ECB assembly on Thursday: rates of interest in a downward development | EUROtoday
In der Europäischen Zentralbank (EZB) ist in den vergangenen Wochen ein bemerkenswerter Stimmungswandel zu beobachten gewesen. Noch nach der vorigen Sitzung des EZB-Rates Anfang September hatte es so ausgesehen, als ob die Notenbank den Oktober ohne weitere Zinssenkung verstreichen lassen wollte. Zumal die Zinssitzung für diesen Monat in Slowenien stattfindet – und Zinsschritte der Notenbank auf auswärtigen Sitzungen eher selten sind.
Zuletzt aber haben sich so viele Ratsmitglieder zu Wort gemeldet, die zugunsten einer Zinssenkung plädierten, dass jetzt für die Oktober-Sitzung, die am Donnerstag ansteht, fest mit einem Zinsschritt nach unten gerechnet wird. Auch wenn ING-Ökonom Carsten Brzeski warnt, absolut sicher sei die Sache noch nicht, und es könnte eine knappere Entscheidung werden, als die Finanzmärkte erwarteten. Der EZB-Einlagensatz, aktuell der wichtigste Leitzins, würde damit von 3,5 auf 3,25 Prozent sinken.
Die Inflationsrate ist weiter gesunken
Wie der vierteljährliche F.A.Z.-Preisindex zeigt, ist die Inflationsrate sowohl in Deutschland als auch im Euroraum weiter zurückgegangen (siehe Grafik). In Deutschland lag sie im Juli bei 2,6, im August bei 1,9 und im September bei 1,6 Prozent. Im Euroraum betrug sie im Juli 2,6, im August 2,2 und im September 1,8 Prozent.
Auf Jahressicht günstiger wurde insbesondere Energie; wenn auch im Vergleich zu früherer Zeit nicht wirklich günstig. Die Nahrungsmittelpreise sind weiter gestiegen, aber im Schnitt nicht mehr so stark wie noch vor einiger Zeit. Deutlich zugelegt haben auf Jahressicht hingegen die Preise für Dienstleistungen, beispielsweise für Versicherungen.
Für ihn sei „absolut klar“, dass der EZB-Rat zu einem schnelleren Lockerungszyklus übergegangen sei und die Zinsen am Donnerstag abermals senke, sagte Frederik Ducrozet, Ökonom der Bank Pictet. Hauptgrund für den Sinneswandel der Notenbanker seien die Überraschungen nach unten bei Inflation und Einkaufsmanagerindizes gewesen.
„Der konjunkturelle Ausblick hat sich weiter eingetrübt, die Inflation ist dank der im September vergleichsweise niedrigen Ölpreise weiter zurückgegangen“, sagte Holger Schmieding vom Bankhaus Berenberg. „Der EZB-Rat scheint sich kaum gegen eine weitere Lockerung im Oktober zum Zwecke des Risikomanagements zu wehren“, schreiben die Analysten der Deutschen Bank.
„Es dürfte eine ziemlich sichere Wette sein, dass die EZB am Donnerstag die Zinsen senkt“, meinte Marco Wagner, EZB-Beobachter der Commerzbank. „Alles andere wäre eine Überraschung“, sagte Karsten Junius, Ökonom der Bank J. Safra Sarasin.
Lagarde hatte in Brüssel Andeutungen gemacht
Die „Falken“, also die Befürworter einer strafferen Geldpolitik im EZB-Rat, und die „Tauben“, die Befürworter einer lockereren Politik, rückten enger zusammen, analysierte Gunter Deuber, Chefökonom der Raiffeisen Bank International.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte in Brüssel nach den überraschend niedrigen September-Inflationszahlen aus mehreren Euroländern erste Andeutungen in Richtung Zinssenkung im Oktober gemacht. Auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel beflügelte entsprechende Spekulationen: „Ich bin durchaus offen, darüber nachzudenken, ob wir noch mal einen Zinsschritt gehen könnten.“
Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau erklärte eine Zinssenkung im Oktober für „sehr wahrscheinlich.“ Und der Gouverneur der Notenbank Lettlands, Mārtiņš Kazāks, sagte, er stimme mit der Markterwartung einer Zinssenkung um 25 Basispunkte überein. Gewisse Bedenken meldete Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann an, der schon die Zinssenkung im Juni als einziger nicht unterstützt hatte.
Interessant könnte werden, ob EZB-Präsidentin Lagarde Andeutungen zu der Frage macht, ob die Zinssenkung im Oktober ein Ersatz für die lange erwartete im Dezember ist – oder ob die trotzdem noch kommt. Notfalls könnte die EZB im Dezember nachjustieren, sagte Konstantin Veit vom Anleiheinvestor Pimco.
Folgen für die Verbraucher
Was heißt das für Sparer und Bauwillige? Die Zinsen für Tagesgeld waren zuletzt weiter gesunken, nach Zahlen der FMH-Finanzberatung im Schnitt auf 1,97 Prozent. Die Zinsen für Festgeld auf ein Jahr sind mittlerweile im Schnitt bis auf 2,49 Prozent gefallen. Und die Zinsen für Hypothekendarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung stehen inzwischen bei 3,32 Prozent.
Bei den zurückliegenden EZB-Zinssenkungen sind die Tagesgeldzinsen vieler Banken oftmals kurz vorher oder bald danach gesunken, wie eine Auswertung des Internetportals Verivox zeigt. Nach der Leitzinssenkung im Juni beispielsweise hätten mindestens 54 Banken und Sparkassen ihre Tagesgeldzinsen noch im selben Monat reduziert.
Die Hypothekenzinsen dagegen hängen nicht unmittelbar an den EZB-Leitzinsen, sondern über die Pfandbriefrendite an der Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit. Auf die wirken vielfältige Faktoren ein, neben der Geldpolitik beispielsweise auch die Inflationserwartungen, die Konjunktur, die Risikoneigung der Investoren und die Zinsentwicklung in anderen Währungsräumen.
„Da eine Leitzinssenkung allgemein erwartet wird, sollte sie im aktuellen Zinsniveau von Anleihen und damit auch von Baufinanzierungen eingepreist sein“, sagt Rudolf Krux von der Verbraucherplattform Biallo. Darauf deuteten auch die Biallo-Zinsindizes hin, die seit mehreren Monaten kontinuierlich nach unten zeigten, sagt Krux: „In den letzten Wochen blieben die Bauzinsen eher stabil – ein weiteres Absinken ist zumindest als Folge des Zinsentscheids nicht zu erwarten.“
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/ezb-sitzung-am-donnerstag-die-zinsen-im-abwaertstrend-110046063.html