EZB hebt Leitzins um 0,5 Prozentpunkte an

Die Europäischen Zentralbank (EZB) hebt die Leitzinsen weiter an. Das hat die Notenbank am Donnerstag nach der Februarsitzung des EZB-Rates mitgeteilt. Dabei geht die Notenbank noch einmal einen großen Zinsschritt: Die Leitzinsen werden um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Das ist die fünfte Zinserhöhung der EZB in Folge. Ökonomen lobten den Schritt in einer ersten Reaktion – wiesen aber auch darauf hin, dass die EZB einen langen Atem brauche.

Damit haben sich im EZB-Rat offenbar die Falken, das sind die Befürworter einer strafferen Geldpolitik, noch einmal durchgesetzt. Das war erwartet worden – die nächste Entscheidung im März könnte umstrittener werden. EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die bei ihrem Amtsantritt gesagt hatte, sie wolle weder ein Falke noch eine Taube sein (das sind die Befürworter einer lockeren Geldpolitik), sondern eine kluge Eule, war zuletzt durchaus durch falkenhafte Äußerungen aufgefallen. Sie hatte wiederholt hervorgehoben: „Wir müssen die Inflation senken – und wir werden dieses Ziel erreichen.“

Die Inflation im Euroraum war durch die niedrigeren Energiepreise zuletzt etwas gesunken, auf 8,5 Prozent im Januar. Sie war damit gleichwohl noch weit vom Ziel der EZB von 2 Prozent entfernt. Zudem verharrte die sogenannte Kerninflation, die Teuerung ohne stark schwankende Preise wie die für Energie und Lebensmittel, bei 5,2 Prozent. Das ist der höchste Stand seit Einführung des Euro. Auch wenn die Preise für Energie und Nahrungsmittel die Inflationsrate weiter etwas sinken lassen sollten, könnten gerade die letzten Prozentpunkte bei der Inflationsbekämpfung schwieriger werden.

Erste Anzeichen für politische Widerstände gegen höhere Zinsen hatte es aus Italien gegeben. Dazu sagte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel allerdings: „Das müssen wir aushalten – genau deshalb sind Zentralbanken unabhängig.“

EZB wagt größeren Schritt als Fed

Die Zinserhöhung der EZB betrifft dabei alle drei Leitzinsen: Damit steht der Hauptrefinanzierungssatz bei 3 Prozent. Das ist der Zinssatz, zu dem sich Banken für eine Woche gegen Sicherheiten bei der EZB Geld leihen können. Der sogenannte Einlagensatz – der Zins, den Banken für Einlagen bei der EZB bekommen und der zumindest aus deren Sicht im Augenblick der wichtigste Leitzins ist – steigt auf 2,5 Prozent. Bis ins vorige Jahr hinein war dieser negativ. Zudem klettert der Spitzenrefinanzierungssatz, zu dem sich die Banken bei der Zentralbank über Nacht Liquidität sichern können, auf 3,25 Prozent.

Damit schlägt die EZB diesmal stärker zu als die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed): Diese hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass sie ihre Leitzinsen nur um 0,25 Prozentpunkte anhebt. Dabei hatte die amerikanische Notenbank bislang schneller und stärker auf die allerdings in den Vereinigten Staaten auch schon eher gestiegene Inflation reagiert. Offenbar lässt sie jetzt auch früher nach. Selbst verbal unterscheiden sich Fed und EZB nun deutlich. „Die EZB befindet sich noch mitten im Inflationskampf, während die Fed langsam einen Waffenstillstand vorbereiten kann“, sagte Karsten Junius, Ökonom der Bank J. Safra Sarasin.

Wie oft die EZB die Zinsen noch weiter erhöhen wird, ist unter Ökonomen umstritten. Jari Stehn, der Europa-Chefvolkswirt der Investmentbank Goldman Sachs, sagt eine weitere Zinserhöhung der EZB um 0,5 Prozentpunkte im März vorher – sowie eine vorerst letzte Zinserhöhung im Mai um 0,25 Prozentpunkte. Man findet aber auch andere Prognosen. Am Donnerstag stellte die EZB selbst eine weitere Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte im März in Aussicht. An den Finanzmärkten gab es dagegen schon Spekulationen, die Zentralbank könne die Zinsen in der zweiten Jahreshälfte schon wieder senken. EZB-Präsidentin Lagarde hatte diese Erwartung aber beim Weltwirtschaftsforum in Davos zurückgewiesen.

Auch für Verbraucher dürften die Zinsen weiter steigen

Für Verbraucher hat die Zinswende schon im vergangenen Jahr deutlich höhere Kreditzinsen und etwas höhere Sparzinsen gebracht. Der Kreditvermittler Interhyp rechnet bei den Bauzinsen nun weiter mit erheblichen Schwankungen und Zinssätzen zwischen 3 und 4 Prozent bei Baudarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung.

Für Tagesgeld bieten die ersten Banken jetzt um 2 Prozent Zinsen im Jahr. Horst Biallo von der gleichnamigen Verbraucherplattform rechnet durch die EZB-Zinserhöhungen im Februar und März noch mal mit einem „Schub“ für die Tagesgeldzinsen: „Wir rechnen bis zum Frühjahr in der Spitze mit einer Drei vor dem Komma beim Tagesgeld.“

Während die herkömmlichen Banken trotz allem eher etwas zurückhaltend damit sind, die steigenden EZB-Zinsen auch an Sparer weiterzugeben, sehen neue Konkurrenten gerade darin eine Chance.

So werben die sogenannten Neobroker, die ihren Kunden für die Geldanlage eigentlich ETF und Sparpläne empfehlen, im Moment mit relativ hohen Tagesgeldzinsen auf ihren Verrechnungskonten fürs Depot. C24, die vergleichsweise neue Bank der Internetvergleichsplattform Check24, will mit 2 Prozent Zinsen auf Girokonto-Guthaben für eine begrenzte Zeit und für Beträge bis 50.000 Euro Kunden gewinnen.

Source: faz.net

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