Speech by JD Vance is anticipated | EUROtoday

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Nach München. Alle. Das scheint an diesem Wochenende für Staats- und Regierungschefs aus ganz Europa, und der Welt zu gelten. In der bayerischen Landeshauptstadt tagt die Sicherheitskonferenz, das Traditionsforum transatlantischer Beziehungen, und sie könnte einen Wendepunkt markieren. Für die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten unter der Führung von Donald Trump und den Europäern, die in diesen Tagen führungslos, verwirrt und verschreckt wirken. Während die Amerikaner mit einer Delegation von mehr als 60 Ministern und Kongressabgeordneten unter Leitung des neuen Vizepräsidenten J.D. Vance anreisen, steht das gastgebende Deutschland mit einem aus amerikanischer Sicht bald scheidenden Kanzler Olaf Scholz da. Und der bekommt die neue amerikanische Realität am eigenen Leib zu spüren.

Vance trifft an diesem Freitag in der bayerischen Landeshauptstadt nicht den amtierenden Bundeskanzler, sondern den deutschen Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU). Überhaupt hat der CDU-Politiker ein München ein Gesprächsprogramm, das dem eine Kanzlers zum Verwechseln ähnelt. Und seine Mitarbeiter haben frühzeitig dafür gesorgt, dass jeder anreisende Journalist die Kanzler-Agenda des Kandidaten kennt. Hingegen wurde auch bemerkt, dass der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius, trotz des stark militärpolitischen Charakters der Veranstaltung, nur sehr kurz in München bleibt, um noch am Freitag dann nordwärts in den SPD-Wahlkampf abzureisen.

Der französische Staatspräsident Emanuel Maron kommt nicht, Paris hatte bereits eine zweifache Begrüßung der neuen amerikanischen Regierung arrangiert, Trump kam zur Wiedereröffnung von Notre Dame, Vance reiste nach Paris zu einem Gipfel für Künstliche Intelligenz, bevor er nach München kam.

Heusgen mokiert sich über Trump

Dort erwarten den amerikanischen Politiker und seine Rede am späten Mittag im Bayerischen Hof etwa fünfhundert geladene Gäste aus aller Welt in der Conference Hall. Der Vorsitzende der Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, ebenfalls ein Mann auf Abruf, hat es aber so arrangiert, dass zunächst Ursula von der Leyen spricht, die Chefin der EU-Kommission und nun informelle Sprecherin des Kontinents. „Es schlägt die Stunde Europas“, hatte Heusgen am Vorabend gesagt.

Oder das vorletzte Stündlein der NATO. Denn auf der östlichen Seite des Atlantiks herrscht wenig Begeisterung für den autoritären Führungsstil, mit dem Trump aufgetrumpft hat, als er in dieser Woche erst seine Pläne mitteilte, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich einen Friedensschluss in der Ukraine zu verhandeln – und erst danach den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj davon in Kenntnis zu setzen. Trumps neuer Verteidigungsminister, Pete Hegseth, hatte den erst verblüfften, dann ziemlich entsetzten Kollegen tags darauf beim NATO-Treffen in Brüssel mitgeteilt, wo Trump die Ausgangspunkte für seine Gespräche sieht: Die Ukraine verliert die Krim und den Donbass, die NATO-Mitgliedschaft bleibt ihr verwehrt.

Botschafter Heusgen, der als außenpolitischer Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach 2014 das Minsk-Abkommen zwischen Russland und der Ukraine mit vermittelt hatte, mokierte sich über die amerikanische Gespächstrategie: „Ich bin überrascht, wie der größte Dealmaker aller Zeiten gleich zwei Dinge dahergibt, ganz unnötig.“ Heusgen kann Klartext sprechen, in zwei Tagen wird er sein Amt an einen Nachfolger übergeben. Hegseth hatte außerdem mitgeteilt, dass Amerika wird sich an keiner Friedens- oder Sicherheitstruppe beteiligen werde, das sei dann Sache der Europäer.

Strack-Zimmermann fordert Mitsprache der Europäer

Vorab informiert wurde darüber niemand, die Signale waren aber deutlich gewesen, und so hatte es etwa zwischen Paris und Berlin bereits vorige Woche Fachgespräche darüber gegeben, wie man einer solchen Aufgabe begegnen könnte. Allerdings ohne greifbare Ergebnisse. Die Europäer beeilten sich vor allem auf Mitsprache zu pochen, wenn es um Krieg und Frieden auf ihrem Kontinent gehe.

Am Morgen forderte die Vorsitzende des EU-Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) die Beteiligung der Europäer an Gesprächen über die Ukraine. „Wir werden nicht zusehen, wie Amerika und Russland Europa unter sich aufteilen“. Man müsse dem amerikanischen Verteidigungsmister noch mal erklären müssen, wo genau die Ukraine liege, nämlich in Europa. Sie hoffe, „dass der amerikanische Präsident merkt, wenn er von Putin über den Tisch gezogen wird“. Auch Trump müsse zur Kenntnis nehmen, „dass die Erde eine Kugel ist“.

Wird Vance sich an die Regeln halten?

Welchen Wert die neue amerikanische Regierungen solchen Regungen beimisst, dokumentierte am Donnerstagabend Trumps Sondergesandter Keith Kellogg, ein pensionierter General, der die russisch-amerikanischen Gespräche unter anderem vorbereiten soll. Kellogg, der am Donnerstag bereits in München eintraf, sagte in der ARD, auf die Frage, ob es nicht klüger gewesen wäre, die Europäer vorher ins Boot zu holen, wenn sie dann die Truppen stellen sollten, das sei kein Problem, jeder, buchstäblich jeder könne bei Donald Trump anrufen. Das sei eine der tollen Sachen bei Trump, das er mit „fast jedem“ rede, wenn man ihn anrufe. Ansonsten bitte er um Verständnis, dass Trump gerade sehr, sehr viele Dinge innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten zu regeln habe.

Ob auch Vance mit einer herablassenden Haltung vor die Europäer treten werde, ob er drastische Erhöhungen des Verteidigungsetats fordern werde – und was er im Nichterfüllungsfall androhen könnte – das gehörte zu den Sorgen am frühen Morgen in München. Die Konferenz hat einige Regeln, die „Munich Rule“: Man möge einander auf Augenhöhe begegnen, zuhören, sich nicht belehren, nicht ignorieren (don’t lecture or ignore each other“).

Gegründet wurde die Münchener Sicherheitskonferenz vor 66 Jahren, um nach dem Zweiten Weltkrieg etwas Neues zu festigen, eine Freundschaft zwischen dem geschundenen Kontinent und den Vereinigten Staaten, ohne die Sicherheit nicht zu haben war und noch immer nicht zu haben ist. Diese Beziehungen stehen in München unter Druck, während in der Ukraine täglich weiter gestorben wird.

https://www.faz.net/aktuell/politik/sicherheitskonferenz/muenchner-sicherheitskonferenz-rede-von-j-d-vance-wird-erwartet-110296196.html