The cartel of the previous liberators | EUROtoday

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Es sind teils bizarre Szenen gewesen, die sich in den vergangenen Wochen in Mosambik ereigneten. Da schossen beispielsweise Soldaten in Militärfahrzeugen auf menschenleeren Straßen Tränengas gegen Hauswände, während die Bewohner in den Häusern und auf Balkonen auf Töpfe und Pfannen schlugen und „Rettet Mosambik“ skandierten.

Seit die seit fast 50 Jahren regierende Partei „Mosambikanische Befreiungsfront“ (Frelimo) mit ihrem Präsidentschaftskandidaten Daniel Chapo zum Sieger einer höchst umstrittenen Wahl ernannt wurde, kommt das südafrikanische Land nicht zur Ruhe. Mehr als 30 Menschen wurden geschätzt bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften auf den Straßen getötet, Hunderte verletzt und mehr als 1000 verhaftet.

Der populärste Kandidat musste untertauchen

Sechs Wochen nach der Wahl wird nun auch auf internationaler Ebene nach Lösungen der Krise gesucht. Am Mittwoch fand dazu ein außerordentliches Gipfeltreffen der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) in Harare statt. Einen Abend vorher hatte Mosambiks Präsident Filipe Nyusi alle vier Präsidentschaftskandidaten zum Dialog eingeladen, um den Weg zur Versöhnung zu ebnen.

Doch der populärste Kandidat Venâncio Mondlane, der aus Sicht der Opposition die Wahl gewonnen hat, befindet sich weiterhin an einem unbekannten Ort vermutlich im Ausland, weil er um sein Leben fürchtet. Zusätzlich kündigte die Staatsanwaltschaft am gleichen Tag eine Zivilklage an, um ihn zu hohen Entschädigungszahlungen wegen der Anstiftung zu Protesten zu verpflichten.

Viel Unterstützung dürfte Mondlane auch von dem SADC-Treffen nicht erwartet haben, obwohl er vorher einen Aufruf im Internet an die Staatengemeinschaft gerichtet hatte. Sie solle die mosambikanische Regierung dazu „sensibilisieren“, den Wählerwillen zu respektieren, die Polizeigewalt zu beenden sowie die Menschenrechte und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu achten. Mehr als 33.000 Menschen hatten die Petition unterschrieben.

Nur vier Regierungschefs reisten nach Harare

Doch der Gipfel war nicht so hochkarätig besetzt wie erwartet. Nur vier von 16 Staats- und Regierungschefs reisten nach Harare, die übrigen schickten Minister oder Vizepräsidenten. Auch der Ort ließ kein Plädoyer für Demokratie und Menschenrechte erwarten. Den derzeitigen SADC-Vorsitz hat Simbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa, der die Opposition im eigenen Land brutal unterdrückt. Mnangagwa ist zudem ein enger Verbündeter seines mosambikanischen Amtskollegen. Gerüchten zufolge hatten Simbabwer mit gefälschten mosambikanischen Personalausweisen in der Wahl für Frelimo gestimmt.

Frelimo kann in ihrem Bemühen, an der Macht zu bleiben, aber nicht nur auf Simbabwe setzen. Die Bande zwischen den einstigen Befreiungsorganisationen im südlichen Afrika scheinen weiterhin intakt zu sein. Abgesehen von Mosambik und Simbabwe hat es auch in Angola, Tansania, Namibia und Südafrika seit der Unabhängigkeit und dem Ende der Apartheid keine Regierungswechsel gegeben, wobei die regierenden Parteien vor allem in der jüngeren Bevölkerung immer weniger Unterstützung erhalten. Das schweißt zusätzlich zusammen.

In Namibia, wo in der kommenden Woche gewählt wird, hatte der verstorbene Präsident Hage Geingob die vorige Wahl nur noch mit 56 Prozent gewonnen, nach 87 Prozent im Jahr 2014. Jetzt kandidiert die Vizepräsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah. In Tansania häufen sich die Angriffe auf die Opposition unter der neuen Präsidentin Samia Suluhu-Hassan, ein fairer und freier Verlauf der Wahl erscheint auch dort fraglich. In Südafrika hatte der Afrikanische Nationalkongress (ANC) im Mai erstmals seit 30 Jahren die absolute Mehrheit verloren.

Risse in der alten Front

Doch es könnte auch Unterstützer für Mosambiks Opposition in der Umgebung geben, zumindest hinter den Kulissen. In Botswana und auf Mauritius gestanden die Kandidaten der Regierungsparteien unlängst ihre Wahlniederlagen ein, als noch nicht einmal alle Stimmen ausgezählt waren. Sambias Präsident Hakainde Hichilema hatte im vergangenen Jahr für Aufsehen gesorgt, als die damalige SADC-Beobachtermission die Wahl in Simbabwe scharf kritisiert hatte. Hichilema war zu der Zeit als Vorsitzender der SADC-Troika für die Mission zuständig. Nach der diesjährigen Wahl in Mosambik jedoch hatte die SADC-Beobachtermission die Wahl als einzige unter den Missionen als frei und fair beurteilt.

Abseits des Gipfels laufen nun die Bemühungen, Lösungen zu finden. Die bislang größte Oppositionspartei, der „Nationale Widerstand Mosambiks“ (Renamo), forderte, die Wahl zu annullieren und eine geschäftsführende Übergangsregierung einzusetzen, bis die Voraussetzungen für faire Wahlen geschaffen seien. Eine „Regierung einer Nationalen Einheit“ wie in Südafrika mit Beteiligung zahlreicher Oppositionsparteien brachte die Vereinigung der katholischen Bischöfe ins Gespräch.

Zurückhaltung demonstrierte derweil Mondlane, als er am Dienstag die Choreographie der Proteste an den kommenden drei Tagen bekannt gab. Sie würden als „Trauertage“ deklariert, an denen der Opfer von Polizeigewalt gedacht werde. Täglich sollen die Bürger im ganzen Land eine Viertelstunde lang, von 12 bis 12.15 Uhr, Autos anhalten, hupen und Plakate hochhalten. Abends sollen friedliche Demonstrationen stattfinden, aber keine „Aufmärsche“. Schwarze Kleidung oder schwarze Symbole sollen zu sehen sein, von Vandalismus sollen sich die Aktionen klar unterscheiden.

Die bisherigen Proteste haben einen großen Schaden verursacht. Zwischenzeitlich war der wichtigste Grenzübergang zwischen Mosambik und Südafrika geschlossen, der Betrieb am Hafen in Maputo war an mehreren Tagen beeinträchtigt. Hotels berichteten von zahlreichen Stornierungen kurz vor der Hauptsaison.

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/proteste-in-mosambik-das-kartell-der-einstigen-befreier-110123578.html