Isabel Pfeiffer-Poensgen on her seventieth birthday | EUROtoday

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Just als sich Isabel Pfeiffer-Poensgen nach einem überaus ertragreichen Ar­beitsleben, zuletzt als Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, zur Ruhe setzen und sich buchstäblich die reifen Feigen in den Mund wachsen lassen wollte, rief die Carl Friedrich von Siemens Stiftung nach ihr. Die 1958 in München gegründete Institution zur Förderung der Wissenschaften war zum Gegenstand unwillkommener öffentlicher Aufmerksamkeit geworden und setzte nun auf die erfahrene Kultur- und Wissenschaftspolitikerin, die am Nymphenburger Schlossrondell längst überfällige Reformen ins Werk setzen soll. Im Oktober vergangenen Jahres trat sie das Amt der Geschäftsführerin an. Ihr Arbeitsethos ist so legendär wie ihr Verantwortungsgefühl. Zugute kommt ihr wohl die Herkunft aus einer Aachener Kaufmannsdynastie, die sich immer auch durch zivilgesellschaftliches Engagement hervorgetan hat.

Die Juristin war von 1989 an zehn Jahre lang Kanzlerin der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Es ist die Nähe zu Künstlern, die sie ein auf den Büroetagen der Kulturbürokratie nicht immer in solcher Feinheit ausgeprägtes Gespür für die Potentiale, aber auch für die Nöte der Kunst hat entwickeln lassen. Die Kunst besaß in ihr fortan eine Anwältin, die unter Beweis gestellt hat, wie kreativ und effizient sich das vermeintlich trockene Verwaltungsgeschäft ausüben lässt.

<strong>Wirken im Rheinland und weit darüber hinaus</strong>

Aus Köln kehrte sie 1999 als Kulturdezernentin nach Aachen zurück, wo sie sich in weiteren Sparten der Künste nicht nur kundig, sondern auch unabkömmlich machte. Seit dieser Zeit übt sie ihr Ehrenamt bei der Peter und Irene Ludwig Stiftung aus, deren immensen Bestand an Kunstwerken sie innerhalb des weltweiten Geflechts der Stiftung und zugleich in Kooperationen mit öffentlichen Sammlungen wirkungsvoll zu Sichtbarkeit gelangen ließ.

Im Jahr 2004 übernahm Pfeiffer-Poensgen das Amt der Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, das sie bis 2017 innehatte. Der föderale Zuschnitt dieser Einrichtung hat ihr schon deshalb gut entsprochen, weil ihr durch ihre bayerische Mutter die sonst in ihrer Heimat wenig verbreitete Erkenntnis mitgegeben worden sein dürfte, dass es irdische Herrlichkeit auch außerhalb des Rheinlands gibt. Kreuz und quer durch die Republik finden sich überall Museumsdirektoren oder Archivleiter, die von ihrem segensreichen Wirken schwärmen. Die Stiftung unterstützt den Erwerb bedeutenden Kulturguts an jeweils einschlägigen Orten.

<strong>Streiterin der Künste</strong>

Alles andere als unauffällig, aber mit nobler persönlicher Diskretion und enormem Verhandlungsgeschick hat sie Ankäufe er­möglicht, unter denen die Originalhand­schrift der Diabelli-Variationen für das Beethoven-Haus in Bonn, die Briefe Kafkas an seine Schwester Ottla für das Deutsche Literaturarchiv Marbach und Alexander von Humboldts amerikanische Tagebücher für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nur die berühmtesten sind.

Solidarität und Tatkraft haben nicht weniger ihre Arbeit als Ministerin ausgezeichnet. Die zahlreichen Museen, vor allem auch die Universitäten des Landes hatten in der parteilosen Politikerin eine verlässliche Streiterin, die ihrem Ressort den gebührenden Zuwachs an Bedeutung verschaffte. Auch von ihrer in Düsseldorf vertieften interdisziplinären Expertise dürfte die Siemens-Stiftung profitieren. Seit vielen Jahren bewirtschaftet Isabel Pfeiffer-Poensgen in ihrer freien Zeit ein lange Zeit unbestelltes Stück Land auf der Südseite der Alpen. Von der Hanglage weitet sich der Blick auf eine der schönsten Weltlandschaften.

Und doch ergeht sie sich dort nicht in tatenloser Kontemplation; man trifft sie meist gärtnernd an. Ihr eigenes Gepräge verleiht sie dem Terrain aber nicht, indem sie es nach persönlichem Gusto verwandeln würde. Vielmehr belässt sie es so, wie es sich aus seinen eigenen Bedingungen und Kräften entwickelt. Mit stoischem Einsatz beschränkt sie sich auf Wässern, Jäten, Krauten, auf den Baumschnitt oder das Einfrieden zum Schutz vor wilden Tieren. Unter ihren Händen hat sich das Latifundium bestens erholt, es gedeiht prächtig. Und wird so zum Sinnbild ihres gesamten Tuns. Exemplarisch steht dafür ein von ihr dort mit besonderer Fürsorge bedachter alter Feigenbaum.

Es ist verbürgt, dass es Isabel Pfeiffer-Poensgen in all diesen Jahren nie vergönnt war, vor Ort zu sein, wenn er im Herbst seine weithin geschätzten Feigen trägt. Sie lässt es aber nicht nur zu, sondern es stellt geradezu ihr Arbeits- und Lebensprinzip dar, dass es andere sind, die sich an den Früchten ihrer Mühen laben. Am heutigen Donnerstag wird sie siebzig Jahre alt.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/isabel-pfeiffer-poensgen-zum-siebzigsten-19675901.html