Kein Rohöl mehr aus Russland – steigt jetzt wieder der Dieselpreis?

Zuerst stoppte Europa den Import russischer Kohle, dann folgte Rohöl, ab diesem Wochenende nun dürfen Ölerzeugnisse wie Benzin und Diesel nicht länger eingeführt werden.

Zugleich ist ein Preisdeckel für solche Produkte geplant. WELT erklärt, was das für Autofahrer in Deutschland bedeutet.

Werden Benzin und Diesel nun an den Tankstellen knapp?

Deutschland hat aus Russland nahezu ausschließlich Diesel bekommen. Daher ist die Versorgung mit Benzin, das bei uns aus hiesigen Raffinerien, Ländern Europas sowie aus den USA und Fernost stammt, nicht betroffen.

Beim aktuellen Nachschub von Diesel sehen Experten jedoch keine Einschränkungen auf die Autofahrer zukommen. „Ich erwarte keine relevanten Versorgungsprobleme an der Tankstelle mit Diesel. Dafür war die Vorbereitungszeit für eine Bevorratung durch andere Lieferungen lang genug“, sagt Jürgen Albrecht, Experte für den Kraftstoffmarkt beim ADAC.

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An einer Verknappung könne niemand im Geschäft mit Kraftstoff ein Interesse haben. Auch der Mineralölverband Fuels und Energie sieht keine Versorgungslücke.

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Deutschland hat im vergangenen Jahr 12,5 Prozent des Dieselverbrauchs mit Lieferungen aus Russland abgedeckt. Dies wird nun etwa durch Saudi-Arabien ersetzt.

Wird Diesel durch das Embargo teurer?

Möglich ist ein Preisaufschlag nach einer derartigen Veränderung jederzeit. Doch noch geht der Trend zumindest beim Diesel in die andere Richtung. „Seit einiger Zeit entwickeln sich die Preise für Diesel und Benzin wieder aufeinander zu“, sagt ADAC-Experte Albrecht.

Der Preisabstand beträgt nach den Daten im bundesweiten Durchschnitt 4,5 Cent. „Das ist auch einem aktuell wieder in Teilen funktionierenden Wettbewerb zu verdanken“, sagt Albrecht.

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Gründe für den Preisrückgang beim Diesel sind die abnehmende Nachfrage nach Heizöl von Privatkunden wie auch aus der Industrie. Beide Produkte sind in der Herstellung in den Raffinerien nahezu identisch.

In den vergangenen Monaten hatten Industrieunternehmen als Ersatz für die Energieerzeugung aus Gas auf Diesel umgestellt. Dieser Effekt fällt nun wegen der wieder niedrigeren Gaspreise weg. Allerdings weiß Anfang Februar niemand, ob der Winter noch einmal zurückkommt – dann könnten sich die Dieselpreise auch wieder erhöhen.

Ist die Zeit der Dieselpreise jenseits von zwei Euro je Liter vorbei?

Vieles spricht dafür, dass es derzeit kaum mehr Höchststände wie im vergangenen Jahr an den Tankstellen geben wird. „Schaut man sich die Basisdaten beim Preis für Rohöl und beim Kurs des Euro zum Dollar an, müsste Diesel so wie vor der Corona-Pandemie günstiger sein als Benzin“, sagt ADAC-Experte Albrecht.

Für einen Preisabstand spricht, dass der Staat beim Dieselverkauf je Liter etwa 20 Cent weniger Steuern kassiert. Derzeit liegt der bundesweite Durchschnittspreis bei 1,81 Euro je Liter Diesel. Eine Trendumkehr hin zu steigenden Preisen ist nicht in Sicht.

Was versucht die EU, um höhere Dieselpreise zu verhindern?

Es ist ein Balanceakt: Brüssel plant einen Preisdeckel für Ölprodukte, der Russlands Einnahmen schmälern, aber den globalen Handel mit Diesel, Benzin und Schmierstoffen am Laufen halten soll. Europäische Reedereien dürfen russische Raffinerie-Erzeugnisse ab Sonntag nicht länger an Drittstaaten liefern. Es sei denn, der Preis je Fass liegt unter einer bestimmten Schwelle. Wie hoch diese Schwelle sein soll, verhandeln die Botschafter der Mitgliedstaaten gerade noch.

Die EU-Kommission schlägt 100 Dollar für das Fass Diesel vor. Einige Länder fordern einen niedrigeren Wert, um Putin stärker unter Druck zu setzen, darunter Polen. Andere, zum Beispiel Deutschland, wollen die Grenze lieber nicht zu tief ansetzen, aus Sorge, es könnte sonst doch noch Engpässe geben.

Kann das Diesel-Embargo gegen Russland überhaupt funktionieren?

Wer in Brüssel mit europäischen Diplomaten spricht, hört immer wieder: Es wird kompliziert. Denn der Weg von verarbeiteten Produkten lässt sich deutlich schwieriger nachvollziehen als der von Rohöl. Wo genau Ölerzeugnisse herkommen, kann man nach ihren langen Reisen durch weltumspannende Netze aus Pipelines und Häfen oft nicht mehr feststellen.

Russland könnte zum Beispiel Diesel an Indien, Saudi-Arabien oder die Türkei liefern. Dort mischen Raffinerien dann weitere Komponenten bei – und verkaufen alles als Kraftstoff in die EU. Zudem fürchten Experten sogenannte „ship-to-ship transfers“. Dabei übergeben Tanker ihre Ware auf hoher See an andere Schiffe. So lässt sich der Ursprungsort der Fracht verschleiern. Es dürfte also unmöglich sein, russische Kraftstoffe vollständig aus Europa zu verbannen.

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Source: welt.de

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