EZB geht nächsten Schritt für eine grünere Ausrichtung
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist am Donnerstag einen weiteren Schritt auf ihrem Plan für ein „Greening“, also eine klimafreundlichere Ausrichtung der Notenbank, gegangen: Das war die Offenlegung („Disclosure“) von CO2-Emissionen und CO2-Fußabdruck der Unternehmen aus ihren Anleiheportfolios.
Ergänzt werden diese Berichte jetzt nach und nach durch ähnliche Auswertungen der nationalen Notenbanken des Eurosystems wie der Bundesbank. In dem umfangreichen Zahlenwerk widmet sich die EZB zunächst den Unternehmensanleihen in ihren geldpolitischen Beständen aus dem älteren Anleihekaufprogramm APP und dem Krisenprogramm PEPP – sowie den nichtgeldpolitischen Anleihebeständen etwa im Pensionsfonds für Mitarbeiter und im sogenannten Eigenmittelportfolio.
Gesamtausstoß steigt – Emissionsintensität geht zurück
Die zentralen Ergebnisse: Für die Anleihebestände aus den geldpolitischen Anleihekaufprogrammen wird zwischen 2018 und 2022 eine deutliche Zunahme des zusammengerechneten CO2-Ausstoßes registriert; allerdings steht dahinter vor allem die Zunahme der entsprechenden Anleihebestände selbst.
Der Ausstoß der einzelnen Emittenten im Verhältnis zu ihrem Umsatz sei hingegen zurückgegangen, berichtet die EZB: Die Emissionsintensität lag im vierten Quartal 2022 laut EZB im Schnitt bei unter 200 Tonnen CO2-Ausstoß je Umsatzmillion. In den ersten neun Monaten 2022 waren es noch fast 400 Tonnen gewesen. Als Ursache sieht die Notenbank die Bemühungen der Unternehmen selbst um eine Verringerung ihrer Emissionen und eine Steigerung der Kohlenstoffeffizienz.
Bei diesen geldpolitischen Anleiheprogrammen setzt die EZB seit Oktober vergangenen Jahres „grüne“ Kriterien ein, wenn auslaufende Unternehmensanleihen durch neue ersetzt werden. Auch dieser Schritt zeige schon erste Auswirkungen auf den zusammengerechneten CO2-Ausstoß, berichtet die Notenbank.
Allerdings machen diese Anleihen nur einen kleinen Teil der Gesamtbestände aus, zumal die Notenbank diese Reinvestitionen im älteren Anleiheprogramm APP seit März im Zuge der geldpolitischen Straffung langsam etwas zurückfährt.
Während die Notenbank bei den geldpolitischen Anleiheprogrammen wegen möglicher Konflikte mit den geldpolitischen Zielen mit dem „Greening“ eher vorsichtig vorgeht, kann sie dieses bei den Eigenmittelportfolios und dem Pensionsfonds für Mitarbeiter schon kräftiger betreiben.
So hat die Notenbank den Anteil von explizit „grünen“ Anleihen im Eigenmittelportfolio von etwa 1 Prozent im Jahr 2019 auf 13 Prozent im vergangenen Jahr erhöht. Ziel bis Ende dieses Jahres sei es, auf 15 Prozent zu kommen.
Da dieses Portfolio hauptsächlich aus Staatsanleihen des Euroraums besteht, hänge seine Dekarbonisierung weitgehend von den Bemühungen der Länder ab, ihre Emissionen zu reduzieren und die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, berichtet die EZB.
Auch über ihren Pensionsfonds schreibt die Notenbank, hier habe man mehr als bei den geldpolitischen Anleiheprogrammen machen können: So sei es gelungen, den zusammengerechneten CO2-Ausstoß zwischen 2019 und 2022 mehr als zu halbieren.
EZB-Präsidentin Lagarde spricht von „weiterem Puzzlestück“
Für die geldpolitischen Anleihekäufe hat die EZB ein sogenanntes Scoring-System entwickelt, mit dem sie Unternehmensanleihen nach Klimakriterien bewertet. Es besteht aus drei Elementen: Als Erstes wird der CO2-Ausstoß des Unternehmens berücksichtigt. Als Zweites seine Bemühungen, hieran etwas zu ändern. Und als Drittes die Transparenz, mit der das Unternehmen über all das berichtet.
Anders als Umweltschutzorganisationen wie etwa Greenpeace fordern, verzichtet die EZB dabei nicht gänzlich auf Anleihen beispielsweise von Ölunternehmen.
„Diese Offenlegungen sind ein weiteres Puzzlestück in unseren Bemühungen, zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen“, kommentierte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. „Sie geben uns einen klaren Überblick über unsere Fortschritte bei der Dekarbonisierung unserer Portfolios und werden uns im Laufe der Zeit helfen, den effektivsten Kurs zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens zu finden.“
Diskutiert wird in der EZB, auch die Staatsanleihen stärker in das „Greening“ einzubeziehen. Fehle es in manchen Ländern an „grünen“ Anleihen, könne man dafür auf supranationale Emissionen zurückgreifen.
Zudem hatte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel ins Gespräch gebracht, die Bestände an Unternehmensanleihen aktiv nach „grünen“ Kriterien umzuschichten, wenn das Reinvestieren der Gelder aus fällig werdenden Anleihen im Zuge der geldpolitischen Straffung an Bedeutung verliere.
Source: faz.net