Wer den Dow Jones strikes | EUROtoday
Es ist ein bisschen aus der Zeit gefallen und deshalb für die Märkte immer ein Überraschungsmoment: Während die meisten wichtigen Aktienindizes stringenten Regelwerken folgen und ETF-Anbieter und Finanzmarktfachleute immer ziemlich präzise vorhersagen können, wer mit welchem Gewicht in den Indizes vertreten ist und wann es zu Veränderungen kommt, bleibt den Eigentümern des Dow Jones sehr viel Entscheidungsspielraum.
Gerade kam der Indexanbieter S&P Dow Jones Indices wieder einmal zu der Überzeugung, dass es Zeit für Veränderungen ist. Davon profitiert Nvidia, die künftig statt Intel die Chipindustrie im Index vertreten soll. Mit The Sherwin-Williams Co. wird von Freitag an ein weiterer Neuling im Index sein, dessen Namen höchstens Branchenkenner bisher gehört haben dürften. Das Unternehmen verdient seit 150 Jahren mit Farben, Lacken und Beschichtungen sein Geld und soll künftig den Werkstoffsektor im Index repräsentieren. Der Chemiekonzern Dow muss den Dow Jones dafür verlassen.
Maßgeblich für die Indexentwicklung wird Nvidia im Dow Jones indes nicht sein. Zwar ist der Chiphersteller an der Börse aktuell wieder mehr als 3 Billionen Euro wert. Dennoch ist zum Beispiel United Health weit wichtiger für die Entwicklung des Dow Jones. Maßgeblich ist für den Dow Jones nicht der Wert eines Unternehmens, sondern der Aktienkurs. Und da ist der Versicherer mit 560 Dollar je Aktie die Nummer eins im Dow Jones, obschon mit 517 Milliarden Dollar Börsenwert längst nicht eines der wertvollsten Unternehmen.
ETF machen Bogen um den Dow
Mit 923 Millionen Aktien ist das Kapital aber eben in weniger Aktien mit höherem Kurs aufgeteilt als zum Beispiel bei Nvidia, mit 24,5 Milliarden Aktien zu je 138 Dollar. Im Dow Jones macht Nvidia damit nur ein Viertel von United Health aus, im S&P-500 mit klassischer Gewichtung nach Börsenwert indes kommt Nvidia auf ein sechsfaches des Gewichts von United Health.
Wer also einen Aktiensplit durchführt, um Aktien auch für Anleger mit weniger großem Budget erschwinglicher zu machen und die Zahl der Aktien entsprechend erhöht, der verliert im Dow an Gewicht. Das haben zuletzt einige Tech-Aktien in Kauf genommen. Wer also kein so großes Gewicht in Tech-Aktien haben will, findet im Dow Jones eine weitaus ausgeglichenere Gewichtung als im S&P-500. Denn auch Apple spielt mit seinem Kurs von 222 Dollar eine nur unterdurchschnittliche Rolle im Dow, ist aber m MSCI World und im S&P-500 die Nummer eins vor Nvidia. Im Dow Jones indes ist Goldman Sachs mit einem Kurs von 520 Dollar die Nummer zwei.
Die Gewichtung im Dow Jones ist für die Unternehmen auch deshalb nicht so entscheidend, weil der Index für Indexfonds eine weitaus geringere Rolle spielt als der S&P-500. Die außergewöhnliche Konstruktion und das Überraschungsmoment bei Entscheidungen zur Indexzusammensetzung lassen sie zum S&P-500 neigen.
Dass der Dow Jones aber dennoch eine Bedeutung hat an den Märkten, zeigte sich am Montag. Nvidia lagen nach der Aufnahmeentscheidung 2 Prozent im Plus, Intel indes 3 Prozent im Minus. Auch der andere Absteiger Dow verlor 2 Prozent, während Aufsteiger Sherwin-Williams, die wohl größte Überraschung, um 5 Prozent im Kurs zulegten. Mit einem Kurs von 373 Dollar wird der Neuling zudem gleich ein ganz ordentliches Gewicht im Index haben, deutlich mehr als Nvidia jedenfalls, auch wenn der eigene Börsenwert des Handwerker-Zulieferers mit 86 Milliarden Euro aus Nvidia-Sicht Peanuts sind.
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/von-wegen-nvidia-wer-den-dow-jones-bewegt-110089015.html