Hugo Ball, aufgenommen 1926 Bild: Picture Alliance
Wer Hugo Ball, den Initiator des Dadaismus, zum Antisemiten abstempelt, wird ihm nicht gerecht. Sein Fall zeigt: Wir können unsere kulturelle Vergangenheit weder umerziehen noch durch Verwerfungsgesten abschütteln. Ein Gastbeitrag.
Nach dem Komponisten Richard Wagner (2013), dem Reformator und Kirchengründer Martin Luther (2017) und dem Maler Emil Nolde (2019) wird in diesem Jahr Hugo Ball, der Initiator des Dadaismus, Kritiker des preußisch-deutschen Militarismus und spätere Wiederentdecker frühchristlicher Mystik, des Antisemitismus bezichtigt. Die Filmemacherin und Essayistin Hito Steyerl, Professorin an der Berliner Universität der Künste, die von der Stadt Pirmasens, Balls Geburtsort, mit dem Hugo-Ball-Preis geehrt wurde, gab diesen zurück, nachdem sie in Balls Schriften auf Äußerungen gestoßen war, die sie als antisemitisch empfand.
Die Stadt Pirmasens setzte danach die Verleihung des Preises aus, vereinbarte mit Hito Steyrl eine öffentliche Erörterung des Themas und dankte ihr dafür, diese „wichtige Debatte zum Thema Antisemitismus angestoßen“ zu haben. Am 23. Januar fand in der Festhalle in Pirmasens eine Podiumsdiskussion statt – aber wie es weitergeht: ob jemals wieder ein Hugo-Ball-Preis vergeben wird, ob das Hugo-Ball-Gymnasium seinen Namen behalten und das Ball-Kabinett seine Ausstellung zeigen darf, steht in den Sternen.
Source: faz.net