US-Justizminister Merrick Garland hat einen Sonderermittler damit beauftragt, den Fund vertraulicher Dokumente in privaten Räumen von US-Präsident Joe Biden zu untersuchen. Der Anwalt und frühere Staatsanwalt Robert Hur werde prüfen, ob in der Angelegenheit Gesetze verletzt worden seien, sagte Garland bei einem kurzfristig anberaumten Auftritt in Washington, D.C. Dies sei im öffentlichen Interesse.
Das Team von US-Präsident Joe Biden räumte Fehler ein. Bidens Berater Richard Sauber teilte mit: “Wir sind zuversichtlich, dass eine gründliche Überprüfung ergeben wird, dass diese Dokumente versehentlich verlegt wurden und dass der Präsident und seine Anwälte nach der Entdeckung dieses Fehlers sofort gehandelt haben.”
Mit Blick auf die Einsetzung des Sonderermittlers sagte Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre, das Weiße Haus sei nicht vorab darüber informiert worden, sondern habe erst durch die Pressekonferenz von Ressortchef Merrick Garland davon erfahren. Das Ministerium arbeite unabhängig.
Jean-Pierre wich laut Nachrichtenagentur dpa Nachfragen von Reportern zu dem Fall konsequent aus – etwa dazu, warum das Weiße Haus die Öffentlichkeit erst nach mehreren Wochen über die Entdeckungen informierte und dies auch scheibchenweise, nachdem Medien darüber berichtet hatten. Jean-Pierre gab darauf keine Antworten, sondern betonte hartnäckig, das Vorgehen von Bidens Team in dem Fall sei transparent und vorbildlich und der Präsident nehme den Umgang mit Verschlusssachen sehr ernst.
Dokumente in Privaträumen in Washington, D.C., und Wilmington entdeckt
In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass Verschlusssachen aus Bidens Zeit als Vizepräsident unter Barack Obama an verschiedenen Orten entdeckt wurden. Dazu zählen private Büroräume in der Hauptstadt Washington, D.C., sowie das Haus Bidens in Wilmington im Bundesstaat Delaware. Die erste Tranche an Dokumenten war bereits Anfang November entdeckt worden – kurz vor den sogenannten Midterm-Wahlen. Erst als Medien kürzlich über den Fund berichteten, bestätigte Bidens Büro den Vorfall. An diesem Donnerstag bestätigte ein Rechtsberater des Präsidenten dann den Fund einer “kleinen Anzahl” weiterer Dokumente – diesmal in Bidens Garage.
Biden selbst räumte ein, auch in seiner Privatbibliothek sei ein als vertraulich eingestuftes Dokument gefunden worden. Er werde in jeder Hinsicht mit den Ermittlern des Justizministeriums kooperieren, die klären sollen, wie die Akten dorthin gelangten, sagte er.
Republikaner ziehen Parallelen zu Dokumentenfund bei Trump
Die Situation ist für den US-Präsidenten politisch äußerst heikel, denn mit einem ähnlichen Fall hatte sein republikanischer Vorgänger Donald Trump im Sommer für einen Skandal gesorgt. Trump hatte bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus im großen Stil Regierungsdokumente mit in sein privates Anwesen Mar-a-Lago in Florida genommen, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe.
Die Bundespolizei FBI hatte Trumps Anwesen im August durchsucht und dabei diverse Verschlusssachen beschlagnahmt. Ein Sonderermittler untersucht den Fall, Trump könnte sich strafbar gemacht haben. Biden hatte das Verhalten Trumps damals als unverantwortlich bezeichnet. Nach dem Dokumentenfund bei Biden forderten prominente Republikaner die Einsetzung eines Sonderermittlers auch im Fall des derzeitigen Präsidenten. Die Oppositionspartei warf Biden und seiner Regierung außerdem vor, mit zweierlei Maß zu messen.
Ein Gesetz in den USA aus dem Jahr 1978 verpflichtet Präsidenten und Vizepräsidenten, alle ihre E-Mails, Briefe und andere Dokumente an das Nationalarchiv abzugeben. Bidens Mitarbeiter betonen, dass sich der Dokumentenfund bei dem Präsidenten deutlich von dem Fund bei seinem Vorgänger unterscheide: So meldete das Team des Präsidenten die Entdeckungen eigenen Angaben zufolge sofort dem Justizministerium und gab die Unterlagen weiter.
Anders als nun bei Biden war in Trumps Fall zudem ein Streit mit dem Nationalarchiv vorausgegangen. Dieses hatte monatelang erfolglos versucht, von Trump Papiere aus dessen Amtszeit zu bekommen. Trumps Team hatte dem Nationalarchiv schließlich Dokumente übergeben – aber längst nicht alle, wie sich bei der FBI-Durchsuchung im August herausstellte.