Did Russia’s anti-aircraft protection shoot down the passenger airplane? | EUROtoday

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Russlands Präsident, Wladimir Putin, versprach eine „sorgfältige Untersuchung“, der aserbaidschanische Machthaber Ilham Alijew sprach von „mehreren Versionen“ zu dem Grund, warum eine Embraer E190AR der Staatsfluglinie seines Landes am Mittwochmorgen nahe dem Flughafen der westkasachischen Stadt Aktau beim Versuch einer Notlandung auf den Boden schlug und zerbrach.

Der vordere Teil der Passagiermaschine ging in Flammen auf. 38 der 67 Menschen an Bord kamen ums Leben, auch die beiden Piloten. Alijew sagte, der Absturz müsse aufgeklärt werden, es sei „zu früh“, um zu sagen, was ihn verursacht habe. Zuständig für die Untersuchung sind Kasachstan und Aserbaidschan, dessen Azerbaijan Airlines schon mitgeteilt haben, die Ziele im russischen Nordkaukasus Grosnyj und Machatschkala vorerst nicht mehr anzufliegen.

Kleine Löcher im Wrack

Denn der Flug sollte nicht an der Ostküste des Kaspischen Meeres enden, sondern von der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku nach Grosnyj in der russischen Teilrepublik Tschetschenien gehen. Immer mehr spricht dafür, dass ein Fehler der dortigen Luftverteidigung zu der Katastrophe geführt hat. Videoaufnahmen des zerstörten Flugzeugs zeigen, dass es am hinteren Teil kleine Löcher aufweist, wie sie entstehen, wenn eine Flugabwehrrakete explodiert.

Man kennt solche Bilder von dem Abschuss von Flug MH17 im Juli 2014 über der Ostukraine. Damals war es eine russische Buk-Rakete, die 298 Menschen tötete. Nun ist unter den sich auf Telegram äußernden Militärbeobachtern die Rede vom Flugabwehrsystem Panzir. Aufnahmen, die noch während des letzten Fluges der Embraer entstanden, zeigen ein Loch in der Landeklappenträgerverkleidung unter dem linken Flügel; man sieht auch, dass die Sauerstoffmasken nach einem Druckabfall aus der Decke gefallen sind. Andere Bilder zeigen Spuren von Splittern im Inneren des Flugzeugs, in Rettungswesten und Sitzen, eine Frau wurde durch solch einen Splitter am Bein verletzt. Ein Überlebender sagte dem russischen Staatssender RT, die Piloten hätten dreimal versucht, das Flugzeug in Grosnyj zu landen, „beim dritten Mal ist etwas explodiert“, außerhalb des Flugzeugs; ein Stück der Verkleidung sei an seinem Fenster vorbeigeflogen.

Auf Telegram zirkuliert das Protokoll eines Gesprächs der Piloten mit den Fluglotsen in Grosnyj, aus dem hervorgeht, dass die Steuerung versagt habe, wobei die Piloten davon ausgingen, dass Vögel in die Triebwerke geraten seien, was nun die russischen Staatsmedien als Unglücksursache hervorheben. Die Lenkungsprobleme könnten der Grund dafür gewesen sein, dass die Piloten nicht andere, näher liegende Ausweichflughäfen ansteuerten, sondern über das Meer Richtung Aktau flogen.

„Alles wurde abgeschossen!“

Vom Flughafen in Grosnyj hieß es bald nach dem Absturz, das Flugzeug habe ihn wegen „starken Nebels“ nicht ansteuern können. Freilich war es laut Wettervorhersage nur bedeckt, wie die Zeitung „Kommersant“ berichtete. Der Flughafen sei vielmehr aufgrund eines ukrainischen Drohnenangriffs im Nordkaukasus geschlossen worden; „Plan Teppich“ heißen solche Maßnahmen in Russland. In der Teilrepublik Nordossetien sollen zur gleichen Zeit Trümmer einer Drohne einen Brand in einem Einkaufszentrum ausgelöst haben, durch den eine Frau getötet worden sei; auch in Inguschetien stürzte eine Drohne ab, ohne Schäden anzurichten. „Der Himmel über Grosnyj steht immer unter unserem Schutz. Die heutige Situation hat wieder gezeigt, dass Wachsamkeit unsere Priorität ist. Alles unter Kontrolle“, schrieb Chamsat Kadyrow, der Sekretär des Sicherheitsrats von Tschetschenien, in sozialen Medien. Dass eine Drohne in ein Objekt eingeschlagen sei, stimme nicht, „alles wurde abgeschossen!“ Chamsat Kadyrow veröffentlichte auch ein Video, das den Abschuss einer Drohne zeigen soll.

Sein Onkel ist der Herrscher der Teilrepublik – und Ramsan Kadyrow steht unter Druck wegen der Drohnenangriffe, von denen es seit Ende Oktober mehrere in Tschetschenien gegeben hat. Ein Ziel der Angriffe war das Gelände einer Polizeispezialeinheit in Grosnyj, die nach Ramsan Kadyrows Vater Achmat Kadyrow benannt worden ist wie vieles in der Teilrepublik, unter anderem der Flughafen von Grosnyj.

Am 12. Dezember wurden auf diesem Gelände nach Angaben des Herrschers von Grosnyj vier Polizisten verletzt, als eine Drohne über den Kasernen explodiert sei. Die „Nowaja Gaseta Jewropa“ schrieb bald darauf, die Drohnen griffen Kadyrows Ruf an – dem zufolge er hart und durchsetzungsstark ist –, da die Flugabwehr kein einziges Mal dagegen eingesetzt worden sei und die Schüsse, welche die tschetschenischen Polizisten auf die Drohnen abgegeben hätten, sich als „sinnlos“ erwiesen hätten.

Unter Druck kam es schon mehrmals zu Fehlern der Flugabwehr

Kadyrow ist Putins wichtigster Mann im Nordkaukasus, neue Zweifel an ihm dürfen nicht aufkommen, nachdem öffentliche Auftritte gerade Berichte über eine angegriffene Gesundheit des Tschetschenen konterkariert haben. Das weckt Skepsis an den Worten des Vorsitzenden des kasachischen Oberhauses, Maulen Aschimbajew, der sagte, neben Kasachstan und Aserbaidschan sei auch Russland in der Kommission vertreten, die den Absturz untersuchen soll, und keines dieser Länder sei daran interessiert, Informationen zu verbergen. Aschimbajew sprach mit Blick auf die Berichte über einen Beschuss des Flugzeugs von „Spekulation“ und „Hype“.

Das Ende des Fluges von Baku nach Grosnyj wäre nicht der erste Fall, in dem Flugabwehr irrtümlich auf ein Passagierflugzeug zielte; in jüngerer Zeit gab es neben dem Abschuss von MH17 auch den eines ukrainischen Passagierflugzeugs nahe Teheran im Januar 2020 mit 176 Toten, für den iranische Kräfte in einer Situation, in der sie ebenfalls unter Druck standen, ein Tor-System russischer Herstellung benutzten. Der Vorfall von Grosnyj und Aktau wirft aber auch Fragen über die russische Praxis auf, außerhalb der Grenzgebiete zur Ukraine und auf der besetzten Krim den zivilen Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Auch an den Moskauer Flughäfen wird immer wieder der Flugverkehr ausgesetzt, wenn Drohnenalarm herrscht.

Der zivile Flugverkehr ist ein Element im Bestreben des Kremls, im Angriffskrieg die Normalität so gut es geht aufrechtzuerhalten. Wer es sich leisten kann, fliegt weiter in den Urlaub, als wäre nichts geschehen, nur eben über Istanbul oder Eriwan. Auch in die EU oder in die Schweiz, wie Tüten der einschlägigen Duty-Free-Shops in den Händen russischer Passagiere zeigen.

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/hat-russlands-flugabwehr-das-passagierflugzeug-abgeschossen-110195974.html