Truss und Johnson dagegen: Unterhaus billigt neues Nordirland-Abkommen

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Das britische Unterhaus hat mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der nordirischen Demokratischen Unionisten (DUP) und einigen Abgeordneten der konservativen Regierungspartei die Veto-Klausel der neuen Nordirland-Vereinbarung zwischen London und Brüssel gebilligt. 515 Abgeordnete haben dem neuen „Windsor-Abkommen“ die Zustimmung erteilt. 29 Abgeordnete stimmten dagegen. Zu ihnen gehörten wie zuvor angekündigt die früheren konservativen Premierminister Liz Truss und Boris Johnson.

Das neue Abkommen, welches das mit vielen bürokratischen Regelungen bestückte Nordirland-Protokoll ablöst, soll an diesem Freitag vom britischen Außenminister James Cleverly und dem zuständigen EU-Kommissar Maroš Šefčovič formell in Kraft gesetzt werden. Premierminister Rishi Sunak sagte am Mittwoch, das von ihm mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vereinbarte Abkommen „sichert den Platz Nordirlands in unserem hochgeschätzten Vereinigten Königreich“. Nordirlandminister Chris Heaton-Harris erneuerte das Versprechen, Nordirland werde wirtschaftlich von den Regelungen des Abkommens profitieren und einen „nie dagewesenen“ Aufschwung nehmen.

DUP will direkt von London regiert werden

Heaton-Harris argumentierte gegen Einwände, dass in Nordirland weiterhin das Recht der EU gelten müsse, da die Region ein Teil des Binnenmarktes bleibe. Er sagte, lediglich drei Prozent der europäischen Regelungen behielten in Nordirland ihre Gültigkeit, dies sei „der Preis für den Zugang zum europäischen Binnenmarkt“. Für alle neuen EU-Bestimmungen, die in Nordirland angewendet werden könnten, gelte die neue „Stormont-Bremse“, eine Veto-Regel, die nach dem Sitz des nordirischen Regionalparlaments Stormont House benannt ist. Sie sieht vor, dass 30 Mitglieder des Regionalparlaments aus zwei verschiedenen Parteien gegen die Geltung neuer EU-Regeln einen Einspruch einlegen können, der dann von der britischen Regierung aufgenommen und bestätigt werden müsste. Sollte die EU dann dennoch auf der Einführung neuer Regeln beharren, müsste ein gemeinsames Gremium zur Streitschlichtung tätig werden.

Die oppositionelle Labour-Partei argumentierte, sie unterstütze das Windsor-Rahmenabkommen geschlossen und trage dem „nationalen Interesse Rechnung, während die regierenden Konservativen ein weiteres Mal ihre Uneinigkeit demonstrierten.

Der DUP-Unterhausabgeordnete Ian Paisley Junior, jüngster Sohn des DUP-Gründer Ian Paisley, warf den konservativen Regierungen unter Theresa May, Boris Johnson und Sunak vor, Nordirland verraten zu haben. Paisley bestritt, dass sich seine Partei mit der fortgesetzten Ablehnung eines Abkommens zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU über die nordirischen Handelsfragen in eine Sackgasse manövriert habe. Die größte Partei der protestantischen Unionisten, die Nordirland als einen festen Bestandteil im Vereinigten Königreich halten will, wirkt seit Mai vergangenen Jahres nicht mehr an der gemeinsamen Regionalregierung mit den irischen Nationalisten in Belfast mit. Die DUP hatte bei der vorangegangenen Wahl in Nordirland ihre Position als stärkste Partei an die katholisch-nationalistische Sinn Fein abgeben müssen und damit das Recht verloren, den Ersten Minister der Regionalregierung zu stellen; sie müsste sich in einer gemeinsamen Regierung mit Sinn Fein gemäß der Bestimmungen des vor 25 Jahren von Protestanten und Katholiken geschlossenen Karfreitagsabkommens mit der Stellung des stellvertretenden Ersten Ministers begnügen.

Paisley bestritt am Mittwoch, dass die damalige Wahlniederlage das wahre Motiv der DUP für ihren Rückzug gewesen sei. Er gab an, seine Partei folge den demokratischen Spielregeln, zu denen auch das Recht gehöre, die gemeinsame Regionalregierung mit den irischen Nationalisten zu boykottieren. Paisley sagte, nun müsse Nordirland eben wieder direkt von der britischen Regierung in London und deren Nordirlandminister regiert werden.

Source: faz.net