Koalition: ++ Polizeigewerkschaft zweifelt an schwarz-roten Plänen für Grenzkontrollen und Zurückweisungen ++ Liveticker | EUROtoday
Die Polizeigewerkschaft hält die Pläne von Union und SPD an den Grenzen nicht für wirksam. Im Koalitionsvertrag fehle Entscheidendes. SPD-Chef Klingbeil stellt die Mütterrente unter „Finanzierungsvorbehalt“. Alle Entwicklungen im Liveticker.
Die Verhandlungen sind abgeschlossen: Deutschland wird eine schwarz-rote Regierung bekommen. Anfang Mai soll der Bundestag CDU-Chef Friedrich Merz zum Kanzler wählen. Doch es gibt bereits ersten Streit zwischen den Koalitionären.
Alle Entwicklungen nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen im Liveticker:
07:00 Uhr – Polizeigewerkschaft: Zweifel an Regierungsplänen zur Grenzkontrolle und Zurückweisung
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zweifelt die Wirksamkeit der Pläne von Union und SPD zur dauerhaften Grenzkontrolle und Zurückweisung von Asylbewerbern an. „Die Absicht der unbefristeten Fortsetzung der Grenzkontrollen hat zur Voraussetzung, dass dafür die erforderlichen zusätzlichen personellen und finanziellen Mittel für die Bundespolizei bereitgestellt werden“, sagte der GdP-Vizevorsitzende Sven Hüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dafür enthalte der ausgehandelte Koalitionsvertrag jedoch keine Selbstverpflichtung.
Die vereinbarte Fortsetzung der Grenzkontrollen werde zudem bis zum Zeitpunkt eines funktionierenden europäischen Grenzschutzes nicht verhindern können, dass weiterhin an den Grenzkontrollmaßnahmen vorbei mehrheitlich Asylanträge im Inland gestellt und auch entschieden würden, sagte Hüber und fügte hinzu: „Insofern ist auch nicht zu erwarten, dass die vereinbarte Zurückweisung von Asylantragstellern an der Grenze – so sie europarechtlich und völkerrechtlich überhaupt zulässig ist – objektiv eine überdeutliche Reduzierung der Flüchtlingszahlen bewirken kann.
04:24 Uhr – Grünen-Fraktionsvorsitzende Haßelmann kritisiert Migrationspläne von Union und SPD
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann kritisiert das von Union und SPD geplante Ende freiwilliger Aufnahmeprogramme für Menschen auf der Flucht. „Sichere Fluchtwege einzuschränken und Aufnahmeprogramme einzustellen hat verheerende Auswirkungen für besonders schutzbedürftige Menschen, denen nun die Tür zugeschlagen wird“, sagte Haßelmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wer so handelt, drängt flüchtende Menschen auf unsichere Routen über das Mittelmeer“.
00:45 Uhr – Klingbeil: Auch Mütterrente steht unter Finanzierungsvorbehalt
Die von der CSU durchgesetzte Mütterrente steht nach den Worten des SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzenden Lars Klingbeil wie alle Maßnahmen des Koalitionsvertrags unter einem Finanzierungsvorbehalt. „Alles heißt alles, da gibt es ja nun wenig Interpretationsspielräume. Aber der Wille und die Absicht, das zu finanzieren, ist da“, sagte er in einem Interview mit „Bild“. Die Mütterrente gehöre zu den Absprachen mit Priorität, allerdings habe man bereits in der Vergangenheit gesehen, wie schnell Dinge sich ändern könnten. „Und deswegen warfare uns wichtig, klarzumachen: Alles steht unter Finanzierungsvorbehalt“, so Klingbeil, der als möglicher neuer Finanzminister und Vizekanzler in einer schwarz-roten Bundesregierung gilt.
00:11 Uhr – SPD-Chef erwartet mehr Zurückweisungen
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil erwartet nach eigenen Worten, dass es unter der geplanten schwarz-roten Bundesregierung mehr Zurückweisungen an den Grenzen geben wird als unter der Ampel-Koalition. „Wir sind uns einig: Es gibt mehr Grenzkontrollen, damit gibt es auch mehr Zurückweisungen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Aber (CDU-Chef) Friedrich Merz und ich sind uns einig, dass es in Abstimmung mit den europäischen Partnern passiert“, fügte Klingbeil hinzu. So haben es CDU, CSU und SPD auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Die dort getroffene Formulierung „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ definierte er so: „Wenn ich mich mit jemandem abstimme, dann treffe ich mit dem Gegenüber Verabredungen. Und das ist doch das, worum es geht.“
Donnerstag, 10. April
23:22 Uhr – Linnemann: Bis Sommer muss Sofortprogramm umgesetzt sein
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kündigt eine schnelle Umsetzung der wichtigsten Beschlüsse im Koalitionsprogramm an. „Wir werden im Sommer fertig sein mit einem Sofortprogramm“, sagt er im ZDF. „Dann werden wir in die Sommerpause gehen, und dann entsteht eine andere Grundstimmung“ in Deutschland. Daran werde sich die schwarz-rote Koalition messen lassen müssen. Man solle die Regierung aber nicht schon kritisieren, bevor sie ihre Arbeit überhaupt begonnen habe.
22:55 Uhr – Schwesig pocht auf Umsetzung des Koalitionsvertrages
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig mahnt Union und SPD, die gefundenen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag auch umzusetzen. „Ich kann nur bei allen dafür werben, dass wir das, was wir verabredet haben, auch machen“, sagt die SPD-Politikerin im ZDF. Hintergrund sind erste Dissonanzen, die sich zwischen CDU, CSU und SPD nur einen Tag nach der Vorstellung des Vertrages in den Bereichen Steuerpolitik und Mindestlohn gezeigt haben.
22:20 Uhr – Deutsche erwarten mehrheitlich keine Politikwende
Die Mehrheit der Deutschen glaubt laut einer Blitzumfrage des ZDF-Politbarometers nicht an eine Politikwende. Auf die Frage: „Können Merz und die Union den versprochenen Politikwechsel umsetzen?“, antworteten 64 Prozent mit „Nein“, 30 Prozent mit „Ja“.
54 Prozent der Befragten geben an, dass sie keine Änderung im Bereich Flüchtlinge und Asyl erwarten. Bei der Wirtschaftspolitik erwarten 44 Prozent keine Änderung
Merz‘ Beliebtheitswerte brechen in der Erhebung regelrecht ein. 59 Prozent lehnen den CDU-Chef als Kanzler ab, Anfang März waren dies „nur“ 50 Prozent. 36 Prozent finden seine Wahl laut aktueller Erhebung intestine, Anfang März – additionally kurz nach der Bundestagswahl – waren dies noch 44 Prozent.
18:20 Uhr – Münchner Oberbürgermeister: „Wenn es so weitergeht, werden die Bürgermeister Deutschlands rebellieren“
Dieter Reiter kritisiert gegenüber dem „Tagesspiegel“ den neuen Koalitionsvertrag im Hinblick auf die deutschen Kommunen: „Was mir missfällt ist, dass die Kommunen eine so geringe Rolle zu spielen scheinen“ Der Münchner Oberbürgermeister sprach sich daher für einen eigenen Staatsminister für Kommunen aus: „Einen Staatsminister für Ehrenamt wird es geben – und dafür bin auch ich. Aber für die Kommunen ist das nicht möglich?“
Den Erhalt des Deutschlandtickets bezeichnete Reiter als „grundsätzlich intestine“, schränkte jedoch ein: „Für uns als Städte, am Ende der Nahrungskette, heißt das: Es muss irgendwie finanziert werden. Da stehe ich mit meiner Meinung nicht alleine. Rechtsanspruch auf Kindergartenplatz, Krippenplatz, Ganztagsbetreuung, alles ohne dafür auch die finanziellen Mittel bereitzustellen – so kann es nicht weitergehen. Wenn es so weitergeht, werden die Bürgermeister Deutschlands rebellieren.“
17:02 Uhr – Union fordert von SPD Absage an jegliche Steuererhöhungen
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verlangt von einer möglichen Finanzministerin oder einem möglichen Finanzminister der SPD eine generelle Absage an Steuererhöhungen. „Steuererhöhungen sind mit uns nicht zu machen. Das haben wir der SPD auch deutlich gemacht, dass das nicht geht. Jeder wird sich daran halten müssen“, sagte Dobrindt im Podcast des Nachrichtenportals „Table.Briefings“.„Wir reden über Entlastungen in Deutschland und nicht über zusätzliche Belastungen“, unterstrich der CSU-Politiker.
16:38 Uhr – Islamverband: Koalitionsvertrag blendet muslimisches Leben aus
Der Zentralrat der Muslime hat beklagt, dass der ausgehandelte Koalitionsvertrag muslimisches Leben in Deutschland „ausblendet“. Ein „zentraler Teil der Gesellschaft“ bleibe dort unerwähnt, nämlich Musliminnen und Muslime, erklärte der Verband. „Besonders gravierend ist das vollständige Fehlen einer expliziten Benennung von antimuslimischem Rassismus.“ Der Begriff Islam tauche stattdessen ausschließlich im Zusammenhang mit Islamismusbekämpfung und Sicherheitsbedrohung auf, fuhr der Zentralrat fort. Das sei eine einseitige Darstellung und ein verzerrtes Bild.
Ähnlich kritisch äußerte sich die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) und sieht generell Menschen mit Migrationshintergrund nicht ausreichend berücksichtigt. Das liege daran, dass unter den 19 Spitzenpolitikern, die den Vertrag verhandelt hätten, „leider kein einziger“ gewesen sei, der aus persönlicher Erfahrung wisse, worauf es beim Thema Einwanderungsfreundlichkeit ankomme. Der Verband fordert daher Minister mit Migrationshintergrund. „Der Anspruch wäre: 30 Prozent Menschen mit Migrationsgeschichte“, forderte die TGD.
Ähnlich äußerte sich die „Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen“ (BKMO). Einer von vier Kabinettsposten müsse von einem Minister oder einer Ministerin mit Migrationsgeschichte besetzt werden. „Politik darf nicht über unsere Köpfe hinweg geschehen“, mahnte der BKMO-Vorsitzende Mamad Mohamad.
15:58 Uhr – CSU-Minister stehen bisher nicht fest, sagt Söder
Die Minister der neuen Bundesregierung sollen nach den Vereinbarungen von Union und SPD erst nach der Wahl des Bundeskanzlers benannt werden. Möglicherweise könnten sich diese Pläne aber noch ändern, sagt CSU-Chef Markus Söder in München. „Da gibt den Takt der Kanzler vor – logisch, er muss ja gewählt werden.“ Über die drei der CSU zustehenden Minister und fünf Staatssekretäre habe er noch nicht entschieden. „Ich habe niemandem zugesagt, und ich habe niemandem abgesagt.“ Spekulationen, wonach CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Innenminister werden solle, wollte Söder nicht kommentieren.
15:45 Uhr – Bürokratie in Deutschland soll um 25 Prozent schrumpfen
Die schwarz-rote Koalition will die Bürokratie in Deutschland nach den Worten von CSU-Chef Markus Söder um 25 Prozent abbauen. Damit verbunden seien Entlastungen für Unternehmen von 16 Milliarden Euro, sagt Söder nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. Vor allem die Pflicht für Unternehmen, Beauftragte für bestimmte Themen zu benennen, solle weitgehend wegfallen.
15:31 Uhr – CSU gibt bei Atomkraft auf
CSU-Chef Markus Söder ist nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen von seinem Langzeit-Thema einer Reaktivierung der Kernkraft in Deutschland abgerückt. „Die Kernenergie warfare nicht mehr möglich zu machen“, sagte Söder in München. Eine politische Mehrheit dafür sei nicht erreicht worden. „Das ließ sich nicht umsetzen“, sagte Söder. „Und aufgrund des Zeitablaufes, der sich dann irgendwann auch mal ergibt, es dann wirtschaftlich irgendwann auch mal keinen Sinn mehr macht.“
15:20 Uhr – Söder: Schwarz-Rot deckelt Investitionen aus Sondervermögen
Die schwarz-rote Koalition will aus dem 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für Investitionen in den nächsten vier Jahren maximal 150 Milliarden ausgeben. Das sagt CSU-Chef Markus Söder am Donnerstag in München. Gleichzeitig werde massiv gespart.
14:52 Uhr – SPD-Mitgliederentscheid: Woidke zeigt sich optimistisch
Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke rechnet mit einem Ja seiner Partei zum Koalitionsvertrag mit der Union. „Ich bin da – zumindest, was meine Partei betrifft – optimistisch, dass es eine Zustimmung gibt, weil natürlich die Herausforderungen für dieses Land groß sind“, sagte Woidke. Union und SPD könnten mit dem Koalitionsvertrag „sehr zufrieden sein“, sagte der SPD-Politiker. Darin finde sich vieles wieder, was CDU, CSU und SPD im Wahlkampf vertreten hätten. „Nach ersten Rückkopplungen auch auf SPD-Ebene ist es in den Ländern so bei den Ministerpräsidenten, dass es überwiegend Zustimmung gibt.“
14:04 Uhr – CSU-Gremien stimmen Koalitionsvertrag einstimmig zu
Die CSU hat als erste Partei dem Koalitionsvertrag von Union und SPD im Bund zugestimmt. In einer Schaltkonferenz stimmten am Donnerstag der Parteivorstand, die Landesgruppe im Bundestag und die Fraktion im bayerischen Landtag einstimmig für das Papier, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Parteikreisen erfuhr. Es gebe viel Optimismus, dass mit dem Papier eine gute Richtung im Land eingeschlagen werde, hieß es.
13:03 Uhr: Esken schließt höhere Besteuerung großer Einkommen nicht aus
SPD-Chefin Saskia Esken hält ungeachtet der ablehnenden Haltung der Union an dem Ziel fest, große Einkommen höher zu besteuern. Sie verwies im Deutschlandfunk auf die gemeinsame Absicht von Union und SPD, Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen steuerlich zu entlasten. „Wenn in sich eine Einkommensteuerreform aufkommensneutral sein soll, dann muss auch bei den hohen Einkommen mehr geholt werden“, argumentierte die SPD-Chefin.
Dazu habe es bisher zwar keine Einigung zwischen den voraussichtlichen Koalitionspartnern gegeben. Beide würden aber die angestrebte Reform „gemeinsam entwickeln müssen“. Gleiches gelte auch für die im Koalitionsvertrag vorgegebene Reform der Sozialversicherungssysteme, insbesondere der Rentenversicherung. Hier gehe es darum, eine Lösung zu finden, die angesichts des demografischen Wandels für die nächsten 30 Jahre tragfähig sei. Dies sei nichts, „was man in einem Koalitionsvertrag mal eben niederschreibt“. Sie forderte eine schwarz-rote Kommission, die Modelle entwickelt, um diese Systeme dauerhaft zu stabilisieren.
12:57 Uhr – Philipp Amthor (CDU): „Unliebsame Meinung kann der Staat nicht verbieten“
dpa/rtr/AFP/saha/fhs
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