News: Krönung von Charles III., Markus Söder, Nancy Faeser

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Krönung I

Sind Sie auch so aufgeregt? Weil heute wird er gekrönt. 2000 geladene Gäste, Zehntausende Royalisten auf den Straßen Londons, Hunderte Millionen Menschen weltweit werden einschalten.

Ein 74-Jähriger namens Charles Philip Arthur George Mountbatten-Windsor (König) bekommt mittags von einem anderen Mann namens Justin Welby (Erzbischof) eine Krone auf den Kopf gesetzt sowie Öl (heilig) auf Hände, Brust und Kopf verteilt. Auf dass der Monarch von einem höheren Wesen (Gott) gewählt sei. One God, one Vote.

Regent Charles III.

Regent Charles III.


Foto: TOBY MELVILLE / REUTERS

74 Jahre hat Charles auf diesen Moment gewartet, also ist das sicher ein schöner Tag für den König. Seine Gattin Camilla (bekommt auch eine Krone) darf sich fortan Queen nennen. Wer hätte das gedacht nach der Vorgeschichte. Sie erinnern sich, die Achtzigerjahre, Lady Di, der unglückliche Prinz, die unglückliche Prinzessin und alles, was daraus folgte.

Und nun? »Diese Krönung«, sagt meine Kollegin und King/Queen-Expertin Patricia Dreyer über den in wenigen Stunden Gesalbten, »ist wahrscheinlich der Höhepunkt seiner Regentschaft«. Denn Charles, siehe oben, darf erst so ungemein spät ran, nicht wie seine Mutter mit 27. Kein britischer König war zum Zeitpunkt seiner Krönung älter als Charles.

Und selbst wenn wir darauf setzen, dass sich der liebe Gott wegen Justin Welbys Fürsprache ganz besonders gnädig zeigt – auf 70 Thronjahre wie Elizabeth II. wird Charles III. nicht kommen.

Ob Fan des britischen Königshauses oder nicht – Sie können heute selbstverständlich das volle Programm auf SPIEGEL.de verfolgen. So machen gemeinsam mit Patricia die Kolleginnen Anja Rützel und Maren Keller ab 11.20 Uhr den sicher sehr unterhaltsamen Liveticker, die Krönung selbst können Sie sich im Livestream anschauen.

Was für ein König wird denn wohl dieser Mann? Wird er sich politisch einmischen? (Das wäre doch schade, wenn er das täte, schließlich hat ihn kein Staatsvolk auf den Thron gewählt). Unser London-Korrespondent Jörg Schindler schreibt: »Charles III. ist, anders als seine Mutter, nicht bekannt dafür, Kontroversen aus dem Weg zu gehen. Manche fürchten – oder hoffen – gar, der Neue auf dem Thron könne als ‘Meddling Monarch’, als Einmisch-Regent, das Königshaus existenziell gefährden.«

Jörg erinnert daran, dass sich der König als Prinz auf nahezu jedes Lebens- und Politikthema gestürzt hat. Vor ein paar Jahren wurden Briefe mit Ratschlägen an Mandats- und Verantwortungsträger bekannt, da ging es Charles unter anderem ums Schicksal von Seevögeln, den Schutz historischer Gebäude oder die systematische Tötung von Dachsen. Na, das mag heiter werden auf dem Chefsessel.

Aber es gibt auch Schimmer der Hoffnung. Wenige Wochen nach dem Tod von Elizabeth II. letztes Jahr glaubten nur noch 55 Prozent der Briten, die Monarchie sei gut für ihr Land. Wenn Charles III. diesen Wert weiter deutlich nach unten drücken kann, dann wird er auch für mich ein großer, vielleicht letzter Monarch.

Krönung II

Bei der Christenunion können sie auch Krönung, sogar demokratisch. Na gut, Gegenkandidaten gibt es nicht. Heute beim CSU-Parteitag in Nürnberg wird Markus Söder offiziell als Spitzenkandidat für die bayerische Landtagswahl am 8. Oktober nominiert. Ein Parteitag als Wahlkampfauftakt.

Regent Söder

Regent Söder


Foto: IMAGO / IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Als Zugabe gibt es bei Söders Krönung kein Öl, sondern ein Grundsatzprogramm. Das bislang gültige ist noch gar nicht so alt, stammt aus dem Jahr 2016 und trägt den strammen Titel »Die Ordnung.«. Mit so einem Basta-Punkt hinten dran. Sie erinnern sich, 2016, das war das Jahr nach der Flüchtlingskrise.

Das neue Programm soll »Für ein neues Miteinander« heißen und stiehlt Söder sicher nicht die Show. Wenn die CSU-Strategen mich Hobby-Strategen mal gefragt hätten – was sie noch nie getan haben, aber egal – ich hätte ganz schlicht »Söder!« drüber geschrieben. Ausrufezeichen ist noch mehr Basta als Punkt.

Apropos Strategie: Für ein bisschen Aufregung im Netz sorgt ein Tweet von Ex-CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer , Ortsmarke Tallahassee in Florida: »Die starken strategischen und außenpolitischen Einschätzungen des Gouverneurs heben die transatlantische Zusammenarbeit hervor.«

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Es folgt ein Bild von Floridas Rechtsaußen-Gouverneur und möglichem republikanischen Präsidentschaftsbewerber Ron DeSantis mit Scheuer, dem »Internationalen Sekretär der CSU« und Bundestagsabgeordneten Florian Hahn sowie der stellvertretenden Unionsfraktionschefin Dorothee Bär.

Wolfgang Ischinger, früherer Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, verteidigt die CSU-Combo auf Twitter gegen die Kritik: »Diplomatie heißt, insb. auch mit Gegnern zu reden.« Nur sieht das Gruppenbild so gar nicht nach Gegnerschaft aus. Aber hey, bestimmt täusche ich mich da.

Scheuer schreibt zudem: Er habe eine »gemeinsame amerikanisch-europäische Strategie mit den Asien-Pazifik-Staaten vorgeschlagen«.

Dann kann strategisch wirklich nichts mehr schiefgehen.

Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • »Zweck des Fluges war es, Putin eine Ohrfeige zu verpassen«: Wer ist für die Explosion über dem Kreml verantwortlich? Wolodymyr Jazenko behauptet, es zu wissen. Der ukrainische Geschäftsmann hat ein Preisgeld ausgelobt für Drohnen, die am 9. Mai Moskaus Siegesparade stören. 

  • Wie gut ist die Ukraine für die neue Offensive gerüstet? Seit Wochen wird über die Taktik der Ukrainer spekuliert: Welche Ziele attackiert werden könnten, welche Waffen helfen. Doch was ist, wenn sie scheitert?

  • Prigoschin kündigt Abzug der Wagner-Söldner für kommende Woche an: Erst wettert er wüst gegen den eigenen Verteidigungsminister, kurz darauf verliest er stoisch eine offizielle Erklärung: Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin droht damit, die russische Armee im Kampf um Bachmut alleinzulassen.

  • Newsblog

Wie einst Horst Seehofer

Wir müssen noch mal für einen kleinen Moment zurück zur CSU. Weil in diesen Tagen in der Migrationspolitik ein Konzept wieder in Mode kommt, das schon der frühere CSU-Innenminister Horst Seehofer verfolgte. Da ist die Sache mit den Aufnahmezentren: Alle Menschen, die Asyl beantragen wollen, sollen an Europas Außengrenzen erfasst werden – und für einige soll möglichst schnell die Entscheidung fallen, ob sie bleiben dürfen.

So ähnlich plante es in der GroKo-Zeit der Minister Seehofer (und scheiterte), so will es nun Innenministerin Nancy Faeser von der SPD (und spricht von einem »historischen Momentum«).

Regentin-Kandidatin Faeser

Regentin-Kandidatin Faeser


Foto: Arne Dedert / picture alliance/dpa

Seehofer, daran erinnert ein Team um meinen Kollegen Wolf Wiedmann-Schmidt in der Faeser-Story, skizzierte im September 2019 seine Idee für den SPIEGEL auf einer Papierserviette. Darauf kritzelte er die Umrisse Europas, an den Grenzlinien kleine Kästchen: die Aufnahmezentren. Aussichtslose Kandidatinnen und Kandidaten sollten unmittelbar in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Alle anderen Schutzsuchenden sollten auf die EU-Staaten verteilt werden.

Nach Faesers Vorstellung nun wird zumindest ein Teil der Asylverfahren künftig an die Außengrenzen Europas verlagert. Migranten aus Ländern mit Anerkennungsquoten unter 15 Prozent sollen die Schnellverfahren an der Grenze durchlaufen. Im Fall einer Ablehnung sollen die Bewerber direkt in ihre Heimat abgeschoben werden. Das dürfte etwa Menschen aus Pakistan, Bangladesch, Marokko oder Georgien betreffen. Alle anderen Geflüchteten, die aus Ländern mit höheren Anerkennungsquoten kommen, etwa aus Syrien und Afghanistan, sollen weiter wie bisher behandelt werden.

Die Innenministerin hofft auf einen zeitnahen Durchbruch mit weiteren EU-Staaten, schreiben Wolf und Co.: »Das würde auch die Städte und Gemeinden in Deutschland entlasten, die seit Monaten beklagen, dass sie kaum mehr Schlafplätze für die vielen Geflüchteten finden.«

Es ist ein restriktiverer Kurs in der Flüchtlingspolitik, als ihn die Ampel sich ursprünglich im Koalitionsvertrag vorgenommen hat. »Den Grünen«, weiß Wolf, »fällt es schwer, ihn mitzutragen«.

Aber wenn es gelänge, dann wäre das auch ein ganz persönlicher Durchbruch für Nancy Faeser. Schließlich bewirbt sie sich um die hessische Staatskanzlei. Wie in Bayern wird am 8. Oktober in Hessen gewählt.

Hier geht’s zum aktuellen Tagesquiz


Verlierer des Tages …

… sind die Tories. Bei den Kommunalwahlen in Großbritannien haben die Konservativen von Premier Rishi Sunak eine herbe Schlappe hinnehmen müssen. Alte Hasen fühlen sich offenbar erinnert an den Wahlausgang der Kommunalwahlen von 1996, die die Tories ebenfalls verloren. Im Jahr darauf siegte ein junger Sozialdemokrat namens Tony Blair bei der Parlamentswahl.

Beauty of democracy: Ist es nicht schön, freie, gleiche und geheime Wahlen zu haben? So was funktioniert übrigens auch bei Staatsoberhäuptern.


Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Trump verteidigt in Vernehmungsvideo vulgäre Aussagen: Im Zivilprozess wegen des Vergewaltigungsvorwurfs gegen ihn hat Ex-US-Präsident Donald Trump seine Vulgärsprache in Bezug auf Frauen gerechtfertigt. Seine Aussagen seien »weitgehend wahr«, sagte er.

  • »Lucky Loser« Struff erreicht überraschend das Finale: In der Vorrunde verlor der deutsche Tennisspieler Jan-Lennard Struff gegen den Russen Karazew, zog nur durch die »Lucky Loser« -Regelung ins Hauptfeld ein. Im Halbfinale schlug er Karazew jetzt – und steht vor dem größten Spiel seiner Karriere.

  • Hunderte demonstrieren gegen Netrebko-Auftritt: »Höchst unsensibel«: Der Auftritt der russischen Star-Sopranistin Anna Netrebko bei den Maifestspielen in Wiesbaden sorgt für Empörung. Hunderte protestieren, der Intendant widerspricht den Kritikern.


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Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • Wie Russlands Angriff auf die Ukraine die nukleare Weltordnung bedroht: Verletzt Putin das nukleare Tabu? Atomforscher Siegfried Hecker erklärt, wie der Krieg in der Ukraine auch so schon Gewissheiten zerstört hat, die seit Jahrzehnten dafür sorgen, dass niemand die Waffen einsetzt .

  • »Selbst riesige Seevogelkolonien können in wenigen Tagen ausgelöscht werden«: Hunderttausende Seevögel starben 2022 europaweit an der Vogelgrippe. Jetzt finden sich erneut Tausende tote Tiere entlang einer der wichtigsten Vogelzugrouten. Forscher bangen um zahlreiche Arten .

  • Das seltsame Paralleluniversum von Erzbischof Haas: Das Fürstentum Liechtenstein gilt als Brutstätte erzkonservativer Geistlicher, Erzbischof Wolfgang Haas weihte spätere Coronaleugner und einen mutmaßlichen Triebtäter. Der Vatikan schaute weitgehend tatenlos zu – das könnte sich nun ändern .

  • Vier Dinge, die Sie über Immoscout und Co. wissen müssen: Wer ein Haus oder eine Wohnung sucht, kommt an Immobilienportalen kaum vorbei. Ein Erfolg für die Unternehmen. Doch die Macht der Plattformen ist vielen längst unheimlich – worauf Verbraucher achten sollten .

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Sebastian Fischer, Leiter des SPIEGEL-Hauptstadtbüros