Wie Modemarken auf Nachhaltigkeit setzen

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„Anfangs waren wir einfach frustriert, dass es für Frauen zum Radfahren in der Stadt keine anständige Kleidung gibt“, so Joy Howard, „dabei ist der Umstieg vom Auto aufs Rad das Beste, was man für die Umwelt tun kann.“ Zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Hanna Ter Meulen lancierte sie deswegen im April vergangenen Jahres die Marke Early Majority. Was auf den ersten Blick aussieht wie eine Kleinkollektion von minimalistischer Outdoorkleidung in Schwarz und Weiß – wasserabweisende Anoraks, Fleecejacken, ein modularer Daunenparka – entpuppt sich als innovatives Konzept mit ambitionierter Agenda.

Auf Lebenszeit kostenlos zurücksenden

Anstelle des gängigen Geschäftsmodells Geld gegen Ware, tritt bei Early Majority, die in Paris ansässig ist, die Mitgliedschaft. Wer kauft, kann – muss aber nicht – Mitglied werden. Für 123 Euro im Monat erhält man alle Produkte zum deutlich reduzierten Preis, kann sie auf Lebenszeit kostenlos zurücksenden oder reparieren lassen und erfährt in einem Newsletter und in Community-Meetings von Outdoor- und Kunstaktivitäten. Im Gegenzug ermöglichen die Mitglieder Early Majority, so die Idee, in Kreislaufwirtschaft zu produzieren, Überproduktion zu vermeiden und sich von der Wachstumslogik zu lösen. Kann das gelingen? Die Marke als Wertegemeinschaft? Und gibt es genug, die dafür monatlich über hundert Euro zahlen wollen?

Eine Geschichte aus der aktuellen Ausgabe des Magazins der F.A.Z. „Frankfurter Allgemeine Quarterly“

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Zumindest die Investoren hat die Idee überzeugt. „Ohne die Idee der Mitgliedschaft“, sagt Howard, „wären unsere Geldgeber, zu denen auch Jon McNeil, vormals Führungskraft bei Tesla und jetzt Vorstandsmitglied bei Lululemon, nicht bereit gewesen, knapp vier Millionen Euro an Startkapital zu geben.“ Ganz neu sind Mitgliedsmodelle nicht, allerdings waren sie bislang kostenfrei und dienten nicht Nachhaltigkeitsbestrebungen, sondern vornehmlich der Kundenbindung. Sportartikelhersteller wie beispielsweise Nike gewähren Mitgliedern Rabatte sowie exklusiven Zugang zu neuen Produkten und sichern sich so nicht nur Treue, sondern auch Daten der Kunden und ihrer Konsumgewohnheiten.

Kreislaufwirtschaft

Ähnlich wertegetrieben wie Early Majority tritt die Schweizer Sportartikelmarke On auf, die ebenfalls ein Mitgliedschaftsmodell testet und damit auf Nachhaltigkeit, genauer gesagt: Kreislaufwirtschaft, abzielt. Nach mehrjähriger Vorbereitung lancierten sie im vergangenen Juli das Cyclon-Programm. Seitdem kann man den aus Rizinusbohnen gefertigten Laufschuh Cloudneo für rund 30 Euro im Monat abonnieren. Das Prinzip ist einfach: Abonniert man den Schuh, so gehört er einem nicht, sondern man schickt ihn, wenn er abgetragen ist, im Tausch gegen ein neues Modell zurück. Das Versprechen: On recycelt den alten Schuh und stellt neue Schuhe daraus her.

Der Windbreaker in Weiß sitzt auch auf der bloßen Haut gut.


Der Windbreaker in Weiß sitzt auch auf der bloßen Haut gut.
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Bild: Matthew Brown


Das Interesse an solchen Bindungen und Ambitionen scheint groß zu sein: Schon in der ersten Woche nach der Ankündigung des Cyclon-Programms meldeten sich 5000 zahlende Abonnenten an, Monate vor dem tatsächlichen Produkt-Launch nahm die Firma keine weiteren Anträge mehr an und hatte rund 300.000 Euro Startkapital eingenommen, ohne auch nur einen einzigen Schuh verschickt zu haben.

Joy Howard und Hanna Ter Meulen machen in Paris mit Early Majority ähnliche Erfahrungen. „Wir sind seit einem Jahr auf dem Markt und langsamer gewachsen als eine Marke, die durch fortwährende Produktneuheiten Aufmerksamkeit generiert. Was uns aber bestätigt ist: Den höchsten Umsatz erzielen wir aus den Einkäufen unserer Mitglieder“, sagt Howard.



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