The debate in regards to the “wrong” perpetrators | EUROtoday

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Politikern aller Parteien war es wichtig, nach der Nachricht vom Tod des Polizisten Rouven L. ihr Mitgefühl auszudrücken. In vielen Statements folgte auf die Trauer dann ein politischer Auftrag – ob an den politischen Gegner oder an die eigenen Parteikollegen, war dabei nicht immer ganz klar. Es geht um die Gefahr durch den Islamismus.

Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz von den Grünen schrieb am Sonntagnachmittag auf der Plattform X: „Wenn sich der nahe liegende Verdacht bestätigen sollte, dass es sich tatsächlich um eine islamistische Tat handelt, dann wird es höchste Zeit für (eine) ehrliche Debatte über die Gefahren von Islamismus – ohne Naivität, ohne Scheuklappen, ohne doppelte Standards.“ Wer meine, damit stärke man den rechten Rand, „dem sage ich: Der wird dann stark, wenn man Populisten das Feld überlässt.“

Faesers Superlative und ihr Hintergrund

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verschickte am Sonntagabend ein Statement, in dem sie fordert, dass der Täter mit „maximaler Härte des Gesetzes“ bestraft wird. Wenn sich ein islamistisches Motiv bestätige, dann zeige das, „wie stark wir weiter islamistischem Terror entgegentreten müssen“. Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten die islamistische Szene fest im Visier und verstärkten diesen Kampf weiter, teilte die Innenministerin mit.

Faesers mit Superlativen bestücktes Statement ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass sie von Politikern der Opposition, aber auch von solchen aus der Ampel-Koalition kritisiert wird wegen ihres angeblich zu vorsichtigen Vorgehens gegen Islamisten. Erst vor kurzem marschierten mehrmals Anhänger der Bewegung „Muslim interaktiv“ durch Hamburg und priesen das Kalifat. Auch da hatte Faeser mit aller Härte des Strafrechts gedroht, aber kein Verbot der islamistischen Gruppe erlassen. Und auch das von Iran gesteuerte und noch immer nicht geschlossene Islamische Zentrum Hamburg dient Kritikern als Beleg dafür, dass die Bundesinnenministerin zwar eine klare Linie ankündigt, sie aber nicht durchsetzt.

Kühnerts alte Angst vor linken Täterkategorien

Finanzminister Christian Lindner (FDP), der mit Faeser gerade wegen Sparauflagen für das Innenministerium im Clinch liegt , zeigte sich auf der Plattform X ebenfalls wütend über das, „was in unserem Land passiert“. „Gegen den islamistischen Terrorismus müssen wir uns zur Wehr setzen. Die Sicherheitsbehörden werden wir dafür finanziell weiter stärken. Schluss mit falscher Toleranz.“

Die Debatte über „falsche Toleranz“ taucht nach Angriffen durch Islamisten zuverlässig auf. Vor allem die politische Linke steht im Verdacht wegzuschauen, wenn der Täter aus ideologischen Motiven heraus handelt. Einschneidend war dabei der Mord an Samuel Paty, einem französischen Lehrer, der 2020 von einem Islamisten auf offener Straße enthauptet worden war.

Während Frankreich trauerte, herrschte in Deutschland bei der politischen Linke ziemliche Stille. Kevin Kühnert, damals stellvertretender SPD-Vorsitzender, kritisierte das scharf, denn erst durch das Schweigen liefere man dem politischen Gegner ungewollt Stichworte. Es stehe der Vorwurf im Raum, in linken Weltbildern gebe es „richtige“ und „falsche“ Opfer und Täter. Und es könne, so Kühnert, der Eindruck entstehen, „dass da ein Funke Wahrheit im Spiel“ sei.

Terrorgefahr bei der Fußball-EM?

Die Gefahr durch den Islamismus ist auch deswegen virulent, weil in anderthalb Wochen die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland beginnt. Seit längerem schon versuchen islamistische Kreise, ihre Anhänger zu einem Anschlag während des Turniers zu motivieren. Die Sicherheitsbehörden geben sich gelassen, aber sie wissen auch: Gerade Einzeltäter könnten sich durch den Angriff in Mannheim zur Nachahmung motiviert fühlen.

Was konkret nach der Attacke in Baden-Württemberg folgt, ist noch unklar. Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender SPD-Fraktion, fordert in der Rheinischen Post die Ausweitung von Messerverbotszonen. Er schob aber gleich hinterher, so könne nicht jede Tat eines Einzeltäters verhindert werden. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert die konsequente Abschiebung von Straftätern, die als Flüchtling nach Deutschland gekommen sind. Das müsse auch für Afghanistan gelten, wo der mutmaßliche Täter von Mannheim 2014 herkam. Derzeit gibt es einen generellen Abschiebestopp nach Afghanistan, diesen will Linnemann abgeschafft sehen.

Der Angreifer war am Montagmittag noch immer nicht vernehmungsfähig. Ein islamistischer Hintergrund ist wesentlicher Bestandteil der Ermittlungen, allerdings wurde in seiner Wohnung kein Bekennerschreiben oder Ähnliches gefunden, auch auf Social Media sind keine eindeutigen Posts zu finden.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/attacke-in-mannheim-die-debatte-um-die-falschen-taeter-19761399.html