Gunther Hirschfelder: “Metaphorisch steht die Spargelsaison für unser Leben”
Der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder sagt, junge Menschen lehnten Spargel ab, weil er für soziale Ungleichheit stehe. Und überhaupt: Die jungen Leute würden lieber nur mit dem Löffel essen, damit sie am Handy hängen können. Ist das sein Ernst? ZEIT Campus hat ihn angerufen.
ZEIT Campus: Herr Hirschfelder, vor wenigen Tagen lief auf RTL der Große Spargel-Report. Wohl zu keinem anderen Lebensmittel würde es so etwas geben. Woher hat der Spargel in Deutschland so eine quasi-legendäre Stellung?
Gunther Hirschfelder: Der Spargel war schon immer da, wir kennen ihn, wir wissen, wo er herkommt. Anders als Zucchini oder Avocado. Der Spargel steht für Gesundheit und Wohlstand in der Nachkriegszeit. Dazu gibt es ihn nur im Frühling, wodurch ihn viele Menschen positiv wahrnehmen. Diese ganzen Gefühle bündeln sich im Spargel.
ZEIT Campus: Sie haben der dpa kürzlich gesagt, dass sich jüngere Leute vom Spargel abwenden würden. Ihre Begründung: “Das passt überhaupt nicht dazu, dass man beim Essen mit dem Handy spielt. Sie brauchen am besten Dinge, die sie mit einem Löffel essen können.” Ist das Ihr Ernst?
Hirschfelder: Diese Aussage ist natürlich etwas reduziert. Tatsächlich gibt es mehrere Gründe dafür, dass inzwischen nur noch jeder zweite junge Mensch angibt, Spargel zu mögen. Zum einen liegt es daran, dass sich junge Menschen von den Traditionen der älteren abwenden. Zum anderen gibt es einen generellen Trend: die Abkehr vom sogenannten Komponentengericht.