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Nach Vorschlägen einer Expertenkommission zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts sind kurzfristige Neuregelungen durch die Ampel-Regierung nicht zu erwarten. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sprach am Montag vor Journalisten in Berlin von einem sehr sensiblen Thema, das stark in persönliche Bereiche gehe. Es gelte, unterschiedliche Güter gegeneinander abzuwägen. „Und wir wollen eine Debatte führen, die letztlich uns weiterbringt in dieser Frage, und das ist nichts, was man unter Zeitdruck und „jetzt machen wir das ganz schnell“ führen kann. Das wäre wirklich der falsche Weg.“

Der Expertenbericht sollte jetzt Grundlage sein für eine Debatte, die Politik und Gesellschaft miteinander führten, sagte Hoffmann. Man könne eine längere gesellschaftliche Debatte erwarten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei daran gelegen, dass diese Diskussion in ruhiger und sensibler Weise geführt werde. Das sei verbunden mit der Hoffnung, dass in Deutschland eine Polarisierung beim Thema Schwangerschaftsabbruch vermieden werden könne.

Buschmann: Debatte solle nicht spalten

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) bezeichnete die Empfehlungen als „gute Grundlage für den nun notwendigen offenen und faktenbasierten Diskurs“.

Zurückhaltender äußerte sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). „Inwieweit es möglich wäre, den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln, ist eine äußert anspruchsvolle rechtliche, aber vor allem auch ethisch äußerst sensible und bedeutsame Frage“, sagte er. Man werde den 600 Seiten starken Bericht als Bundesregierung gründlich auswerten und verfassungs- und völkerrechtliche Argumente prüfen. „Was wir nicht gebrauchen können, das sind Debatten, die die Gesellschaft in Flammen setzen oder gar spalten.“

Was in dem Bericht steht, lesen Sie hier.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, die Expertise der Kommission sei eine wesentliche Hilfe, um die komplexen ethischen Fragen zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin zu beantworten. „Am Ende braucht es dafür aber einen breiten gesellschaftlichen und natürlich auch parlamentarischen Konsens.“ Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nannte die Empfehlungen der Kommission eine gute Grundlage für einen nun notwendigen offenen und faktenbasierten Diskurs.

Abtreibungen sollten in Deutschland nach Einschätzung der von der Regierung eingesetzten Expertenkommission künftig nicht mehr grundsätzlich strafbar sein. „In der Frühphase der Schwangerschaft (…) sollte der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch mit Einwilligung der Frau erlauben“, heißt es in der Zusammenfassung eines Berichts der Kommission, die am Montag in Berlin vorgelegt wurde. Die Expertinnen und Experten äußern sich darin auch zu den Themen Eizellspende und Leihmutterschaft. Beides hält die Kommission unter bestimmten Umständen für zulässig.

Kritik der Katholischen Kirche

Die Bundesregierung muss nun entscheiden, ob sie Gesetzentwürfe zu den Themen vorlegt. Die Kommission schlägt eine Liberalisierung des Abtreibungsregelung vor, eine Aufhebung des Verbots der Eizellspende sowie eine mögliche Freigabe der nicht-kommerziellen Leihmutterschaft. Die Entscheidungen seien einstimmig gefallen, so das Gremium.

Eine Abtreibung ist derzeit in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig. Sie bleibt jedoch straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen; zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.

Vertreter der katholischen Kirchen haben bereits mit scharfer Kritik auf die Vorschläge einer Kommission zur Reform des Abtreibungsrechts reagiert. Die Deutsche Bischofskonferenz kritisierte insbesondere, dass die Kommission die Meinung vertrete, dass ein Kind ein vollwertes Lebensrecht erst mit der Geburt erlange. Die Empfehlungen beruhten auf der Annahme, dass ein ungeborene Kind noch nicht im Besitz der vollen Menschenwürde sei, erklärte der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, am Montag in Bonn.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/abtreibung-keine-schnelle-neuregelung-zu-erwarten-19655006.html