Postbanker turns orange and goes to ING | EUROtoday

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Es ist nicht von Nachteil, Westfale zu sein, wenn man bei der Deutschen Bank Karriere macht. Vorstandsvorsitzender Christian Sewing wurde in Bünde geboren, Lars Stoy zwei Jahre später in Hameln. Die Rattenfänger-Stadt liegt etwa 70 Kilometer östlich. Und doch ist die bisherige Laufbahn von Stoy außergewöhnlich. Schon zweimal stand er im Dienst eines übernommenen Instituts, der BHW und der Postbank. Und jedes Mal konnte er sich beim übernehmenden Institut festsetzen.

Seit 2006 gehörte die BHW zur Postbank, die wiederum ab 2008 von der Deutschen Bank in mehreren Schritten aufgekauft wurde. Stoy schaffte es 2017 in den Vorstand der Postbank und 2018 in deren Nachfolgeinstitut, die DB Privat- und Firmenkundenbank. Aber nachdem 2020 diese Tochtergesellschaft mit der Muttergesellschaft Deutsche Bank AG verschmolzen wurde, trägt Stoy nicht mehr den Titel Vorstandsmitglied.

Präsenz zeigte er trotzdem. Ihm wird einiges an Verkaufstalent nachgesagt, und alles was Kosten erzeugt, ist ihm zuwider. Beispielsweise Sportsponsoring. Vor zwei Jahren machte er dann Schlagzeilen, als er vorschlug, kein Geld mehr in den meisten Filialen der Deutschen Bank vorzuhalten. Später ist er im Interview mit der F.A.Z. zurückgerudert. Überraschend schadlos hat Stoy das Debakel bei der IT-Migration der Postbank-Kunden auf die Plattform der Deutschen Bank überwunden.

Kundenservice brach komplett zusammen

Im vergangenen Jahr konnte die Postbank einfachste Dinge wie die Wiederfreigabe von gepfändeten Konten nur mit langer Verzögerung vollziehen. Technisch war die hochkomplexe Datenmigration zwar gelungen. Doch der Kundenservice brach völlig zusammen. Das rief selbst die Bafin auf den Plan. Der Aufpasser des Regulierers hat die Deutsche Bank bis heute nicht verlassen. Und das ­Reputationsdesaster konnte Deutsche-Bank-Chef Sewing ebenfalls noch nicht abschütteln.

Eine vom Aufsichtsrat in Auftrag gegebene interne Untersuchung sah Stoy aber nicht im engeren Kreis der Verursacher, trotz seiner Position als Leiter der Privatkundenbank in Deutschland. Wenn Stoy ein Interview gibt, sind seine Sätze gespickt mit „denglischen“ Marketingfloskeln. Immerhin: Deutsch ist seine Muttersprache. Sein Chef, Privatkundenvorstand Claudio de Sanctis, verständigt sich intern und extern auf Englisch. Nun sind Deutschkenntnisse nicht das einzige Mittel zum Machterhalt im Doppelturm an der Frankfurter Taunusanlage. So hat de Sanctis jüngst einige Positionen unterhalb der Führungsebene neu besetzt, was Stoy zur Kenntnis nehmen musste.

Englisch ist auch die Arbeitssprache im Vorstand der ING Deutschland , in den Stoy jetzt eintritt. Ein Vorstand, der einiges anders macht als die Konkurrenz. „Im Mittelpunkt einer jeden Vorstandssitzung steht der Kunde, erst dann kommen Zahlen und Personalien“, verriet vor einigen Monaten ein Vorstandsmitglied. Stoy wird sich dem anpassen oder auch nicht. Denn er wird ING-Deutschland-Chef Nick Jue beerben. Der Weg für den Westfalen ist offen, die ING so zu lenken, wie er es für richtig hält. An Führungswillen mangelt es dem Westfalen nun wahrlich nicht. Und dass die ING in Deutschland keine eigenen Filialen hat, stört ihn wohl auch nicht. Die kosten schließlich nur Geld und verkaufen kann man auch in der App.

https://www.faz.net/aktuell/finanzen/lars-stoy-postbanker-wird-orange-und-geht-zu-ing-19968425.html