Ukraine-News ++ Zahl russischer Deserteure wohl deutlich gestiegen ++
Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat Angaben des Kreml über die Zahl der im Krieg gegen die Ukraine gefallenen Soldaten widersprochen. Seine Truppe habe in der langwierigen Schlacht um die Stadt Bachmut mehr als 20.000 Kämpfer verloren, sagte er in einem am späten Dienstag veröffentlichten Interview mit dem kremlnahen Journalisten Konstantin Dolgow. Diese Zahl steht in krassem Gegensatz zu den Behauptungen Moskaus, Russland habe nur etwas mehr als 6000 Soldaten während der Invasion verloren.
Etwa 20 Prozent der 50.000 russischen Sträflinge, die er für den seit 15 Monaten andauernden Krieg rekrutiert hatte, seien in der ostukrainischen Stadt umgekommen, sagte Prigoschin weiter. Analysten gehen davon aus, dass allein der vor neun Monaten begonnene Kampf um Bachmut Zehntausende Soldaten das Leben gekostet hat. Berichten zufolge wurden die Strafgefangenen kaum ausgebildet, bevor sie an die Front kamen.
Der Wagner-Chef sagte weiterhin, Russlands Invasionsziel, die Ukraine zu „entmilitarisieren“, sei nach hinten losgegangen. Das ukrainische Militär sei durch Waffenlieferungen und die Ausbildung seiner Soldaten durch westliche Verbündeten stärker geworden. Prigoschin berichtete zudem, dass die Kreml-Kräfte während des Krieges Zivilisten getötet haben, was Moskau wiederholt und vehement bestritten hat.
Es sei möglich, dass die für die kommenden Wochen erwartete Gegenoffensive Kiews bei anhaltender westlicher Unterstützung die russischen Streitkräfte aus der Süd- und Ostukraine sowie der annektierten Krim verdrängen könnte. „Ein pessimistisches Szenario: Die Ukrainer erhalten Raketen, sie bereiten Truppen vor, natürlich werden sie ihre Offensive fortsetzen und versuchen, einen Gegenangriff zu starten“, sagte Prigoschin in dem Interview. Die Ukrainer würden die Krim angreifen und versuchen, die Brücke von der Halbinsel zum russischen Festland zu sprengen sowie russische Versorgungslinien abzuschneiden. „Deshalb müssen wir uns auf einen harten Krieg vorbereiten“, so Prigoschin.
Aktuelle Entwicklungen im Liveticker:
14:52 Uhr – Steinmeier: Deutschland beteiligt sich an Stärkung der Nato-Ostflanke
Deutschland wird nach Angaben von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seinen Beitrag zur weiteren Stärkung der Nato-Ostflanke als Reaktion auf den Ukraine-Krieg leisten. Man sei nicht nur bereit, die Nato allgemein in ihrer Verteidigungsfähigkeit mehr zu unterstützen, sagte Steinmeier am Mittwoch in der rumänischen Hauptstadt Bukarest nach einem Gespräch mit Präsident Klaus Iohannis. „Sondern wir wissen insbesondere, dass die Ostflanke gestärkt werden muss, auch durch Präsenz gestärkt werden muss.“
Steinmeier verwies auf die dazu bereits von Deutschland geleisteten Beiträge – zum Beispiel die Beteiligung an der Luftraumüberwachung am östlichen Rand des Bündnisses. Derzeit arbeite die Nato an einem Konzept hierfür für die Zukunft. „Deutschland wird sich seiner Verantwortung dabei nicht entziehen“, betonte der Bundespräsident. Zugleich versicherte er Iohannis: „Wir sehen die rumänischen Sicherheitsbedürfnisse mit ganz besonderer Sensibilität.“
12:35 Uhr – Russland: Westen zunehmend in Ukraine-Konflikt involviert
Russland macht eine wachsende direkte und indirekte Beteiligung des Westens im Ukraine-Konflikt aus. Zu Berichten über den Einsatz westlicher Waffen beim Einfall pro-ukrainischer Kämpfer in die russische Grenzregion Belgorod von der Ukraine her, äußerte sich Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow nicht überrascht. Es sei kein Geheimnis, dass die ukrainischen Streitkräfte immer mehr Ausrüstung aus dem Westen erhielten.
Das russische Militär teilte am Dienstag mit, es habe Militante, die am Vortag mit gepanzerten Fahrzeugen angegriffen hatten, in die Flucht geschlagen, dabei mehr als 70 „ukrainische Nationalisten“ getötet und die übrigen in die Ukraine zurückgedrängt. In russischen Staatsmedien ausgestrahlte Bilder zeigten zerstörte Fahrzeuge und teilweise in den USA hergestellte Militärausrüstung.
12:27 Uhr – Polen plant Kauf moderner U-Boote
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs will Polen seine Marine mit modernen U-Booten ausstatten. „Wir planen, noch in diesem Jahr ein Verfahren zum Kauf von U-Booten und zum Transfer der erforderlichen Technologien einzuleiten“, sagte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak in Warschau. Sein Ressort werde in Kürze mehr Details dazu veröffentlichen, wie viele U-Boote angeschafft werden sollen und welche Ausstattung sie haben werden.
Derzeit verfügt Polens Marine über ein einziges U-Boot sowjetischer Bauart. Die 1985 zu Wasser gelassene „Orzel“ wurde nach Berichten polnischer Medien in den Jahren 2020 und 2021 zehn Mal repariert, sie soll aktuell nicht vollständig diensttauglich sein.
12:22 Uhr – Russlands Regierungschef lobt starken Handel mit China
Der russische Regierungschef Michail Mischustin hat bei seinem Besuch in Peking die starke wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China gelobt. Wie die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete, zeigte sich Mischustin bei einem Treffen mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang am Mittwoch zuversichtlich, dass beide Staaten in diesem Jahr „vor dem Zeitplan“ die Marke von umgerechnet 200 Milliarden US-Dollar im gegenseitigen Handel überschreiten werden.
Als Zeichen der engen Zusammenarbeit würden bereits 70 Prozent der gegenseitigen Transaktionen in den beiden Landeswährungen und nicht mehr in Dollar abgewickelt, betonte Mischustin. Er traf im Anschluss auch Staats- und Parteichef Xi Jinping, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.
12:11 Uhr – Außergewöhnlich viele Russen nach Finnland eingewandert
Im Jahr des russischen Einmarsches in die Ukraine sind so viele Menschen aus Russland ins benachbarte Finnland eingewandert wie seit mindestens 30 Jahren nicht mehr. 2022 verzeichnete Finnland mehr als 6000 Einwanderer aus Russland, was mehr als dem Doppelten des Vorjahreswertes entsprach. Das ging aus Zahlen hervor, die die finnische Statistikbehörde veröffentlichte. Nicht einmal 1991 – dem Jahr des Zusammenbruchs der Sowjetunion – war dieser Wert so hoch gewesen.
Generell verzeichnete Finnland 2022 einen Rekordwert bei den Einwanderungszahlen, die in den Vorjahren zwischen 29.000 bis 36.000 Menschen pro Jahr gelegen hatten: Fast 50.000 Menschen kamen demnach im vergangenen Jahr in das nördlichste Land der EU. Da es bei den Werten explizit um Einwanderer und nicht um Flüchtlinge geht, sind Schutzsuchende aus der Ukraine da noch nicht eingerechnet. Nach Angaben des finnischen Rundfunksenders Yle haben 2022 mehr als 45 000 Ukrainerinnen und Ukrainer Schutzstatus in dem 5,5-Millionen-Land erhalten.
12:00 Uhr – Zahl russischer Deserteure wohl deutlich gestiegen
Die Zahl der russischen Deserteure im Krieg gegen die Ukraine hat nach Angaben britischer Geheimdienste zuletzt deutlich zugenommen. Zwischen Januar und Mai hätten russische Militärgerichte insgesamt 1053 Fälle von Fahnenflucht behandelt, teilte das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch unter Berufung auf Recherchen unabhängiger russischer Journalisten mit. Das sei mehr als im Gesamtjahr 2022. Gerichtsakten würden darauf hinweisen, dass die meisten Deserteure zu Bewährungsstrafen verurteilt würden, um sie erneut im Krieg einsetzen zu können.
„Das russische Militär hat seit Beginn der Operationen in der Ukraine Mühe, Disziplin in den eigenen Reihen durchzusetzen, aber diese Probleme haben sich höchstwahrscheinlich seit der erzwungenen Mobilmachung von Reservisten im Oktober 2022 verschlimmert“, hieß es in London. „Die russischen Bemühungen zur Verbesserung der Disziplin konzentrierten sich darauf, an Fahnenflüchtigen ein Exempel zu statuieren und patriotischen Eifer zu fördern, statt sich mit den Grundursachen der Ernüchterung der Soldaten zu befassen.“
11:43 Uhr –Russland: Krim-Brücke wegen Übungen gesperrt
Die strategisch wichtige Krim-Brücke ist nach Angaben des russischen Statthalters auf der von Russland annektierten Halbinsel für mehrere Stunden geschlossen worden. Grund seien „laufende Übungen in dem Gebiet“, erklärt Sergej Axjonow auf Telegram. Die Brücke verbindet das russische Festland mit der Krim.
09:28 Uhr – 55 von 2485 russischen Kriegsdienstverweigerern erhielten bisher Asyl
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine im Februar 2022 bis Ende April dieses Jahres haben 2.485 männliche russische Staatsangehörige im wehrfähigen Alter einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, die dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ vorliegt. Laut Zeitung wurde in 814 Fällen über die Anträge entschieden, davon 55 positiv und 88 negativ. In den verbleibenden 671 Fällen kam es zu einer „formellen Verfahrenserledigung“.
Als „formelle Verfahrenserledigung“ bezeichnet das Ministerium „Entscheidungen im Dublin-Verfahren“ oder die „Rücknahme des Asylantrags“. Als wehrfähig gelten russische Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren. Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, sind noch 1.671 Verfahren anhängig.
08:52 Uhr – Luftwaffen-Inspekteur hält deutsche Beteiligung an Kampfjet-Koalition für möglich
Der Inspekteur der Luftwaffe hält einen deutschen Beitrag zur ukrainischen Kampfjet-Koalition für möglich, obwohl Deutschland nicht über die von Kiew bevorzugten Maschinen verfügt. „Nationen, die keine F-16 haben, können hier eher am Rande unterstützen wie bei Infrastruktur oder auch Ausbildung“, sagte Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz dem Berliner „Tagesspiegel“. Gerhartz wies darauf hin, dass Flugzeuge innerhalb der Nato interoperabel nutzbar seien – die Bewaffnung eines deutschen Eurofighters könne also problemlos auf eine F-16 für die Ukraine übertragen werden. Wie sich Deutschland beteiligen werde, sei eine politische Entscheidung.
08:00 Uhr – Russische Behörden melden Drohnenangriff in Belgorod – Lage weiterhin angespannt
Nach Kämpfen in der russischen Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine bleibt die Lage am Mittwoch unübersichtlich. Zwar haben die Behörden der Region Belgorod den unter Verweis auf Kämpfe verhängten Alarmzustand wieder aufgehoben. Der rechtliche Zustand einer „Anti-Terror-Operation“ sei beendet, teilte Gebietsgouverneur Wjatscheslaw Gladkow bei Telegram mit.
Später bestätigte Gladkow Berichte über eine Explosion in Belgorod am Dienstagabend. Nach seiner Darstellung wurde von einer Drohne ein Sprengsatz auf die Fahrbahn abgeworfen. Dabei sei ein Auto beschädigt worden, schrieb der Gouverneur und veröffentlichte ein Foto von einem Fahrzeug mit Dellen und Rissen in der Frontscheibe. Nach vorläufigen Angaben sei niemand verletzt worden.
07:39 Uhr – Frauenkirche in Dresden soll wieder beleuchtet werden
Ende einer Energiesparmaßnahme: Die Frauenkirche in Dresden soll ab dem kommenden Wochenende wieder beleuchtet werden. Das berichtet die „Bild“-Zeitung und beruft sich auf eine Anfrage an die Geschäftsführerin der Stiftung Frauenkirche Dresden, Maria Noth, und Pfarrer Markus Engelhardt. „Wir haben ein wachsendes Bedürfnis in der Bürgerschaft gespürt, die Frauenkirche als ihr städtisches Wahrzeichen und als Zeichen der Zuversicht abends wieder zu sehen“, zitiert die Zeitung die beiden. Als Zeichen „gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine“ werde die Beleuchtung allerdings in reduzierter Form ohne externe Strahler erfolgen, indem nur die Kuppel angestrahlt werde.
Der Blick auf die Dresdner Altstadt: Die Frauenkriche war als einziges Gebäude bisher noch immer ohne Beleuchtung
Quelle: dpa/Robert Michael
Um in der Energiekrise Strom zu sparen, war die berühmte Stadtsilhouette von Dresden ein halbes Jahr lang nachts nicht beleuchtet worden. Anfang Mai hatten sich die Stadt Dresden und das sächsische Finanzministerium darauf verständigt, historisch bedeutsame Gebäude wieder anzustrahlen. Die Stiftung Frauenkirche hatte sich jedoch zunächst entschlossen, die Beleuchtung der berühmten Kirche nicht wieder einzuschalten.
07:05 Uhr – China will Zusammenarbeit mit Russland „auf neue Stufe“ heben
China will seine Kooperation mit Russland ausbauen. Die Volksrepublik sei bereit, die Zusammenarbeit mit Russland in verschiedenen Bereichen voranzutreiben und auf eine „neue Stufe“ zu heben, sagt Ministerpräsident Li Qiang bei einem Treffen mit dem russischen Regierungschef Michail Mischustin in Peking. Mischustin ist der ranghöchste Vertreter der russischen Führung, der die chinesische Hauptstadt seit Beginn der Ukraine-Invasion Ende Februar 2022 besucht.
06:45 Uhr – Kreml lehnt „Einfrieren“ des Krieges ab
Die russische Führung hält nach eigenen Angaben an ihren Zielen im Krieg mit der Ukraine fest. „Russland zieht nur die Vollendung seiner speziellen Militäroperation in Betracht“, sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass auf die Frage, ob Russland die Möglichkeit eines Einfrierens des Konflikts in Betracht ziehen würde. Russland werde entweder durch die spezielle Militäroperation oder durch andere verfügbare Mittel seine Interessen sichern und alle seine Ziele erreichen.
00:31 Uhr – Russischer Gouverneur: Erneuter Drohnen-Angriff auf Belgorod
Der Gouverneur der russischen Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, hat auf seinem Telegram-Kanal von einem von einer Drohne abgeworfenen Sprengsatz berichtet. Es habe keine Verletzten gegeben, schrieb er zu einem Bild eines beschädigten Autos. Eine Drohne sei später durch Flugabwehrfeuer abgeschossen worden.
23:03 Uhr – Selenskyj will Marineinfanterie ausbauen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Marineinfanterie des Landes ausbauen. Mit der Bildung eines Marieninfanterie-Corps sollen zu bestehenden Einheiten neue Brigaden hinzukommen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Dienstag. „Und wir werden sie mit modernen Waffen und Ausrüstung ausstatten“, ergänzte er. Selenskyj hatte am Dienstag ukrainische Marineinfanteristen an der Front besucht.
21:54 Uhr – Russisches Verteidigungsministerium: Zwei US-Bomber über der Ostsee abgefangen
Russland hat eigenen Angaben zufolge zwei Bomber der US-Luftwaffe über der Ostsee abgefangen. Die beiden Maschinen vom Typ B-1B hätten sich „der russischen Grenze genähert“, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau im Onlinedienst Telegram mit. „Nach dem Rückzug der ausländischen Kriegsflugzeuge von der russischen Grenze ist das russische Kampfflugzeug wieder zu seinem Stützpunkt zurückgekehrt“, hieß es weiter.
„Kick-off Politik“ ist der tägliche Nachrichtenpodcast von WELT. Das wichtigste Thema analysiert von WELT-Redakteuren und die Termine des Tages. Abonnieren Sie den Podcast unter anderem bei Spotify, Apple Podcasts, Amazon Music oder direkt per RSS-Feed.