European elections and native elections: The earthquake within the East | EUROtoday

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Im Westen Deutschlands war die Europawahl für manche Parteien ein Schock. Im Osten war sie für alle ein Beben. Das Zusammenspiel von Europa- und Kommunalwahlen bietet dort ein dramatisches Bild. Es ist nicht übertrieben, wenn man sagt, dass die Wähler in allen ostdeutschen Ländern schon in einer neuen Parteienlandschaft angekommen sind, während in Westdeutschland manche so tun, als könne die alte noch repariert werden.

Zu diesem Bild gehört, was in der Bundesrepublik so noch nie dagewesen ist: Die in Berlin regierenden Koalitionsparteien erreichen flächendeckend nicht einmal die Größe der jeweils stärksten Partei. Sie können in manchen Ländern zusammengenommen nicht einmal die neu gegründete Partei, das BSW, überbieten.

Die SPD ist selbst in ihren letzten „Hochburgen“ mit Amtsbonus, in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, nur noch ein Schatten ihrer selbst. Wenn man sich schon im Westen fragt, wen die Ampelkoalition eigentlich noch repräsentiert, was soll man erst im Osten denken?

Populisten auf beiden Seiten

Die AfD ist nicht zum ersten Mal der klare Sieger einer Wahl. In den meisten ostdeutschen Kommunalvertretungen stellt sie – trotz Skandalen, trotz Ächtung – die stärkste Fraktion. Nur eine einzige Partei hat ihr etwas entgegenzusetzen, die CDU. Ihr stehen mittlerweile zwei populistische Kräfte gegenüber, die zusammen auf gut vierzig Prozent der Stimmen kommen. Ihr Trost: Eine dieser beiden Parteien, die links-rechts schillernde Wagenknecht-Partei, könnte sich ihr noch als Koalitionspartner anbieten.

Paradoxerweise aber halten sich ausgerechnet die zerzauste Linkspartei, die marginalisierten Grünen und die Splitter-SPD für besonders geeignet, die AfD-Lawine aufzuhalten. Sie sehen sich als Opfer und schon deshalb nicht als Ursache. Sie kämpfen am lautesten gegen den Rechtsextremismus als ihrem gemeinsamen Feind, ziehen für sich selbst aber kaum Konsequenzen.

Die Versäumnisse von Linkspartei, Grünen und SPD

Ihr Fehler bestand schon immer in zwei Unterlassungen: Sie brachten es nicht über ihr ideologisch pulsierendes Herz, die CDU als Brücke zu begreifen, die durch traditionelle Angebote nach rechts integriert, deshalb aber nicht in die rechte Ecke gestellt werden sollte. Sie taten das Gegenteil – „rechts“ und „rechtsextremistisch“ werden systematisch gleichgesetzt.

Sie waren aber – noch schlimmer – schon gar nicht bereit, ihr Handeln am Signal auszurichten, das von Wahlen wie diesen ausging: Wir wollen eure linke Politik nicht mehr. Auch da gilt fatalerweise: Sie taten zu lange das Gegenteil – aus Angst, als „rechts“ zu gelten.

Die hohe Moral, die sich aus verständlichen Gründen gegen die AfD und auch das BSW richtet, hängt deshalb in der Luft. Die Versuche zur Korrektur sind zwar unübersehbar, vor allem nach viel zu langer Starrsinnigkeit in der Migrationspolitik. Der Protest hat sich allerdings in den zwanzig Jahren, die es dauerte, um einer nach rechts gewanderten Mitte gerecht zu werden, in unversöhnliche Radikalität verwandelt.

Man kann nur hoffen, dass die einzige Partei, die offenbar Mittel gefunden hat, nicht auch noch in den Strudel gerissen zu werden, die CDU/CSU, verhindern kann, dass die Schockwellen aus Ostdeutschland im Rest Deutschlands ein noch größeres Beben auslösen. Die Frage ist schon längst nicht mehr, wie es dazu kommen konnte. Die Frage ist schon jetzt, wie das Neue demokratisch funktionieren kann.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/europawahl-und-kommunalwahlen-das-beben-im-osten-19778432.html