The fireplace, the inventory market and a world file from Denmark | EUROtoday
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Die alte Börse von Kopenhagen war nicht nur eine der schönsten in Europa, den Einheimischen ein Wahrzeichen und für viele Touristen ein fester Bestandteil ihrer Stadtrundfahrten. Der dänische Finanzmarkt, dessen Zentrum das prächtige Renaissancegebäude einst war, hat außerdem mit einem sehr speziellen Weltrekord aufzuwarten: Das kleine Dänemark mit seinen knapp 6 Millionen Einwohnern verfügt über den größten Pfandbriefmarkt der Welt.
Wie es dazu kam? Ausgerechnet das Feuer, dem das 1640 fertiggestellte Gebäude in der vergangenen Woche zum Opfer gefallen ist, hilft diese ungewöhnliche dänische Erfolgsgeschichte zu verstehen. Begonnen hat sie nämlich, als 1795 große Teile Kopenhagens abgebrannt waren – und zur Finanzierung des Wiederaufbaus die ersten dänischen Pfandbriefe überhaupt ausgegeben wurden.
Pfandbriefe sind Anleihen, die eine Bank zur Refinanzierung von Darlehen auflegt und mit Sachwerten besichert, etwa mit Schiffen, Flugzeugen oder Häusern. In Dänemark belaufen sich die ausstehenden Anleihen dieser Art zurzeit auf das enorme Volumen von umgerechnet mehr als 450 Milliarden Euro. Das sind 150 Milliarden Euro mehr als in Deutschland, das 14-mal so viele Einwohner hat. Dazu kommt, dass die dänischen Pfandbriefe fast ausschließlich mit Immobilien besichert sind; ihre Bedeutung für die Finanzierung von Häusern ist im Königreich mithin überragend.
Finanzhistoriker wissen, dass den Pfandbrief nicht die Dänen erfunden haben, sondern die Preußen. Den Nachbarn aus dem Norden gebührt allerdings die Ehre, dieses in Preußen abgeschaute Instrument seit 1795 für den privaten Immobilienmarkt perfektioniert zu haben.
Sie haben dafür auf möglichst viel Sicherheit und Transparenz, auf Handelbarkeit sowie auf Flexibilität für die Darlehensnehmer gesetzt. So gibt es zu jedem Hauskredit, der von einer Pfandbriefbank an Immobilienkäufer vergeben wird, einen passenden Pfandbrief mit genau derselben Laufzeit und Verzinsung, der an der Börse gehandelt wird. Die typischerweise langfristigen Immobilienkredite werden also nicht mit kurzfristig aufgenommenem Geld refinanziert. Pfandbriefkäufer müssen sich vielmehr auf dieselben Bedingungen wie die Hauskäufer einlassen.
Die Banken können bei diesen Geschäften keine Zinsunterschiede ausnutzen; sie sind auf eine Vermittlerfunktion beschränkt, für die sie nur eine Gebühr kassieren. Das senkt die Marge, aber auch Komplexität und Risiko. Eine weitere Besonderheit: Jeder dänische Hauskäufer kann sein mit einem Pfandbrief besichertes Darlehen jederzeit ohne Aufpreis vorzeitig tilgen, nämlich durch den Kauf des Pfandbriefs zum aktuellen Börsenkurs.
Die Dänen haben an diesem Modell Gefallen gefunden, Hauskäufer genauso wie Pfandbriefinvestoren. Das zeigt sich unter anderem an der Bereitschaft vieler Dänen, sich für den Hauskauf über beide Ohren zu verschulden. Die Kredite der dänischen Privathaushalte übersteigen in Summe das Bruttoinlandsprodukt des Landes. Der Vergleichswert in Deutschland ist nur etwa halb so hoch.
Kulturtheoretiker begründen das üblicherweise mit dem überdurchschnittlich großen Vertrauen, das die meisten Dänen ihren Mitbürgern und den öffentlichen Institutionen gegenüber äußern. Das Land litt nie unter einer Hyperinflation oder einem Verbrecherregime, und seit mehr als 150 Jahren herrscht Frieden. Die hübsch praktischen dänischen Pfandbriefe sollte man als Erklärung aber nicht außer Acht lassen.
Anno 1795 verschonte das ringsum in Kopenhagen tobende Feuer übrigens das damals schon altehrwürdige Gebäude der Börse. Jetzt haben vermutlich Restaurierungsarbeiten den Brand verursacht. Der Schaden ist groß. Und die Erkenntnis, dass ein Unglück bisweilen Fortschritt bringt, nur ein schwacher Trost.
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/das-feuer-die-boerse-und-ein-weltrekord-aus-daenemark-19665372.html