Amerikas angekratzte Bonität

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Die deutschen Automobilkonzerne Mercedes-Benz und BMW haben sich über umfangreiche Anleiheemissionen mit Dollar eingedeckt. Auch der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck hat in Dollar denominierte Schuldtitel begeben. Während sich die Anleihen von Mercedes-Benz und Daimler Truck mit einem Mindestanlagevolumen von jeweils 150.000 Dollar an institutionelle Investoren richten, ist die Einstiegshürde von BMW mit 2000 Dollar auch für Privatanleger machbar.

Doch ob diese zum Zuge kommen, ist zu bezweifeln. Denn die Titel enthalten wie für US-Unternehmensanleihen üblich die sogenannte Make-Whole-Klausel, die eine vorzeitige Kündigung der Anleihe erlaubt. In der EU-Regulierung werden diese Anleihen deshalb als riskante verpackte Produkte mit variabler Rückzahlung behandelt und sind somit für Privatanleger nicht zugänglich.

Nicht im Sinne des Anlegerschutzes

Tatsächlich ist aber fast keine Anleihe mit dieser Klausel gekündigt worden. Dass dieser Ausschluss nicht dem Anlegerschutz dient, sieht inzwischen auch die EU-Kommission so. Dort will man in einem Ende Mai veröffentlichten Vorschlag zum Kleinanlegerschutz den Zugang zu US-Unternehmensanleihen erleichtern.


Die Dollar-Emissionen der deutschen Unternehmen erfolgten kurz nach der Ratingherabstufung der Vereinigten Staaten und damit in einem schwierigen Zinsumfeld. In der vergangenen Woche hatte die Ratingagentur Fitch die Bonitätsnote von „AAA“ auf „AA+“ gekürzt. Schon im Jahr 2011 hatte S&P Global den USA die Topbonitätsnote entzogen. Einzig bei Moody’s genießt Amerika noch das höchste Rating von „Aaa“.

Hoher Mittelbedarf der USA

An den Tagen vor und nach der Ratingherabstufung sind die Renditen amerikanischer Staatsanleihen deutlich gestiegen. Diese Entwicklung führen Birgit Henseler und Christian Reicherter von der DZ Bank vor allem auf die Emissionsplanungen des US-Finanzministeriums zurück. Das angepeilte Emissionsvolumen von August bis Oktober steigt nach ihren Angaben gegenüber der Vorperiode um 78 Milliarden Dollar.


Trotz der Ratingherabstufung betrachten Henseler und Reicherter amerikanische Staatsanleihen – der Markt spricht auch von Treasuries – als unverzichtbar für Investoren. Es handelt sich mit einem im Umlauf befindlichen Volumen von 25 Billionen Dollar um die liquideste Wertpapierklasse der Welt. Hinzu kommt die Bedeutung des Dollars als internationale Leitwährung. Dadurch sind professionelle Anleger fast schon gezwungen, in der amerikanischen Währung und in US-Staatsanleihen zu investieren.

War die Rendite der zehnjährigen Treasury vor einer Woche noch bis nahe 4,18 Prozent gestiegen, ist sie inzwischen wieder auf 4,02 Prozent zurückgegangen. Sinkende Renditen sind bei Anleihen mit Kursgewinnen verbunden. Die beiden DZ-Bank-Analysten rechnen in der Dreimonatssicht mit einem weiteren Rückgang bis auf den Bereich von 3,6 Prozent. Eine sich abkühlende US-Konjunktur und eine rückläufige Inflation sprechen ihrer Ansicht nach gegen eine nachhaltig steigende Rendite.

Schleichender Abstieg hat begonnen

Kritischer kommentiert Daniel Hartmann, Chefvolkswirt des Schweizer Anleihespezialisten Bantleon, die niedrigere Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten. Für ihn hat der schleichende Abstieg begonnen. Dass die USA nicht mehr zum besten Kreis der Schuldner gehören, macht er an der steigenden Staatsverschuldung fest. Diese steuere nach Angaben von Fitch auf ein Niveau von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu, während die Quote in anderen Staaten mit „AAA“-Rating bei durchschnittlich 40 Prozent liegt.

„Die ausufernden Schulden werden dazu beitragen, dass die Staatsanleihenrenditen ihren übergeordneten Aufwärtstrend in den nächsten Jahren fortsetzen“, erwartet Hartmann. Renditeniveaus von 6 bis 7 Prozent, wie sie in der Vergangenheit bei zehnjährigen Treasuries üblich waren, sollten seiner Ansicht nach zurückkehren.

Doch davor erwartet Hartmann einen Renditerückgang, weil mit der wahrscheinlichen Rezession die Investoren in sichere Häfen flüchten dürften. US-Staatsanleihen seien hier – auch aus Mangel an Alternativen – nach wie vor die erste Wahl.



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