Verschleppung ukrainischer Kinder: Verschleppt, umerzogen, russifiziert

Die massenhafte Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland ist eines der grausamsten Verbrechen dieses Krieges. Wie Ukrainer versuchen, ihre Kinder zurückzuholen.

Fast wäre die damals zwölfjährige Ukrainerin Kira aus Mariupol im vergangenen Jahr nach Russland verschleppt worden. Sie war auf der Flucht aus der hart umkämpften Stadt verletzt worden und zur Behandlung in ein Krankenhaus in der ostukrainischen Stadt Donezk gelandet. Dort wurden Vorbereitungen getroffen, das Kind nach Russland zu bringen. Möglicherweise sollte sie dort adoptiert werden, sagt ihr Großvater Oleksandr Obedinsky, dem es am Ende gelang, seine Enkelin zu retten. “Mir war klar, dass ich nach einer Adoption keine Chance gehabt hätte, sie zurückzuholen”, sagt Obedinsky bei einem Treffen im Dezember. Kira sei verzweifelt gewesen. In den seltenen Momenten, in denen er mit ihr telefonieren konnte, fragte sie ihn: “Opa, wann holst du mich ab?”

Massenhaft und systematisch

Tausende ukrainische Kinder sind im russischen Krieg gegen die Ukraine nach Russland verschleppt worden. Mindestens 13.000 Kinder sind es nach Angaben der ukrainischen Regierung vom Dezember 2022, die seit Februar in die von Russland besetzten Gebiete oder nach Russland gebracht wurden. Aber das sind nur die Fälle, die die Behörden offiziell bestätigen konnten, die tatsächliche Zahl dürfte weit höher sein, denn von vielen Kindern fehlt jede Spur.

Schon seit 2014 gibt es Hinweise auf Verschleppungen, doch seit Beginn der Invasion werden sie offenbar systematisch und in großem Umfang durchgeführt. Während der Belagerung von Mariupol etwa sollen Hunderte Kinder aus der Stadt verschleppt worden sein. Im Kriegsverlauf tauchten immer wieder Berichte auf, vor allem aus den besetzten Gebieten im Süden, Norden und Osten der Ukraine. Die russischen Soldaten fanden die Kinder in Kellern, Heimen oder Internaten. In der Region Kupjansk zum Beispiel haben russische Soldaten während der Besatzung etliche Kinder aus einer Ganztagsschule entführt und über die nahe russische Grenze gebracht. Und im befreiten Cherson berichtete jüngst ein Heimleiter, dass russische Soldaten ihm während der Besatzung gedroht hätten, die Kinder zu entführen, er die Mädchen und Jungen aber vorher verstecken konnte.

Die massenhafte Verschleppung der ukrainischen Kinder ist eines der grausamsten Verbrechen dieses Krieges – und eines, über das verhältnismäßig wenig berichtet wird. Das liegt auch daran, dass solche Fälle schwierig zu recherchieren sind. Viele Angehörige sind verzweifelt, dass ihnen ihre Kinder in den Kriegswirren abhandengekommen sind. Einige hoffen darauf, dass sie sie zurückholen können und fürchten, dass Öffentlichkeit dabei schadet. ZEIT ONLINE konnte dennoch mit zwei Familienangehörigen sprechen – mit dem Großvater der mittlerweile 13-jährigen Kira, der eine Verschleppung verhindern konnte, und einer Mutter, der es gelang, ihr Kind aus Russland zurückzuholen.

Die ukrainische Regierung hat immer wieder betont, dass sie mehr Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft braucht, um die Kinder zu finden und nach Hause zu bringen. Bisher wurden nach offiziellen Angaben 126 Kinder von der ukrainischen Regierung aus Russland zurückgeholt. Jeder einzelne Fall ist eine Mammutaufgabe, denn die russische Seite gibt kaum Informationen zu den Aufenthaltsorten der Kinder heraus. Die ukrainische Regierung hat die Onlineplattform Children of War erstellt, auf der Angehörige, Augenzeugen und lokale Behörden Angaben zu verschleppten Kindern machen können, die Regierung leitet die Details an die Bundespolizei und das staatliche Informationsbüro weiter, das Daten zu Kriegsgefangenen, Toten und Vermissten sammelt. Außerdem versuchen private Initiativen, auf eigene Faust, Kinder zurückzubringen.

Flucht aus Mariupol

Gerettet: Oleksandr Obedinsky mit seiner Enkelin Kira im Kinderkrankenhaus in Kiew

Oleksandr Obedinsky war auch deshalb zu einem Treffen bereit, weil über seine Enkelin bereits berichtet worden ist. Diese Geschichte zeigt besonders drastisch, wie dieser Krieg die Familien auseinanderreißt.  Obedinsky selbst verließ Mariupol am 14. März vergangenen Jahres mit dem ersten Evakuierungskonvoi, nachdem russischen Truppen seine Stadt in Trümmer gebombt hatten. Obedinsky hatte wochenlang bei eisigen Temperaturen ohne Heizung und Strom in der umkämpften Stadt ausgeharrt. Als er mit seinem Auto die Stadtgrenze passierte, dachte er, das Schlimmste hätte er hinter sich.

Obedinsky ist 67, ein großer Mann mit einem freundlichen Lächeln. An diesem Dezembermorgen sitzt er in einem Café im Zentrum von Tscherniwzi, einer Stadt im Westen der Ukraine, und sagt: “Um ein Haar hätte ich Kira verloren.” Obedinsky war vor seiner Pensionierung Profi-Wasserballspieler, sein Sohn Jewhen wurde als Kapitän der Nationalmannschaft der bekannteste Wasserballspieler der Ukraine. “Das Schwimmbecken war unser zweites Zuhause”, sagt Obedinsky. Seine Frau starb früh, so auch die Frau seines Sohnes, Jewhen zog seine beiden Töchter, darunter Kira, alleine auf. Großvater und Sohn waren jeweils neu liiert und hatten ein gutes Leben, bevor der Krieg in ihre Stadt kam.

Der Kampf um Mariupol war brutal. “Wir mussten uns in Sicherheit bringen”, sagt Obedinsky. Mit drei Autos fuhren sie in die Westukraine, wo es sicherer war, Obedinsky, seine Frau, einige Angehörige und Freunde. In Tscherniwzi fand er eine Zweizimmerwohnung, in der sie seitdem wohnen. Obedinskys Sohn Jewhen blieb mit Kira, seiner Lebensgefährtin und deren Kindern in Mariupol. Obedinsky konnte seinen 38-jährigen Sohn nicht mehr erreichen, das Telefonnetz in Mariupol war zusammengebrochen. Von seiner Tochter, die im Ausland lebt, erfuhr er, dass die Russen Jewhens Wohnblock bombardiert hätten und ein Brand ausgebrochen sei. Dass Jewhen seine Freundin und die Kinder in den Keller geschickt und versucht habe, die Flammen zu löschen. “Sie haben später seine Leiche gefunden”, sagt Obedinsky. Kira war nun ein Waisenkind. Und in großer Gefahr.

Auslöschung der Identität

Die russischen Soldaten suchen vor allem nach Kindern, die keine Bezugsperson haben, etwa weil ihre Eltern im Krieg inhaftiert oder getötet wurden. Oder weil sie Waisen sind oder ihre Eltern sie in staatliche Heime gegeben haben. Jene Kinder also, die besonders verwundbar sind, weil niemand nach ihnen sucht, sie ein körperliches oder psychisches Handicap haben oder weil sie aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen. Die russischen Behörden behaupten, diese Kinder hätten keine Erziehungsberechtigten, die sich um sie kümmern könnten, sie seien in Russland besser aufgehoben als in der Ukraine im Krieg.

Dabei sind sich Menschenrechtsexperten sicher, dass die russische Führung mit den Verschleppungen ein anderes Ziel verfolgt: Sie will, dass die Kinder ihre ukrainische Herkunft vergessen und als Russen aufwachsen. Im Mai 2022 hat Wladimir Putin ein Dekret erlassen, das es Russen erleichtert, ukrainische Kinder, die keine Erziehungsberechtigten haben, zu adoptieren und ihnen die russische Staatsbürgerschaft zu geben.

Dass dies keine Unterstellung ist, belegt ein öffentlicher Auftritt der Sonderbeauftragten des russischen Präsidenten für Kinderrechte, Maria Lwowa-Belowa. Im russischen Fernsehen sagte sie im September vergangenen Jahres, ihre Behörde habe 30 Kinder aus Mariupol im Moskauer Gebiet aufgenommen. Diese Kinder hätten sich am Anfang “negativ über Russland geäußert”, doch dann seien die Kinder auf Familien verteilt worden. Lwowa-Belowa habe selbst ein Kind aufgenommen. Nach einiger Zeit habe die ukrainische Regierung diese Kinder zurückverlangt, weil es gesetzliche Vertreter dieser Kinder gäbe. Belowa habe diese Kinder befragen lassen, doch keines von ihnen habe zurückgehen wollen. Es gehe ihnen gut. Wie man sehe, sagte Lwowa-Belowa, “es gibt negative Einstellungen, aber mit der Zeit wandeln sie sich in Liebe”.

Die ukrainische Regierung sieht das als Versuch, die ukrainische Identität auszulöschen – was nach der Völkermordkonvention einen Völkermord darstellt.

Die Kinder kamen nicht zurück

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besuchte Kira im April 2022 im Krankenhaus in Kiew, nachdem ihr Großvater sie aus Donezk gerettet hatte.

Was nach Jewhens Tod passierte, kann Obedinsky nicht genau sagen. Ihm wurde es so erzählt: Kira ist mit Jewhens Lebensgefährtin, deren Kindern und einigen Nachbarn zu Fuß aus Mariupol geflohen. Am Stadtrand trat jemand auf eine Mine, bei der Explosion verletzten Granatsplitter Kira an den Ohren, im Gesicht und an den Beinen, sie blutete stark. Die Gruppe stoppte zwei vorbeifahrende Autos, die sie in die Klinik im nächsten Ort brachten, wo ukrainische Ärzte versuchten, Kiras Wunden zu versorgen. Weil sie so schlecht ausgestattet waren, ließen sie Kira in ein Krankenhaus in der Stadt Donezk bringen, die seit 2014 von Russland kontrolliert wird. Jewhens Lebensgefährtin wurde von dort nach Russland gebracht. Danach, sagt Obedinsky, habe sich ihre Spur verloren.

Kira blieb zwei Wochen in dem Krankenhaus, dann wurde sie in eine Kinderklinik verlegt. Obedinsky hat Bekannte in Donezk, die nach Kira schauten. Sie sei gut versorgt worden, sagt er. Aber Obedinsky wusste in diesen Tagen im April, dass ihm nicht viel Zeit blieb, um sie zurückzuholen. Kiras Ärzte sagten ihm am Telefon, sie werde bald ins russische Staatsgebiet gebracht. Mitarbeiter der russischen Verwaltung in Donezk hätten sie besucht, berichtete ihm Kira, sie zu ihrer Familie befragt und Videos mit ihr gedreht. Darin wird behauptet, Kiras Verletzungen seien ihr von Ukrainern zugefügt worden und sie sei nur bei den Russen in Sicherheit.

Obedinsky konnte nicht einfach nach Donezk fahren, er sagt, die Russen hätten ihn am ersten Checkpoint erschossen. Also setzte er von Tscherniwzi aus alles in Gang, was möglich war. Er kontaktierte die Behörden, Journalisten, Hilfsorganisationen, die Bundesstaatsanwaltschaft, das Präsidentenbüro, sogar jemanden im Vatikan. Mit Erfolg. Einige Tage später rief eine Regierungsmitarbeiterin Obedinsky an und sagte, er könne seine Enkelin abholen, sie hätten mit der russischen Seite eine Vereinbarung erzielt. Obedinsky fuhr sofort mit dem Zug nach Polen, flog von dort erst in die Türkei, dann nach Moskau, von dort fuhr er mit dem Zug in den Süden Russlands und weiter mit einem Auto nach Donezk. Er wurde von Sicherheitsleuten der ukrainischen Regierung begleitet und von einer Ukrainerin, die ihren Enkel aus Donezk abholen wollte.

Im Krankenhaus hielt er eine weinende Kira im Arm. “Endlich bist du da”, sagte sie. Sie traten am selben Tag die Rückreise an. Bevor sie nach Tscherniwzi fuhren, war Kira für ein paar Tage in einem Kiewer Kinderkrankenhaus durchgecheckt worden. Der ukrainische Präsident besuchte sie dort, es gibt Videos, die zeigen, wie Wolodymyr Selenskyj Kira ein iPad überreicht. Obedinsky weiß nicht, warum Selenskyj sich so für Kira eingesetzt hat. “Aber ich bin ihm unendlich dankbar.”

Private Rettungsaktionen

Ein Baby in einem Krankenhaus in Cherson: Das Mädchen wurde kurz vor dem Krieg geboren und von seiner leiblichen Mutter verlassen. Eine ukrainische Krankenschwester adoptierte das Kind während der russischen Besatzung, um es vor einer Verschleppung zu bewahren.

Viele der ukrainischen Kinder, die nach Russland verschleppt wurden, können nicht von ihren Angehörigen zurück nach Hause geholt werden. Sie gelten als verschollen, denn niemand weiß, wo sie sich befinden, wie es ihnen geht oder ob sie überhaupt noch am Leben sind. Es gibt aber auch Eltern, die wissen, wo sich ihre Kinder in Russland aufhalten. Eltern, die ihre Kinder trotz des Krieges gutgläubig dorthin haben gehen lassen – und sie nun auf eigene Faust zurückholen wollen.

So wie die 15 Frauen, die sich an einem frostigen Tag Anfang Dezember in einem Gemeindezentrum in Kiew einfanden. Gerade waren sie mit dem Nachtzug aus Charkiw gekommen, nun wollten sie frühstücken und dann nach Russland reisen. Organisiert wurde die Reise von der Hilfsorganisation Save Ukraine, die Spenden gesammelt hatte, um den Frauen die Reisekosten zu erstatten. Schon einmal hatten ein paar Mütter mithilfe der Organisation ihre Kinder zurückgeholt. Die Frauen hofften, dass ihnen das auch gelänge. Ende Januar 2023 ist klar: Allen ist es gelungen, ihre Kinder zurück in die Ukraine zu bringen.

Eine Mutter erklärt in Kiew, wie ihre Tochter abhandengekommen ist. Um sie und das Kind zu schützen, wird ihr Name nicht veröffentlicht. Die 32-Jährige kommt aus einem Dorf in der Oblast Charkiw, das unter russischer Besatzung stand, bis die ukrainischen Truppen es zusammen mit anderen Dörfern in der Region im September befreit haben. Sie hat ihre 15-jährige Tochter seit August nicht mehr gesehen. Sie sagt, im Sommer habe die Schuldirektorin den Schülern erzählt, dass sie in ein Ferienlager nach Russland fahren könnten, wo sie baden und sich vom Krieg erholen könnten, kostenlos. Ihre Tochter habe davon geschwärmt, sagt sie. Die Mutter ist alleinerziehend, sie sagt, sie habe nie genug Geld gehabt, um mit ihrer Tochter zu vereisen. “Ferien am Schwarzen Meer, das klang wie ein Traum”, sagt sie. “Ich dachte, ich tue ihr etwas Gutes.”

So wie ihr ging es auch anderen Müttern. Rund 300 Kinder zwischen neun und 16 Jahren brachten die russischen Soldaten im Sommer aus den besetzten Gebieten in der Region Charkiw in Ferienlager nach Russland. Die Mutter sagt, die Gruppe ihrer Tochter sei Ende August abgereist. In Bussen seien die Kinder erst in die von Russland kontrollierten Gebiete in der Region Luhansk, von dort über die Grenze und dann in den russischen Süden in die Region Krasnodar gebracht worden, in der es Strandresorts, Wasserfälle und Freizeitparks gibt. Eine ukrainische Lehrerin sei als Betreuerin mitgefahren. Nach drei Wochen hätten die Kinder zurück sein sollen. “Aber sie kamen nicht wieder.” Um ihr Dorf herum hatten die ukrainischen Truppen mit der Gegenoffensive begonnen. Sie habe später herausgefunden, dass die russischen Betreuer in dem Ferienlager den Kindern gesagt hätten, dass sie jetzt nicht nach Hause könnten, weil es wegen der Kämpfe zu gefährlich sei. Wenn sie mit ihrer Tochter telefoniert habe, habe sie gut geklungen, sie habe ihr Zimmer und das Essen gemocht. “Aber sie sagte auch, dass sie endlich nach Hause möchte.”

Als ihr Dorf wieder unter ukrainischer Kontrolle war und die Wochen vergingen, fürchtete die Frau, sie würde ihre Tochter nie wieder sehen. Sie kontaktierte andere Mütter, deren Kinder ebenfalls in der Region Krasnodar waren. Gemeinsam versuchten sie, über die ukrainische Betreuerin Informationen zu bekommen. Die sagte ihnen, dass die russischen Behörden die Kinder nur gehen ließen, wenn die Eltern sie eigenhändig abholten. Und so nahm die Frau Kontakt mit Save Ukraine auf und beantragte die Reisedokumente.

Die russischen Behörden wissen, dass die Männer die Ukraine wegen des Krieges nicht verlassen können und es daher an den Müttern ist, solche Reisen zu organisieren. Sie setzen darauf, dass viele Frauen das nicht können, zum Beispiel, weil ihnen das Geld fehlt, und die Kinder dann in Russland bleiben.

Erziehung zu russischen Patrioten

Die Eltern, die ihre Kinder freiwillig in ein Sommerlager geschickt haben, seien sich nicht im Klaren darüber gewesen, was die Russen mit den Kindern vorhatten, sagt Kateryna Rashevska, Rechtsberaterin bei der ukrainischen Organisation Regional Center for Human Rights in Kiew. Die russischen Erzieher hätten die Kinder in den Camps zwar nicht militärisch gedrillt, aber versucht, sie umzuerziehen. Sie stehe mit einigen Müttern in Kontakt, die ihre Kinder aus diesen Lagern zurückgeholt hätten. Die hätten ihr berichtet, dass die Kinder gezwungen worden seien, die russische Nationalhymne zu hören und nur Russisch zu sprechen. Dass sie Unterricht bekommen hätten zur Geschichte Russlands, die “verzerrt und mit viel Propaganda durchsetzt dargestellt wurde”, wie Rashevska sagt. Einige Kinder hätten Vertreter der orthodoxen Kirche treffen müssen, die Putin gepriesen hätten. “Die Russen wollen die Kinder zu russischen Patrioten erziehen”, sagt sie. Man dürfe nicht unterschätzen, was die Propaganda bei den Kindern bewirkt haben könnte. “Einige Kinder haben vielleicht schon verinnerlicht, dass die Ukraine der Feind ist”, sagt sie. “Vielleicht werden sie später für Russland und gegen den Westen kämpfen.”

Save Ukraine ist es bis Ende Januar 2023 gelungen, 28 Kinder zurück in die Ukraine zu bringen, 20 waren es bei der Reise Ende vergangenen Jahres. Details zu dieser Reise kann die Organisation nicht nennen, denn sie will künftige Rettungsaktionen in Russland nicht gefährden. Derzeit ist eine weitere Gruppe von Frauen unterwegs, um ihre Kinder heimzuholen.

Die Mutter aber, die ihr Kind ans Schwarze Meer fahren ließ, konnte ihre Tochter wohlbehalten nach Hause bringen. Sie sind zurück in ihrem Dorf, die Tochter nimmt am Schulunterricht teil.

Traumatisierte Kinder

Die Erfahrung des Ausgeliefertseins prägt die Kinder, die ohnehin unter diesem Krieg leiden. Obedinsky sagt, seine Enkelin Kira sei nach ihrer Rückkehr aus Donezk anders gewesen, still und zurückgezogen. “Es gab plötzlich zwei Kiras”, sagt er. “Die Kira vor dem Krieg, und die Kira danach.” Es habe Monate gedauert, bis Therapeuten Kira “ins Leben zurückholen konnten”.

Obedinsky trägt inzwischen das Sorgerecht für Kira. “Heute kann sie wieder lachen”, sagt er. Er wolle mit ihr in der Ukraine bleiben. Irgendwann würden die Bestien, wie er die Russen nennt, aus seinem Land verschwunden sein. Kira habe schon ihre Eltern verloren, sie solle nicht auch noch ihre Heimat verlieren.

Der Spielplatz am Waisenhaus von Cherson: Von hier sollen russische Soldaten während der Besatzung 46 Kinder nach Russland gebracht haben.
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