Presserat rügt Verleger Friedrich und nicht die „Zeit“

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Der Deutsche Presserat hat den Verleger der „Berliner Zeitung“, Holger Friedrich, wegen Verstoßes gegen Ziffer 5 des Pressekodex, der den Schutz von Informanten formuliert, gerügt. Beschwerden über die Veröffentlichung von Textnachrichten des Springer-Vorstandschefs Döpfner in der „Zeit“ und bei Zeit.de wies der Presserat indes als unbegründet zurück.

„Vertrauen in die Presse beschädigt“


Michael Hanfeld

verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

Gemäß Ziffer 5 des Pressekodex gebe die Presse Informanten ohne deren ausdrückliche Zustimmung nicht preis, teilte der Presserat mit. Als Verleger sei Friedrich „Teil der Presse, unabhängig davon, ob er noch weitere unternehmerische Funktionen innehat“. Die Mitglieder des Beschwerdeausschusses seien „mehrheitlich der Meinung“, „dass es unbeachtlich ist, ob der Informantenschutz ausdrücklich vereinbart wurde“. Der „Schutz von Informanten“ sei „ein zentraler Bestandteil der Pressefreiheit“. Könnten sich „Hinweisgeber darauf nicht verlassen, werden das Vertrauen in die Presse und deren Glaubwürdigkeit insgesamt beschädigt“.

Friedrich hatte kundgetan, er habe von dem früheren „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt internes Springer-Material angeboten bekommen. Er habe dieses vernichtet und Springer darüber informiert. Reichelt hatte bestritten, interne Springer-Dokumente angeboten zu haben. Den Verlag hinderte dies jedoch nicht daran, wenig später Anzeige gegen ihn wegen vermeintlichen „Betrugs“ zu erstatten. Auch in der juristischen Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht führte Springer den Verleger Friedrich als Zeugen für vermeintliche Verstöße Reichelts gegen seinen Aufhebungsvertrag an. Springer fordert von Reichelt 2,2 Millionen Euro. Reichelts Anwalt Ben Irle wies sämtliche Vorwürfe zurück und nannte Friedrichs Einlassungen nachweislich „unwahr“. Dass er Informantenverrat begangen und gegen einen zentralen Grundsatz des Journalismus verstoßen hat, hat der Verleger Friedrich vom Deutschen Presserat nun indes schriftlich.

„Überwiegendes öffentliches Interesse“

Die „Zeit“ rügt der Presserat nicht. Am Inhalt der Nachrichten des Springer-Chefs an leitende Angestellte bestehe im konkreten Fall nach Ziffer 8 des Pressekodex ein überwiegendes öffentliches Interesse. Die Mitglieder des Beschwerdeausschusses seien sich einig gewesen, dass die von der „Zeit“ veröffentlichten Passagen „politische und publizistisch-redaktionelle Einschätzungen enthalten, die Döpfner als Vorstandsvorsitzender und Verleger eines der größten Medienhäuser Europas geschrieben“ habe. „An seiner Denkweise und seinem Weltbild“ bestehe „ein öffentliches Interesse“. Teilweise knüpften „die Nachrichten auch an die öffentlich geführte Diskussion über die Absetzung des ehemaligen Chefredakteurs Julian Reichelt an“. Relevant sei zudem „der Widerspruch zwischen Döpfners Rolle als Vorstandschef und Verleger und seinen von der „Zeit“ veröffentlichten Äußerungen. Die „dokumentierten Versuche, auf die Berichterstattung Einfluss zu nehmen“, stünden „im Konflikt mit dem ,Code of Conduct‘ des Springer-Verlags, welcher die redaktionelle Unabhängigkeit von der Geschäftsleitung betont“. Über die Veröffentlichung der Chat-Nachrichten hatten sich drei Personen beschwert. Cathrin Gilbert, Ko-Autorin des „Zeit“-Textes, sagte: „Wir sehen uns durch die Entscheidung in unserer Arbeit bestätigt. Die Anweisungen und Nachrichten von Mathias Döpfner sind von öffentlichem Interesse, darüber muss und darf berichtet werden. Die Entscheidung des Presserates ist auch für die künftige Berichterstattung wegweisend.“

Die Chat-Nachrichten, hinter denen Springer den früheren „Bild“-Chef Reichelt vermuten dürfte, hatten Döpfner scharfe Kritik eingetragen. Besonders seine Einlassung über die vermeintlich fehlende demokratische Haltung der Ostdeutschen: „Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig“, lautete ein Zitat. Und: „Die ossis werden nie Demokraten. Vielleicht sollte man aus der ehemaligen ddr eine Agrar und Produktions Zone mit Einheitslohn machen.“

Döpfner äußerte sich ebenfalls negativ über die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel („Sargnagel der Demokratie“) und bat um publizistische Unterstützung der FDP. In einem internen Memo und in der „Bild am Sonntag“ entschuldigte er sich für seine Worte. Er habe, hieß es in dem internen Memo, „natürlich keinerlei Vorurteile gegen Menschen aus dem Osten Deutschlands“. Er sei aber „seit Jahrzehnten enttäuscht und besorgt, dass nicht wenige Wähler in den neuen Bundesländern von ganz links nach ganz rechts geschwenkt sind. Der Erfolg der AFD beunruhigt mich.“



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