The essential ten minutes of Wall Street | EUROtoday

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Ein Drittel aller Aktiengeschäfte im S&P 500 werden aktuell in den letzten 10 Minuten der Sitzung ausgeführt. Der Rest verteilt sich über die 380 Handelsminuten, die dem vorangehen. Neben der Konzentration des Handels auf immer weniger Werte ist dies die zweite Art von Konzentration, die sich seit einigen Jahren an den Börsen vollzieht: Vor drei Jahren war es nocvh ein Viertel aller Aufträge, die in der „Crunch Time“ abgewickelt wurde. Das ergeben Daten von BestEx Research, einem Entwickler von Handelsalgorithmen.

Dies ist kein amerikanisches Phänomen, aber ein Problem. Denn neue Belege aus Europa deuten darauf hin, dass dies die Liquidität beeinträchtigt und die Preise verfälscht. Für Kritiker des Booms des passiven Investieren ist dies Wasser auf die Mühlen. Indexfonds kaufen und verkaufen in der Regel Aktien zum Schlusskurs, da sie diese verwenden, um festzulegen, wie sie den zugrunde liegenden nachbauen. Durch das starke Wachstum des Vermögens in passiven Aktienfonds verlagert sich der Handel immer mehr in die Schlussphase. Aktive Anleger folgen dem Trend und verstärken so den Kreislauf.

Phänomen oder Problem?

Die Schlussauktionen an europäischen Börsen, die nach dem regulären Handel stattfinden, vereinen mittlerweile 28 Prozent des Handelsvolumens an den Börsen auf sich. Vor vier Jahren waren es noch 23 Prozent vor vier Jahren, zeigen Daten von Bloomberg Intelligence und der Analysefirma Big XYT . „Das allgemeine Verständnis ist, dass Schlussauktionen sehr gute Mechanismen sind, um Märkte zu schließen“, sagte Benjamin Clapham von der Goethe-Universität Frankfurt, Co-Autor einer neuen Forschungsarbeit mit dem Titel „Shifting Volumes to the Close: Consequences for Price Discovery and Market Quality“. Aber eine solche Verlagerung des Handelsvolumens auf diese allerletzte Handelsmöglichkeit führe auch zu Preisineffizienzen.

Die Studie konzentriert sich auf großkapitalisierte Werte an den Börsen in London, Paris und Frankfurt in den vier Jahren bis zur Mitte des Jahres 2023. Die Autoren stellten fest, dass sich die Aktienkurse in der Regel durch die Schlussauktion gegenüber dem Ende des fortlaufenden Handels verändern, aber 14 Prozent dieser Bewegung sich über Nacht umkehrt. Dies interpretieren sie als Zeichen, dass die Änderung am Vorabend durch einseitige Handelsströme bewirkt und nicht durch fundamentale Faktoren angetrieben wird. Diese Ergebnisse bestätigen frühere Studien, auch in den USA, wo zuletzt im Jahr 2023 eine Studie zu demselben Schluss kam.

Es ist jedoch nicht erforscht, ob solche Verzerrungen bei den Schlussauktionen tatsächlich Grund zur Besorgnis darstellen. Für Hitesh Mittal, den Gründer von BestEx Research, ist die nächtliche Umkehrung eine normale Marktentwicklung. Passive Fonds kauften möglicherweise zu leicht höheren Schlusskursen, doch seines Erachtens sind die Kosten weit geringer als das, was Liquiditätsanbieter für Transaktionen der gleichen Größenordnung bei dünnem Handelsvolumen früher am Tag verlangen würden.

Carole Comerton-Forde von der Universität Melbourne und Barbara Rindi von der Universität Bocconi kamen 2022 zu dem Schluss, dass solche Umkehrungen auf die Informationslage zu Handelsbeginn zurückzuführen sein könnten und daher nicht als Verzerrungen zu werten seien. Auch werde die Liquidität im Tagesverlauf von der Schlussauktion nicht beeinträchtigt. Die Regulierungsbehörden hätten noch keinen Grund zur Besorgnis, sollten aber diesen Bereich weiterhin im Auge behalten.

Private vs. Institutionelle

In den USA läuft die Schlussauktion parallel in den letzten Minuten des fortlaufenden Handels. Im vergangenen Monat wurden dabei fast 10 Prozent aller Aktien in der Schlussauktion gehandelt. Dies liegt wieder nahe an den Höchstständen von 2019. Zwischenzeitlich war, während des Handelsrausches der Privatanleger dieser Anteil nach Daten von Rosenblatt Securities gesunken. Der wachsende Einfluss von Privatanlegern hat trotz der Verlagerung des Handels an das Ende des Tages dazu geführt, dass eine Reihe von Maklerunternehmen wie Robinhood den Handel mit einigen Wertpapieren rund um die Uhr anbieten, um ihnen maximale Möglichkeiten zum Kauf und Verkauf zu geben.

Für institutionelle Profis geht es jedoch immer mehr um diese letzten Minuten. Die Marktteilnehmer schätzten die transparente Preisfindung und die Liquiditätstiefe in den Schlussauktionen, sagt Chuck Mack, Leiter der Strategie für nordamerikanische Handelsdienstleistungen bei der Nasdaq. Die Liquidität im Tagesverlauf sei stärker durch die zunehmende Fragmentierung des Aktienhandels auf verschiedenen Plattformen betroffen.

Kunden, die Portfolios handelten, die empfindlich auf Veränderungen der Liquidität reagierten, warteten definitiv, sagt Mark Montgomery von Big XYT. Je geringer die Liquidität im fortlaufenden Handel sei, desto größer sei das Potenzial, Informationen über ihre Absichten preiszugeben.

https://www.faz.net/aktuell/finanzen/aktienkurse-die-wichtigen-zehn-minuten-der-wall-street-19686770.html