Bundesweiter Protesttag: Apotheken bleiben heute geschlossen

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Stand: 14.06.2023 07:36 Uhr

Als Zeichen des Protests bleiben die meisten Apotheken in Deutschland heute geschlossen. Die Branche prangert eine steigende Belastung bei zu niedriger Vergütung an. Doch Bundesgesundheitsminister Lauterbach sieht kaum Handlungsspielraum.

Bundesweit bleiben heute die meisten Apotheken geschlossen. Die Branche protestiert damit gegen den “Sparwahn” in der Gesundheitspolitik. Für die Versorgung mit Medikamenten bleiben lediglich die Notfallapotheken geöffnet.

In mehreren Bundesländern sind am “Protesttag” Kundgebungen oder Demonstrationen angekündigt, wie die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda) auf ihrer Internetseite mitteilt. Auch in Berlin soll mittags ein “Protestmarsch” vom Potsdamer Platz zum Bundeswirtschaftsministerium führen, auf dem Invalidenplatz ist ebenfalls eine Kundgebung geplant.

Die Abda kritisiert die wachsenden Anforderungen und Belastungen für die Belegschaft von Apotheken, etwa durch Lieferengpässe von Medikamenten oder durch ein zu hohes Maß an Bürokratie im Arbeitsalltag. Die Lieferprobleme hätten die Arbeit für Apotheken “noch komplizierter gemacht und kosten Kraft und Zeit”, heißt es von der Abda.

In dem Zusammenhang kritisiert die Vereinigung die aus ihrer Sicht mangelhafte Gesundheitspolitik der Bundesregierung. Der Entwurf des sogenannten Lieferengpass-Gesetzes tauge weder dafür, “die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern, noch dazu die Lage der Apotheken als erste, wohnortnahe Anlaufstelle in der Arzneimittelversorgung zu unterstützen”. Und das, obwohl die Ampel-Parteien genau diese Zusagen in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten hätten.

“Fehlende finanzielle Anerkennung” für Apotheken “existenzgefährdend”

Dem gestiegenen Aufwand für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Apotheken stellt die Abda eine fehlende “finanzielle Anerkennung für diese Mehrarbeit” gegenüber.

Die Branche verlangt, die fixe Pauschale von 8,35 Euro pro rezeptpflichtigem Medikament für Beratung auf zwölf Euro anzuheben. Dieser Festbetrag sei seit zehn Jahren nicht mehr angepasst worden, trotz steigender Kosten, heißt es von der Abda weiter. Damit seien Apotheken “von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abgekoppelt”, was “nicht mehr nur ungerecht, sondern existenzgefährdend” sei.

Die Branche fordert eine Anhebung der fixen Pauschale auf zwölf Euro, zudem solle eine zusätzliche Pauschale eingeführt werden, um das Versorgungsangebot durch die Apotheken bundesweit absichern zu können. Die Abda kritisiert, dass andere Gesundheitseinrichtungen wie Arztpraxen oder Kliniken im Gegensatz zu Apotheken Extra-Zahlungen erhalten hätten, um eine gesicherte Versorgung zu gewährleisten.

Lauterbach sieht keine Spielräume für höhere Vergütung

Doch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte einer höheren Vergütung für Beschäftigte in Apotheken eine Absage erteilt. Zwar äußerte er Verständnis für die Forderung der Branche, doch fehlende zusätzliche Haushaltsmittel und steigende Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung ließen derzeit keine Spielräume für einen solchen Schritt.

Auch beim Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GVK) stößt die Forderung nach einer höheren Vergütung auf Widerstand. Das Honorar für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Apotheken steige unaufhörlich, da Apotheken zusätzlich zur Pauschale für jedes Medikament drei Prozent vom Einkaufspreis erhielten. “Mit jeder Preissteigerung, mit jedem neuen, teureren Medikament steigt auch das Honorar des Apothekers”, sagte GVK-Sprecher Florian Lanz. Würde der Festbetrag wie gefordert auf zwölf Euro pro ausgegebener Medikamentenpackung erhöht, wären das Mehreinnahmen von 2,2 Milliarden Euro für die Apotheken – ohne dass für Patientinnen und Patienten irgendetwas besser würde.

Unterstützung erhält die Apothekenbranche hingegen von der FDP. Lars Lindemann, Gesundheitspolitiker der Partei, forderte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: “Wenn der finanzielle Spielraum nicht viel zulässt, dann müssen wir die Rahmenbedingungen ändern.” Was für ihn bedeute: Weniger Bürokratie, maximale Flexibilität und Planungssicherheit für Apotheken. Ein pauschales Nein bringe keine Lösung, warnte Lindemann und betonte: “Geschlossene Apothekentüren dürfen nicht zum Alltag werden.”

Bundesweit immer weniger Apotheken

Die Zahl der Apotheken geht in Deutschland immer weiter zurück: Laut dpa gab es Ende März bundesweit noch knapp 18.000 Standorte – die niedrigste Anzahl seit mehr als 40 Jahren. Allein im ersten Quartal dieses Jahres wurden landesweit lediglich 17 Apotheken neu eröffnet, 146 seien hingegen in diesem Zeitraum geschlossen worden.

Auch die Zahl an Beschäftigten in Apotheken ging demnach im vergangenen Jahr leicht auf etwa 159.300 zurück. Der Gesamtumsatz der Apotheken stieg 2022 auf knapp 64,9 Milliarden Euro. Der Betriebsgewinn vor Steuern einer durchschnittlichen Apotheke sank demnach auf 162.890 Euro.



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