Satisfied even with increased rates of interest | EUROtoday

Get real time updates directly on you device, subscribe now.

Er sehe weder „stag“ noch „flation“, hat Fed-Chef Jerome Powell den Märkten die Botschaft gebracht, die sie hören wollten. Die Angst vor einer Welt der Stagflation, also einer stagnierenden Wirtschaft mit hartnäckiger Inflation, ist aus Sicht des obersten amerikanischen Notenbankers unbegründet. Die Märkte freuten sich und legten am Mittwoch nach der Zinssitzung der Notenbank Fed gemessen am Dow Jones um 1 Prozent und gemessen am Nasdaq sogar um 2 Prozent zu, gaben die Gewinne aber im Handelsverlauf wieder ab. Der Dax zeigte sich am Donnerstag entsprechend richtungslos und dümpelte im Handelsverlauf nahe um seinen Dienstagsschlussstand von gut 17.930 Punkten.

Die Reaktion auf die Entscheidung der Fed, die Zinsen abermals unverändert zu lassen, zeigt eine gewisse Gelassenheit gegenüber der Zinspolitik. Die Märkte sind zuversichtlich, dass die Unternehmen auch in einem Umfeld höherer Zinsen gute Geschäfte machen können. Die Sorgen um den Zustand der Immobilienmärkte – Bauherren, Bauunternehmen, Finanzierungen – bleibt groß. Doch die Ausfälle halten sich trotz des giftigen Cocktails aus sinkenden Immobilienpreise bei hohen Finanzierungskosten und einer gewissen Schockstarre im Bereich neuer Aufträge noch im Rahmen.

Powell machte deutlich, dass Sorgen vor einer längeren Schwächephase der Wirtschaft wie in den 1970er-Jahren bei gleichzeitig nicht in den Griff zu bekommender Inflation unbegründet seien. Zuletzt war die Inflation in den USA im Februar und März wieder auf eine Jahresrate von 3,5 Prozent gestiegen, und die Kernrate (ohne Energie und Lebensmittel) verharrte mit 3,8 Prozent weit oberhalb des Zielniveaus von 2 Prozent.

Nur ein Zinsschritt im Dezember?

Positiv gewendet, ist die Inflation aber auch deshalb so hoch, weil die amerikanische Wirtschaft weiter wächst – von rund 3 Prozent in diesem Jahr sprach Powell. Die Arbeitslosigkeit bleibt niedrig. Von wirtschaftlicher Stagnation kann keine Rede sein. Nachdem anfänglich für dieses Jahr sechs Zinssenkungen erwartet worden waren, kam zuletzt Sorge auf, ob es nicht eher eine Zinserhöhung geben müsse, angesichts der robusten Wirtschaft mit noch immer hoher Inflation. Powell nannte es „sehr unwahrscheinlich“, dass der nächste Zinsschritt eine Anhebung sein werde. Er bezeichnete das aktuelle Zinsniveau von 5,25 bis 5,5 Prozent zudem als „restriktiv genug“.

Die DZ Bank hat am Donnerstag ihre Einschätzung dahingehend reduziert, dass nur mehr eine Zinssenkung erwartet wird, und zwar erst im Dezember. Die Fed hat nur noch vier Zinssitzungstermine in diesem Jahr: 12. Juni, 18. September, 6. November und 18. Dezember. Der Juni erscheint den meisten Beobachtern noch zu früh für einen Zinsschritt, der September und der November fallen ins Umfeld hoher Unsicherheit wegen der US-Präsidentenwahl am 5. November. Traditionell nimmt die Fed zu diesen Terminen eher keine Zinsänderungen vor.

Es wird daher spannend zu beobachten sein, inwieweit die Europäische Zentralbank (EZB) der deutlich schwächeren wirtschaftlichen Lage im Euroraum Rechnung trägt und eigenständig und nicht im Fahrwasser der Fed ihre Leitzinsen vorher senkt. Für die Sitzung am 6. Juni wird dies fest erwartet. Für die Termine am 18. Juli, 12. September, 17. Oktober und 12. Dezember bleibt es abzuwarten.

Der Yen wird gestützt

Mit knapp 1,07 Dollar für einen Euro ist die europäische Währung ohnehin schon 3 Prozent schwächer als noch zu Jahresbeginn. Mit jedem Zinsschritt würde die Zinsdifferenz noch größer und der Euro mithin zum Dollar schwächer, was Importe verteuert und die Inflation erhöht. Die Bank von Japan hat derzeit alle Mühe, den schwachen Yen zum Dollar zu stabilisieren. Im späten New Yorker Handel am Mittwoch hatte der Yen binnen 40 Minuten um fast 5 Yen auf 153 Yen je Dollar hinzugewonnen und nährte damit Vermutungen über ein Eingreifen der japanischen Notenbank. „Sie versuchen, Spekulanten davon abzuhalten, Dollar zu kaufen und Yen zu verkaufen“, sagt Thierry Wizman, Devisen- und Zinsfachmann der australischen Investmentbank Macquarie. Derzeit erhalten Euroanleger in Bundesanleihen mit zwei Jahren Laufzeit 3 Prozent Rendite, in entsprechenden Yen-Papieren japanischer Staatsanleihen aber nur 0,3 Prozent – und in US-Staatsanleihen in Dollar dagegen gut 5 Prozent Rendite.

Für die weitere Aktienmarktentwicklung hat die Zinspolitik zunächst untergeordnete Bedeutung. Das Augenmerk richtet sich stärker auf Wirtschafts- und Unternehmensdaten. Amazon überzeugte in dieser Hinsicht mit einem auf mehr als 10 Milliarden Dollar gesprungenen Quartalsgewinn. Auch die Nachrichten vom Ölmarkt erfreuen derzeit die Aktienmärkte. Die Preise für Brent- und WTI-Öl haben sich im Wochenverlauf um 5 Prozent reduziert auf 84 Dollar je Barrel (159 Liter) Nordseeöl und 79 Dollar für amerikanisches Leichtöl, und zwar vor allem wegen eines reichlicheren Angebots.

Dem Vernehmen nach pumpen der Irak und die Vereinigten Arabischen Emirate weiterhin mehrere Hunderttausend Barrel am Tag über ihre vereinbarten Grenzen des OPEC-Kartells hinaus in den Markt. Wer weniger Geld für Öl ausgeben muss, kann an anderer Stelle mehr konsumieren. Außerdem dämpft der niedrigere Preis die Inflation. Weniger „stag“ und weniger „flation“ ganz im Powell’schen Sinne.

https://www.faz.net/aktuell/finanzen/aktienmaerkte-zufrieden-auch-mit-hoeheren-zinsen-19693469.html