Die Linke: Gregor Gysi fordert Absenkung der Fünfprozenthürde

Get real time updates directly on you device, subscribe now.

Linkenpolitiker Gregor Gysi: Mit Absenkung der Fünfprozenthürde »höchstrichterlich festgelegte Ziele erreichbar«

Linkenpolitiker Gregor Gysi: Mit Absenkung der Fünfprozenthürde »höchstrichterlich festgelegte Ziele erreichbar«


Foto: IMAGO/Jean MW / IMAGO/Future Image

Der Linkenpoli­tiker Gregor Gysi fordert die Ampelkoalition auf, wegen der gestrichenen Grundmandatsklausel im neuen Wahlrecht die Fünfprozenthürde zu senken, um eine Auseinandersetzung vor dem Bundesverfassungsgericht zu vermeiden.

Wegen der Grundmandats­klausel konnte eine Partei, die bei der Bundestagswahl unter fünf Prozent landete, entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einziehen, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewann. Über diese Regel kam die Linke bei der Bundestagswahl 2021 mit 39 Abgeordneten ins Parlament, obwohl sie bei 4,9 Prozent lag.

Wehe, wenn du älter wirst

Die Babyboomer haben mehr Macht und Geld als wohl alle Generationen zuvor. Und doch werden Menschen über 60 in Deutschland oft übergangen, verspottet, ausgegrenzt. Viele fühlen sich diskriminiert, ob im Beruf oder im Alltag. Hat Würde ein Verfallsdatum?

Lesen Sie unsere Titelgeschichte, weitere Hintergründe und Analysen im digitalen SPIEGEL.



Zur Ausgabe




»Wenn die Ampelkoalition keinen verfassungsrechtlichen Streit riskieren will, muss sie die Prozenthürde auf 3 oder 3,5 Prozent senken«, sagte Gysi dem SPIEGEL. Er argumentiert mit der grundgesetzlich verankerten Chancengleichheit der Parteien. So habe das Bundesverfassungsgericht die Hürde bei den Europawahlen gekippt, sie für die Bundestagswahl aber bestätigt. Zudem habe es schon früher darauf hingewiesen, »dass die Grundmandatsregel zur Repräsentanz des Wählerwillens beitrage«, so Gysi.

Verfassungsrechtler argumentierten ähnlich

Wenn also die Direktmandatsregel wegfalle, müsse auch die prozentuale Hürde gesenkt werden, findet der Linkenpoli­tiker. Damit würden die »höchstrichterlich festgelegten Ziele erreichbar«. Klagen oder Beschwerden in Karlsruhe seien dann mit großer Wahrscheinlichkeit überflüssig.

Die Ampelkoalition hatte die Grundmandatsklausel bei ihrer Wahlrechtsreform überraschend gestrichen, was für erheblichen Protest in der Opposition gesorgt hatte. Hintergrund waren verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Klausel in dem neuen Wahlrechtssystem weniger zu rechtfertigen ist.


Von der Streichung könnten die Linke, aber auch die CSU betroffen sind, wenn diese bundesweit unter fünf Prozent fällt. Nach SPIEGEL-Informationen verhandelt die Regierung dazu derzeit noch mit der Opposition, um die Reform nachzubessern.

Der Verfassungsrechtler Christoph Möllers hatte die Bundesregierung bei der Reform beraten, hätte die Beibehaltung der Klausel aber für sinnvoll gehalten. »Die Abschaffung der Klausel lässt den Eindruck zu, als wollte die Regierung mit der Reform der CSU und den Linken schaden, obwohl gerade die SPD durchaus auch einen Preis für die Reform zahlen dürfte. Das ist politisch ungünstig«, sagte er im SPIEGEL-Interview. Zugleich wies er darauf hin: »Hätte die Ampel die Grundmandatsklausel bewahrt, hätte die Union sich gerade darüber beklagt.«


Mehr zum Thema

Tatsächlich hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich im Bundestag gesagt, die Union hätte sich bei einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht auf die Grundmandatsklausel bezogen, wenn sie beibehalten worden wäre.

Ähnlich wie Möllers hatte sich der Verfassungsrechtler Joachim Behnke in einem Gastbeitrag für den SPIEGEL  geäußert. »Falls man die Beibehaltung der Grundmandatsklausel aus verfassungsrechtlichen Gründen für bedenklich hielt, hätte man auch über Alternativen nachdenken können, um die Befürchtungen von der Linken und der CSU auszuräumen, man wolle bewusst ihre Existenz gefährden«, so Behnke.

Neben der Absenkung der Fünfprozenthürde macht Behnke weitere Vorschläge. So brachte er einen »multikriteriellen Mechanismus« ins Spiel. Demnach wären zum Einzug ins Parlament fünf Prozent der Stimmen bundesweit notwendig, zehn Prozent in mindestens vier Bundesländern oder jeweils mindestens 30 Prozent in so vielen Bundesländern, die zusammen (oder allein) mindestens zehn Prozent der Bevölkerung enthalten.