Book truthful and literature for younger readers | EUROtoday

Get real time updates directly on you device, subscribe now.

Sie heißen „Lyx“, „Everlove“, „Vajona“ oder „Leaf“, ihre Verlagsprogramme sind den wenigsten geläufig. Dabei tragen sie und ähnliche Unternehmen erheblich zu den Umsätzen des seit Jahren gebeutelten Buchmarkts bei. Wenn es nach den Vorstellungen der Frankfurter Buchmesse geht, werden viele von ihnen im Herbst einige Tage lang gemeinsam in der Halle 1.2 des Messegeländes präsent sein: Verlage für „New Adult, Romantasy, Dark College und ähnliche literarische Genres“ sollen dort sichtbar werden, teilte die Messe mit, zusammen mit inhaltlich verwandten „Communities“ – dazu zählen etwa der Selfpublishing-Dienstleister Fakriro und Books on Demand sowie das „Meet the Au­thor“-Areal.

Die Entscheidung der Messe reagiert auf zwei Phänomene. Zum einen kam das bewährte System in den vergangenen Jahren sichtlich an seine Grenzen, als speziell am Wochenende im Umfeld der Halle 3.0 oft genug kein Durchkommen war, weil sich endlose Schlangen vor den Tischen gebildet hatten, an denen besonders beliebte Autoren ihre in den sozialen Medien gefeierten Bücher signierten. Wer sich an diese Zustände erinnert, wird dankbar für die Entlastung sein, die mit dem neuen Konzept für diesen Teil des Geländes bis in die Agora hinein verbunden ist.

Zugleich aber bildet die neue Gestaltung der Hallenebene 1.2 ab, wie sich der Buchmarkt weiter verändert, nachdem vor gut zwanzig Jahren bereits das Phänomen „Harry Potter“ die Gewichte gründlich und bis heute verschoben hatte. Damals entdeckten erwachsene Leser auf einmal eine Literatur für sich, die eigentlich an ihre Kinder und Enkel adressiert war. Kritiker sprachen wie selbstverständlich über Jugendbücher, und das Erscheinen neuer Bände der siebenteiligen Internatsgeschichte wurde zum weltweiten Ereignis. Der Carlsen Verlag, dessen Leiter Klaus Humann „Harry Potter“ schon früh entdeckt hatte, konnte wenig später mit der Vampir-Schmonzettenreihe „Bis(s)“ von Stephenie Meyer den nächsten seriellen Erfolg feiern.

Von „All Age“ zu „New Adult“

Rowlings’ und Meyers Bücher sortierte man damals in ein literarisches Genre namens „All Age“ ein und zielte damit auf eine Altersgruppe zwischen sechzehn und dreißig Jahren – heute spricht man von „New Adult“ oder, wenn es speziell um Jugendliche geht, von „Young Adult“. Andere Verlage wollten das Segment nicht Carlsen überlassen und gründeten dafür eigene Imprints, während der Marktanteil für Kinder- und Jugendbücher wuchs, auch in der Corona-Zeit. Zugleich begünstigten in den sozialen Medien neue Plattformen Autoren, die für ihre Texte keine Verlage fanden oder suchten und sie dafür einem prinzipiell weltweiten Publikum zur Diskussion stellten. Zum Beispiel als E-Book. Als schließlich als weiterer Faktor die Video-Plattform Tiktok hinzukam, auf der unter anderem ein stark wachsender Austausch über Bücher stattfindet, waren die Grundlagen für immens erfolgreiche Titel geschaffen, die sich jenseits der Mechanismen des bisherigen Marktes etablieren und deren Autoren dann solche Warteschlangen hervorrufen wie im vergangenen Herbst in Frankfurt oder jüngst in Leipzig.

Ein reines Internetphänomen ist das längst nicht mehr, nicht nur wegen des offensichtlichen Bedürfnisses der Leser nach der Begegnung mit den Autoren. So wurde etwa unter dem Dach der Thienemann-Verlage das Imprint „Loomlight“ gegründet, um am „New Adult“-Boom teilzuhaben, zunächst mit E-Books, deren Inhalte bei großer Nachfrage auch gedruckt als Broschur oder mit Schmuckeinband angeboten wurden. Inzwischen ist es in diesem Marktsegment bei den besonders ausgestatteten Editionsformen üblich, sogenannte Buchwächter mitzuliefern, ausstanzbare Figuren fürs Bücherregal. Der Wunsch nach Haptik scheint hier gewaltig, und es gibt eigene Dienstleister, die beliebte Bücher durch eine besondere Ausstattung veredeln, was als Praxis ins neunzehnte Jahrhundert weist.

Wer um den Buchmarkt bangt, mag bei dieser Entwicklung aufatmen, auch wenn der Boom einhergeht mit Titeln wie „Credence – Sie ist tabu, doch Liebe kennt keine Regeln“, was ebenfalls ein bisschen ans neunzehnte Jahrhundert erinnert. Tatsächlich dominiert in den „New Adult“-Büchern ein oft erschütternd anspruchsloses Erzählen auf längst gebahnten Wegen. Und das müsste eigentlich Anlass für neues Bangen sein.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/buchmesse-und-literatur-fuer-junge-leser-19678607.html