericht.
Eigentlich wird das Verfassungsgericht von regierungsnahen Richtern dominiert, darunter die Vorsitzende Julia Przyłębska. Seit Dezember befindet es sich jedoch in einer Selbstblockade. Ein Teil der Richter hält Przyłębskas Amtszeit für abgelaufen und fordert eine Neuwahl. Die Vorsitzende argumentiert, sie könne bis Ende 2024 im Amt bleiben, weil eine anderslautende Regelung erst kurz nach ihrer Einsetzung in Kraft getreten sei. Somit kann die Prüfung, von der Milliarden Euro abhängen, bislang nicht erfolgen.
Dudas Kabinettschef Paweł Szrot sagte am Mittwoch: „Der Präsident erwartet, dass das Verfassungsgericht seinen inneren Streit überwindet und sich um diese Angelegenheit kümmert.“ Zudem hat Duda ein neues Wahlgesetz unterschrieben. Es soll in ländlichen Gebieten für mehr Wahllokale sorgen. Kritiker vermuteten, damit wolle die regierende PiS ihre Wählerschaft besser mobilisieren. Szrot erwiderte, das Gesetz sei „pro Wahlbeteiligung“ und deshalb positiv zu sehen.
Source: faz.net